Nahrungsmittelallergene
Ernährung
Fresenius-Konferenz „Food Allergens“
Der wirksamste Schutz gegen das Auftreten allergischer Reaktionen ist der Verzicht auf allergieauslösende Lebensmittel. Diese können von Konsumenten jedoch nur über eine klare Kennzeichnung auf den jeweiligen Produktverpackungen identifiziert werden. Wie eine solche Deklaration aussehen müsste, damit sie optimale Wirkung entfaltet und welche unterschiedlichen Ansätze zur rechtlichen Regelung des Problems weltweit zur Anwendung kommen, wurde auf der fünften Internationalen Fresenius-Konferenz „Food Allergens“ vom 29. bis 30 Oktober 2012 in Mainz deutlich.
Vorreiter Japan
Ein Land, das schon früh den Weg des Labelings von potenziell allergieauslösenden Lebensmitteln gegangen ist, ist Japan. Bereits im Jahr 2001 habe sich das Land als erstes weltweit dazu entschlossen, verpackte Produkte mit allergenen Zutaten, bei denen das Auftreten von Allergien besonders häufig beobachtet wird, von der Industrie verpflichtend kennzeichnen zu lassen, so Reiko Teshima (National Institute of Health Sciences, Japan). Unter die obligatorische Kennzeichnungspflicht fielen derzeit Eier, Milch, Weizen, Buchweizen, Erdnüsse, Shrimps und Krabben. Daneben empfehle das Gesetz auch für 18 weitere allergene Zutaten die Kennzeichnung auf Produktverpackungen. Die Einhaltung der Vorschriften werde in Japan über ein eigenes Überwachungssystems kontrolliert, bei dem sowohl die Labels als auch die Aufzeichnungen der Produzenten hinsichtlich allergieauslösender Bestandteile in ihren Produkten mithilfe von ELISA-Analysen und ggf. zusätzlicher Tests zur Absicherung der Ergebnisse überprüft würden. Unzureichendes Labeling trete insbesondere dann auf, wenn Produzenten die Inhaltsstoffe ihrer Produkte ungenügend überprüfen würden oder sich Fehler während des Produktionsprozesses einschlichen. Werde ein Fall mangelhaften Labelings, bei dem auf einer Produktverpackung potenzielle Allergieauslöser nicht verzeichnet sind, durch Inspektionen oder Hinweise aus der Bevölkerung bekannt, so müssten Produzenten bzw. Händler das entsprechende Produkt zurückrufen. Der Fall werde dann der Kommunalverwaltung und der „Consumer Affairs Agency“ - seit 2009 für die Einhaltung der Labeling-Vorschriften in Japan zuständig - gemeldet und unmittelbar ein Warnhinweis im Internet veröffentlicht, erklärte Teshima das Vorgehen.
Warnhinweise müssen effektiv sein
Samuel Godefroy (Health Canada, Kanada) sprach sich in seinem Vortrag für aussagekräftige und effektive Warnhinweise auf Produktverpackungen aus. Aktuelle Studien hätten gezeigt, dass viele Warnhinweise für die Konsumenten wenig verständlich seien, was dazu führe, dass Allergiker das tatsächliche Risiko einzelner Produkte häufig falsch einschätzen würden und diese trotz Warnhinweisen konsumierten, erläuterte Godefroy die Problematik. Bei einer kanadischen Studie aus dem Jahr 2008 habe sich herausgestellt, dass mehr als 90 Prozent der Allergiker am ehesten durch den Hinweis "Nicht geeignet für Menschen mit einer Allergie gegen“ von dem Kauf eines allergieauslösender Produkts abgehalten würden. Immerhin 87 Prozent sagten, der Hinweis „Kann beinhalten“ würde sie abschrecken. Als am wenigsten effektiv habe sich dagegen der Hinweis „Kann Spuren von enthalten“ herausgestellt, den nur 72 Prozent als Argument gegen einen Kauf betrachtet hätten. Godefroy berichtete, Health Canada habe sich im März diesen Jahres dazu entschlossen, in seinem Leitfaden für Produzenten und Importeure den Gebrauch nur eines, einheitlichen Warnhinweises für alle Arten von potenziell allergieauslösenden Lebensmitteln zu empfehlen. Die Wahl sei auf den Hinweis „Kann enthalten“ gefallen, da er leicht verständlich sei und damit das Risiko minimiere, dass Allergiker zu den für Sie gefährlichen Produkten griffen. Gleichzeitig würde über die Verwendung dieses Hinweises die Lebensmittelauswahl für Allergiker maximiert, unterstrich Godefroy.
Grenzwerte: eine Lösung für (fast) alle
René Crevel (Unilever, UK) kritisierte die zunehmende Ausbreitung von Warnhinweisen. In einigen Produktkategorien sei bereits die Mehrheit der Erzeugnisse mit einem solchen versehen, was bei den Verbrauchern vor allen Dingen zu Frustration, Irritation und einem Vertrauensverlust in Warnhinweise im Allgemeinen führe, was gefährliche Konsequenzen habe. Warnhinweise könnten nur dann effektiv sein, wenn sie aussagekräftig seien sowie sparsam und besonnen eingesetzt würden. Generell müsse man sich mehr am tatsächlichen Risiko und weniger an der möglichen Gefahr orientieren. Referenz- bzw. Grenzwerte für einzelne Inhaltsstoffe seien am ehesten dazu geeignet, da sie zwischen 95-99 Prozent aller Allergiker vor allergischen Reaktionen schützen könnten, transparent seien und einen konsistenten Standard für Warnhinweise auf Verpackungen setzen könnten. Auch Chun-Han Chan (Food Standards Agency, UK) machte sich für diesen risikobasierten Ansatz stark. Die Anwendung von „action levels“ (Werte, bis zu denen eine signifikante Reaktion bei Allergikern als unwahrscheinlich gelten kann) sei ein risikobasierter Ansatz, mit dem man Schutz für weite Teile der Bevölkerung erreichen könne. Weniger praktikabel sei es dagegen zu versuchen, das Labeling so zu gestalten, dass jedes Individuum, zu jeder Zeit und vor allen nur erdenklichen Reaktionen geschützt werde. Der Ansatz müsse einfach und in sich schlüssig sein, um dafür zu sorgen, dass es weniger Verwirrung unter den Verbrauchern gäbe, betonte Chan. Ebenso sei der Industrie gedient, führte Jürgen Schlösser (Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG) an. Das Setzen klarer Grenzwerte würde den Produzenten eindeutige Leitlinien und damit ihnen und den Konsumenten mehr Sicherheit geben. Derzeit stehe die Industrie bei der Kennzeichnung allergieauslösender Stoffe immer noch vor großen Problemen, so Schlösser. Erschwerend komme hinzu, dass die Analytik noch keine ausgereiften Methoden zur Verfügung stellen könne. Aus diesem Grund würden Grenzwerte für jedes Allergen, die auch sicher zu detektieren seien, so schnell wie möglich gebraucht.
Lesestoff:
Die kompletten Tagungsunterlagen erhalten Sie bei www.akademie-fresenius.de
Fresenius / roRo