Nachrichten von der Anuga

Ernährung

Lebensmittelmesse am Rhein wieder präsent

Die Kölner Anuga hat sich in diesem Jahr doch wieder zu einer Präsenzmesse getraut. Damit zeigt der Lebensmittelhandel nicht nur seine Bedeutung in der Pandemie, sondern, wie es Bundesernährungsministerin Julia Klöckner in ihrer Eröffnungsrede am Samstag sagte, die Anuga „zeigt auch, wie gut es uns geht.“ Ein Land, in dem niemand an Nahrungsmangel leiden müsse, upgraden vor allem die Jüngeren sich als „politicised eaters“. Bio boomt, es gibt mehr Vegetarier und Veganer, „High Protein“ und „Superfood“ sind die neuen Stellschrauben, die Salz und Brot abgelöst haben. Bei allen individuellen Konsumentscheidungen und Zusatzinformationen bleibt bei Grundnahrungsmitteln der Trend, auf jeden Cent zu schauen, beklagte Klöckner. Das fordert am Ende die Landwirte heraus.

Wenn nur jeder so viel essen würde, wie es seinem körperlichen Bedarf entspräche, könnten viele etwas „für sich und das Klima“ tun. Für die richtige Ernährungsumgebung [1] verfolgt Klöckner einen ganzheitlichen Ansatz, der Entscheidungen für die ausgewogene Ernährung leichter mache. Sie machte gegen Ende ihrer Legislatur noch einmal deutlich, dass es auch Gründe gebe, „auf eine Zucker- oder Fettsteuer“ zu verzichten. Das allein sorge nicht für eine ausgewogene Ernährung [2].

Nachhaltigkeitstrends in der Ernährung

Traditionell hat die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) ihren Bericht zu den Nachhaltigkeitstrends vorgestellt. Bei den Produktangaben rücken zunehmend Angaben über faire Arbeitsbedingungen, Tierwohl sowie eine nachhaltige Rohstoffbeschaffung auf die Verpackung. Jeder vierte Verbraucher wünscht sich einen QR-Code in Verbindung mit den Informationen auf dem Produkt und die Zahl der Markteinführungen von Fleischersatzprodukten ist um 25 Prozent gegenüber 2017 gestiegen. Weltweit sind es sogar 72 Prozent. Wichtiger werden auch die Verpackung und das Bemühen der Hersteller, den Recyclinganteil daran zu erhöhen. Deutschland ist bei der Nutzung von faserbasierten Verpackungen weltweit deutlich führend. Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen entfalten ihre Wucht über die Verbraucher an den Handel und die Produzenten. „Green Claims“ heißt das Motto, das von zahlreichen Verbraucherorganisationen überprüft wird. Produkte „ohne Zusätze“ und „ohne Gentechnik“ sind schon Standardrepertoire im Regal.

Neu sind Lebensmittel, die aus dem Upcyceln entstehen. „Tresties“ sind kohlehydratarme Bällchen, die aus Nebenströmen der Saft- und Marmeladenherstellung geformt werden. „Knärzje“ braut Bier aus aussortiertem Brot.

„Ohne Gentechnik“

Auch wenn es nicht allen gefällt, hat das Logo „Ohne Gentechnik“ es innerhalb eines Jahrzehnts auf dreiviertel der Milchverpackungen geschafft. Zunehmend wird die Fütterung bei Rind, Schwein und Geflügel sukzessive umgestellt. Vom Kunden gewünscht, setzt der Handel den Standard, an den sich die Landwirte orientieren müssen. Bei der Supermarktkette Tegut gehören Tierwohl und „Ohne Gentechnik“ schon länger zusammen und werden auch deutlich gekennzeichnet. Fritz Konz ist dort Leiter für Qualität und Umwelt und erklärt: „Tegut gehört zu den Pionieren bei ‚Ohne Gentechnik-, Rind- und Schweinefleisch. Gentechnikfreie Fütterung und Tierwohl gehören dabei für uns von Anfang an ganz klar zusammen, genau wie für unsere Kundinnen und Kunden.“

Bio-Kaffee in Mehrwegflaschen

Der Einfallsreichtum ist grenzenlos. Die Siegburger Kaffee-Rösterei „Cofi Loco“ präsentiert auf der Kölner Messe frisch gerösteten Bio-Kaffee in umweltschonenden Mehrwegflaschen an. Die Röster aus dem Rheinland, zwischen Köln und Bonn auf der linken Rheinseite gelegen, veredeln Kaffee bereits seit 2015. Die Glasflasche bekommt einen „Aromadeckel“, über den bei der weiteren Reifung der Bohnen in der Flasche der Druck entweichen kann. Die Aromen passieren den perforierten Deckel nicht. Im Kühlschrank gelagert bewahren Kälte und Dunkelheit zusätzlich das Frischearoma.

Artenvielfalt

Im chinesischen Kunming startet zur gleichen Zeit die Weltbiodiversitätskonferenz (COP 15). Da präsentiert der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) in Köln die zahlreichen Initiativen der Handelsunternehmen, die vom Engagement bei der landwirtschaftlichen Erzeugung bis zur Sortimentsplanung und der Standortsuche reichen. „Dem Handel ist bewusst, dass nur funktionsfähige und biologisch vielfältige Ökosysteme die Möglichkeit zur dauerhaften Produktion von Lebensmitteln bieten. Biodiversität bildet damit die Grundlage für einen zukunftsorientierten Lebensmittelhandel“, erklärt Christian Mieles, BVLH-Geschäftsführer. Der Handel arbeitet immer öfter mit Umweltorganisationen zusammen.  Der Verband zeigt auf einer eigenen Fläche die Initiative „Biodiversity in Good Company“.

Anuga Organic

Nach einer Marktstudie von Global Industry Analysts Inc. (GIA) wird der internationale Markt für Bioprodukte, der im Jahr 2020 auf 198,1 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, bis 2027 voraussichtlich eine Größe von 495,9 Milliarden US-Dollar erreichen. Allein für das Segment Obst und Gemüse wird eine jährliche Wachstumsrate von 14,7 Prozent prognostiziert. Für die Segmente Fleisch, Fisch und Geflügel wird für den nächsten 7-Jahres-Zeitraum eine jährliche Wachstumsrate von 15,3 Prozent erwartet. In Köln locken 2.000 Anbieter von Bio-Produkten die Einkäufer auf der Anuga Organic an ihre Stände. Die Sonderschau ist seit 2003 fester Bestandteil der Anuga.

Datenbank „Fischbestände online“

In Köln haben die beiden Verbände Handelsverband Lebensmittel (BVLH) und Bundesverband Fischindustrie und Fischgroßhandel (BVFisch) sich auf eine Fortführung der Wildfisch-Datenbank „Fischbestände online“ bis zum Jahr 2025  verständigt. Die wissenschaftliche Verantwortung obliegt dem Johann Heinrich von Thünen-Institut. „Vor dem Hintergrund das wilde Meeres-Fischbestände durch Faktoren wie Befischung und Klimaveränderungen immer wieder in ihrer Bestandsgröße schwanken können, benötigen wir weiter die Datenbank, als wissenschaftlich neutrale Quelle zur Einschätzung der Bestandssituation", erklärt BVLH-Geschäftsführer Christian Mieles. Die Datenbank wird von Handel und Industrie finanziert [3]. Dort sind derzeit 180 für den deutschen Markt relevante Bestände von weltweit 30 Fisch- und anderen Meerestierarten aufgezeichnet. Die Datenbank gibt es seit 2009.

Lesestoff:

[1] Essen zwischen gestern und morgen: https://herd-und-hof.de/ernaehrung-/wir-brauchen-eine-gute-ernaehrungsumgebung.html

[2] Luxusgut Obst und Gemüse? https://herd-und-hof.de/ernaehrung-/werden-obst-und-gemuese-zum-luxusgut.html

[3] www.fischbestaende-online.de

Roland Krieg

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