Nano-Welt mit großen Fragen

Ernährung

Nanotechnologie in Lebensmitteln

Anfang der Woche tagte die Max Rubner Conference in Karlsruhe zum Thema „Nanotechnologie in Lebensmitteln“. Das wichtigste Ergebnis: Der internationale Expertenkreis hat viele Fragen definiert, was Nano eigentlich ist.

Nano: Mehr chic als Wissenschaft?
Wenn auf konventionelle Art eine nur 50 Nanometer starke Aluminium-Beschichtung auf Lebensmittelverpackungen aufgebracht wird, wie von Prof. Horst-Christian Langowski vom Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackungen (IVV) vorgestellt, kann darüber diskutiert werden, ob diese Schicht mit großer Flächenausdehnung dennoch „Nano“ ist. Da die Definition von „Nano“ allein über die Größe (1-100 Nanometer) offensichtlich nicht ausreichend ist, werden häufig Ergänzungen wie „bewusst hergestellt“ („engineered nanoparticle“) und „mit neuer Funktionalität“ von den Wissenschaftlern verwendet. Doch was bedeutet „bewusst“ hergestellt? Eine Frage, die auch in der an die Konferenz anschließenden Podiumsdiskussion ohne endgültiges Ergebnis diskutiert wurde. Der Bedarf einer einheitlichen, allgemein anerkannten Definition war dagegen unumstritten.

Nano-Werbung?
Nano ist chic und die Wissenschaft spielt gerne mit der Welt der „Zwerge“: Pflanzen brauchen auch dort Zucker, wo sie über die Photosynthese keinen bilden können. Der Zucker wird über Leitungsbahnen in Wurzel und Früchte transportiert. Damit der Zucker in die Leitbahnen kommt, pumpt ein Moleküle bis zu 500 Saccharose-Moleküle je Sekunde in die Leitbahn. Eine Höchstleistung, die aktuell in einem wissenschaftlichen Magazin veröffentlicht wurde. Der Wissenschaftler bezeichnet das Transportmolekül als „Nano-Maschine“.

Natürlich und synthetisch
Nanopartikel können ebenso natürlichen wie auch synthetischen Ursprungs sein, sie umfassen Substanzen, die natürlicherweise im menschlichen Stoffwechsel vorkommen – oder auch nicht. Laetitia Pele vom MRC Human Nutrition Research-Institut in Cambridge stellte als Beispiel für Nanopartikel natürlichen Ursprungs das Ferritin, ein Protein, das im Körper als Eisenspeicher fungiert, vor und das Titandioxid als vom Menschen hergestellte Nanopartikel, die unter anderem dafür verwendet werden können, Lebensmittel aufzuhellen. Dabei können die bewusst hergestellten Nanopartikel wiederum in verschiedenen Formen zugeführt werden. Es besteht etwa die Möglichkeit, Nanopartikel des Vitamins A, von einem ebenfalls nur Nanometer-großen, Container umschlossen in Reiskörner einzuschleusen, wie Prof. Windhab ausführte. Selbstverständlich verhält sich ein solcher Nano-Container bezogen auf seine physikalischen Eigenschaften und seine physiologischen Wirkungen anders als wenn der Inhaltsstoff ungeschützt in den Stoffwechsel eintritt.

Braucht die Welt Nanosilber?
In der Apotheken-Umschau kritisiert Dr. Heribert Wefers vom BUND die Verwendung von Nanosilber in Kosmetika und Reinigungsmittel. Die Verbraucher würden als Versuchskaninchen genutzt. Die keimtötende Wirkung sei unzweifelhaft, aber in Alltagsprodukten habe die Substanz nichts verloren. „Es ist bekannt, dass
Nanosilber für Fische und andere Wasserorganismen hochgiftig ist“, sagt Wefers. Solange nichts über die Risiken bekannt sei, sollen Verbraucher auf Nano-Produkte verzichten.

Nicht in europäischen Lebensmitteln
Überraschend auch für viele Teilnehmer der Konferenz war die von mehreren Referenten, unter anderem von Dr. Anne Theobald von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), vorgetragene Aussage, dass in Deutschland und Europa derzeit keine Lebensmittel mit beigefügten Nanopartikeln auf dem Markt seien. Etwas anders sieht es allerdings im außereuropäischen Ausland, etwa Asien und Amerika und auf dem Gebiet der Verpackungen aus. Insgesamt scheinen die immensen Kosten für Produktentwicklung, Technologie sowie Sicherheitsuntersuchungen die Anwendung von Nanomaterialien zu begrenzen.

Lesestoff:
Das Bundesinstitut für Risikobewertung kam im Sommer 2010 zu dem Ergebnis, dass Nanosilber keinen Zusatznutzen erzielt.

MRI / VLE

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