Non-Stop-Gärung ist Energieeffizient
Ernährung
TU München forscht über nachhaltiges Brauen
Wie lässt sich beim Brauen Energie sparen? Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben dafür ein neues Verfahren entwickelt. Dabei findet der Gärprozess schrittweise in mehreren Behältern statt, die miteinander verbunden sind. Da die Anlage kontinuierlich und über mehrere Monate betrieben werden kann, verringert sich der Energieverbrauch. Zudem lassen sich die eingesetzten Ressourcen effizienter nutzen.
Zeit kostet Ressourcen
Die zeitintensivsten Schritte beim Brauen sind die
Gärung und Lagerung. Hier bildet das Bier auch seine charakteristischen Aromen
aus. „Geschmack und Qualität des Bieres hängen maßgeblich von der Art der
eingesetzten Hefen und dem angewendeten Gärverfahren ab“, erklärt Konrad
Müller-Auffermann vom Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und
Lebensmittelqualität.
Für die Gärung verwenden Brauereien üblicherweise
große, zylinderförmige Edelstahlbehälter. Diese sind mit nur einem Zu- und
Ablauf am Boden ausgestattet, über den das Bier und die Hefe ein- bzw.
ausgeleitet werden. Nach der Gärung und Lagerung lassen die Brauereien das
entstandene Kohlendioxid aus den Tanks ab und reinigen sie aufwändig über
mehrere Stunden – erst dann können sie die nächste Charge einfüllen.
Während der Füll-, Leerungs- und Reinigungsvorgänge
lassen sich die Tanks nicht für die Produktion nutzen. Um diese Lücke zu
schließen, hat ein TUM-Wissenschaftler ein Verfahren entwickelt, bei dem die
Gärung kontinuierlich in mehreren, miteinander verbundenen Tanks stattfindet.
„Dafür installieren wir in die üblichen Behälter eine zusätzliche Anlage mit
einem Leitrohr“, sagt Müller-Auffermann. „Die Tanks werden dann in Reihe zu
einer Reaktionskaskade geschaltet“.
Vorteile durch Dauerbetrieb
Das neue Verfahren erlaubt es, die wertvolle Hefe und
andere Bestandteile, die sich auf dem Tankboden absetzen, im laufenden Betrieb
abzuleiten und bei Bedarf wiederzuverwenden. Müller-Auffermann: „Mit dem Einbau
eines nach unten offenen Leitrohres entstehen zwei Reaktionsbereiche im Tank.
Anders als beim klassischen Verfahren lassen sich die Behälter nun von oben
befüllen und entleeren. Den unteren Ablauf können die Brauer nutzen, um die
Hefezellen und Partikel zu entfernen.“
Mit dem Dauerbetrieb steigt die Effizienz der Anlage:
„Bei kontinuierlichen Prozessen werden Energiespitzen reduziert. So können die Brauereien
beispielsweise Strom sparen. Außerdem gehen weniger Produkte, also auch Bier,
verloren – und die Brauereien brauchen weniger Wasser und Reinigungsmittel“,
sagt Müller-Auffermann.
Derzeit wird die von der TUM zum Patent angemeldete
Anlage erfolgreich im Kleinmaßstab am Forschungszentrum Weihenstephan
betrieben. In der Brauindustrie gibt es jedoch bereits Bestrebungen, das
effiziente und ökologische Konzept in naher Zukunft auch großtechnisch
umzusetzen.
Neue Lösung erfüllt lang gehegten Wunsch
An der Idee, die Gärung als kontinuierlichen Prozess
durchzuführen, tüftelt das Brauwesen bereits seit mehr als 100 Jahren.
Allerdings hat sich im Praxisbetrieb bisher kein Konzept durchgesetzt. Die
Gründe dafür nennt Dr. Friedrich Jacob, Leiter des Forschungszentrums
Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität: „Bier ist ein komplexes
Produkt, da es aus hunderten verschiedener Komponenten besteht. Bereits
kleinste Veränderungen können dazu führen, dass von einem Inhaltsstoff zu viel
oder zu wenig gebildet wird – und das Bier nicht mehr schmeckt.“
„Bei der Entwicklung haben wir Wert darauf gelegt, dass
Anlage und Verfahren einfach einzurichten sind“, ergänzt Müller-Auffermann. „Da
die Hefe eine wichtige Rolle für die Qualität des Bieres spielt, behandeln wir
den sensiblen Organismus praktisch genauso wie beim herkömmlichen Verfahren.
Das ist der Schlüssel zu einem konstant guten Produkt.“
Barbara Wankerl (TUM), Fotos: K. Auffermann-Müller (TUM)