Nahrung statt Schule

Ernährung

Über 40 Mio. mehr Unterernährte 2008

Im Schatten der Finanzkrise hat die Weltbank am Sonntag im Bericht „Rising Food and Fuel Prices: Addressing the Risks to Future Generations“ die neuesten Schätzungen veröffentlicht, wie sich die Zahl der Unterernährten entwickelt. Im Sog der Preissteigerungen auf dem Nahrungs- und Energiesektor werden für 2008 zusätzlich 44 Millionen Menschen in die Unterernährung gezogen. Die Millenniumsentwicklungsziele sehen eine Halbierung der Zahl der Hungernden bis 2015 vor. Das sollten dann noch rund 400 Millionen Menschen sein. Doch rechnen FAO und Weltbank mit einem Anstieg bis zum Jahresende auf 967 Millionen. Die Hungersituation ist daher schlimmer als die aktuelle Finanzkrise sagte Ingeborg Schäuble, Vorsitzende der Welthungerhilfe, bereits vor dem Welternährungstag am 16. Oktober.

Lebensmittelpreise sinken nicht
Für die Industrieländer haben sich die Preise für Nahrung und Energie in den letzten Wochen entspannt. Der Ölpreis fiel auf fast 80 US-Dollar, während er im Juli noch bei 147 US-Dollar lag. Doch während die Autos in Deutschland wieder vollgetankt werden und in der Finanzkrise riskante Renditeabenteuer im Vordergrund stehen, hat sich die Situation für die Armen der Welt nicht gebessert.
Die Getreidepreise sind weltweit zwar gefallen. Thailändischer Reis fiel von 1.100 US-Dollar je Tonne im Mai diesen Jahres auf 730 US-Dollar im September. Aber das ist immer noch doppelt so hoch wie 2007. Die Prognose sieht bis 2015 dauerhaft höhere Preise als im Jahr 2004 voraus.
Als Begründung führt die Weltbank die Reduzierung der Getreidereserven angesichts der steigenden Preise von 2007 in den Ländern an. Die Läger sind leer und können den Markt nicht mehr stabilisieren. Selbst die Länder, die noch Getreidereserven hätten, behielten sie. Gleichzeitig haben verschiedene Exportländer ihre Verkäufe eingestellt oder mit hohen Zöllen belastet. Weltbank-Ökonom Justin Yifu Lin mahnte in der vergangenen Woche, wieder das Vertrauens in die Weltgetreidemärkte zurückzugewinnen. Das könne beispielsweise gelingen, wenn unter der Führung der Vereinten Nationen jedes Land eine repräsentative Getreidemenge als Vorrat anlegt. Damit könne der Inlandspreis stabilisiert werden.

Auswirkungen der hohen Lebensmittelpreise
Die Auswirkungen der hohen Lebensmittelpreise sind drastisch, wie die folgende Tabelle aus dem Weltbankbericht zeigt. Es wird weniger gegessen und die Kinder bleiben zu Hause, um das Haushaltsbudget nicht zusätzlich zu belasten.

Stufen der Gesundheits- und Ernährungsfolgen
steigender Ernährungsunsicherheit

Veränderungen (absteigend) bei steigender Nahrungsunsicherheit

Lebensumfeld

Nahrungsbezogen

Gesundheitsfolgen

Änderungen im Lebensumfeld

Wechsel zu preiswerteren Essen von geringerer Qualität



Verringerung der Aufnahme von Mikronährstoffen und verringerte Immunität

Reduzierung nicht essentieller Ausgaben und Verkauf unproduktiver Güter

Verringerung der Nahrungsvielfalt und Bevorzugung einzelner Familienmitglieder

Kinder aus der Schule nehmen und urbane Zusatzarbeit

Zahl und Menge der Mahlzeiten werden gekürzt



Klinische Symptome des Mikronährstoffmangels wie Nachtblindheit, Anämie und höhere Sterblichkeit

Zunahme Kinderarbeit und Kreditaufnahme

Aufnahme gesammelter Früchte und gejagter Tiere, unreife Früchte und einzelne Familienmitglieder essen bei Nachbarn

Verkauf produktiver Güter

Um Essen Betteln


Vermehrtes Untergewicht

Verkauf der letzten Güter

Einzelne Tage ohne Nahrung auskommen

Reduzierung Ausgaben für Werkzeuge und Wasser

Verzehr unüblicher Nahrung: Insekten und Wildpflanzen




Höhere Kindersterblichkeit

Aufnahme illegaler und gefährlicher Arbeit

Q: „Rising Food and Fuel Prices: Addressing the Risks to Future Generations“ ; Weltbank 12.10.2008

Wirtschaftskrisen lassen sich an erhöhten Kindersterblichkeitsraten festmachen. Die ökonomische Krise in Peru zwischen 1988 und 1992 hat zusätzlich 17.000 Kindern das Leben gekostet. Die Finanzkrise in Indonesien von 1997/98 hat die Kindersterblichkeitsrate um drei Prozentpunkte nach oben gezogen und die Finanzkrise in Kamerun aus dem Jahr 1998 hat die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren von 126 auf 152 von jeweils 1.000 Kindern erhöht.

Lesestoff:
www.worldbank.org

roRo

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