Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität

Ernährung

NCWS, Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit?

Es ist eine geheimnisvolle Krankheit, die die Wissenschaft lange vor ein Rätsel stellte. Die genaue Bezeichnung lautet „Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität“ (NCWS) und sie beschreibt eine bislang kaum bekannte Weizenunverträglichkeit. Ursache ist eine angeborene Immunabwehr, die durch Weizenproteine ausgelöst wird.

„Die NCWS ist nicht zu verwechseln mit einer Zöliakie – einer Glutenunverträglichkeit – oder einer Weizenallergie“, erklärt Projektkoordinator Univ.-Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, Gastroenterologe, Biochemiker und Leiter des Instituts für Translationale Immunologie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. „Insbesondere die Zöliakie ist meist eindeutig nachweisbar.“

„Das Problem der NCWS war lange, dass man nicht wusste durch was sie ausgelöst wird, bis wir in meinem Labor an der Harvard Medical School die alpha-Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) als Aktivatoren der angeborenen Immunität im Darm identifiziert haben“, so der Experte. „Seit Kurzem steht damit diese Familie von Proteinen unter Verdacht, diese Art der Unverträglichkeit auszulösen“, bestätigt Dr. Friedrich Longin, der wissenschaftliche Leiter des Arbeitsgebietes Weizen an der Universität Hohenheim und Mit-Initiator des von der DFG geförderten Kooperationsprojekts „Weizensensitivität: Einfluss von Weizensorten und Anbaubedingungen auf die angeborene Immunität“.

Die ATIs sind natürliche Proteine, die im Weizen vorkommen. Wie viele Proteine genau zu dieser Familie gehören, und wie sehr der Gehalt und die Zusammensetzung von der Sorte und den Umweltbedingungen im Anbau abhängt, ist aber noch unzureichend bekannt und nach bisherigen Erkenntnissen unter anderem von der jeweiligen Sorte abhängig.


Auch alte Sorten wie Emmer werden auf ihre
Verträglichkeit hin untersucht; Foto: Oscar Eyb

„Bei einer Gruppe von Menschen scheinen die ATIs aus glutenhaltigen Getreiden wie Weizen ab einer bestimmten Menge entzündliche Reaktionen im Körper zu aktivieren bzw. zu verstärken. Das kann bei den Betroffenen Bauchschmerzen, insbesondere aber auch Benommenheit, Müdigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Hautveränderungen, depressive Stimmung und insgesamt eine Verschlechterung einer chronischen Erkrankung verursachen“, sagt Professor Schuppan.

In hoher Menge aufgenommen aktivieren die Weizen-ATIs den Teil des Immunsystems, der sonst für das Erkennen von Krankheitserregern verantwortlich ist. Dieser setzt daraufhin unter anderem entzündliche Proteine frei und verursacht die Beschwerden der Betroffenen.

Forschungsziele sind, wie ATIs in verschiedenen Weizensorten zustande kommen, wie viele Proteine überhaupt zur ATI-Familie gehören und ob der ATI-Gehalt mit den Backeigenschaften zusammenhängt.

Mittelfristig sollen die Erkenntnisse helfen neue Weizensorten zu züchten, die auch für empfindliche Bevölkerungsgruppen gut verträglich sind. „Dabei muss uns der Spagat gelingen, Weizensorten zu züchten, die einen geringen ATI-Gehalt und trotzdem gute Backfähigkeit besitzen“, formuliert PD Dr. Longin.

C. Schmid / Töpfer (Uni Hohenheim) ; roRo; Foto: Oscar Eyb (Uni Hohenheim)

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