Oecher Puttes

Ernährung

Puttes än Schwellmann

Frittezang ist nicht nur die Pommes-Gabel, sondern bezeichnet auch die Bushaltestelle am Elisenbrunnen. Nicht nur die Berliner geben ihrem Stadtmobiliar seltsame Namen. Die viel weiter westlich lebenden Aachener, Oecher genannt, haben den von Stararchitekt Peter Eisenmann entworfenen Unterstand für die Bushaltestelle am Elisenbrunnen wegen seiner zwei nach unten gebogenen Metallspitzen so getauft.

Mit der echten „Frittezang“ schlemmen sie auch Oecher Puttes mit Schwellmann. Letzteres sind Pellkartoffeln – ersteres die Aachener Blutwurst, die jetzt von der EU mit der Abkürzung g.U. (geschützte Ursprungsbezeichnung“) geadelt wurde. Talkessel und Stadtmauer haben die Stadt schon immer deutlich vom Umland getrennt. Vor mehr als 200 Jahren industrialisierte sich die südliche Region Aachens, während der Nordosten wegen der guten Bodenqualitäten überwiegend agrarisch geprägt blieb.

Die Arbeiter brauchten für ihre schwere Tätigkeit Lebensmittel mit hohem Eiweiß- und Kaloriengehalt. Schlachttiere, hier Schweine, wurden komplett genutzt, was zur Produktion einer Blutwurst führte – eben der Oecher Puttes. Handwerksbetriebe führten die Tradition favorisierter Rezepte über Generationen fort.Auch wenn die Arbeit heute weniger kalorienzehrend ist.

Herstellung

Fleischliche Grundlage sind Schweinemaske, Schweinespeck, Schweinefleisch, Schwarten, Blut, Nitritpökelsalz, geschmorte Zwiebeln und eine Gewürzmischung, die insbesondere Pfeffer, Thymian, Nelken und Muskat erhalten muss. Obligat ist Majoran. Einige Varianten sind geräuchert. Das Fleisch wird vorgegart, das Blut mit den anderen Zutaten auf 45 Grad erwärmt. Dadurch verschwindet der Eisengeschmack des Blutes und erhöht die Bindekraft der Wurstmasse. Nach dem ersten Kuttern kommen Zwiebeln, Salz und der Rest Gewürze hinzu, was erneut, diesmal fein, gekuttert wird. Der Würfelspeck kommt gegart und von Hand eingemischt als Letztes hinzu. Dann geht die Masse in Naturdärme und auch in Konserven aus Glas und Weißblech in den Verkaufsbereich.

Alle Schritte der Herstellung müssen im abgegrenzten Stadtgebiet Aachen stattfinden. Etwaiges Auftrennen der Ware, wie das Herausnehmen der Wurst aus der Konserve und das Verpacken in Vakuum-Folienverpackungen kann auch außerhalb Aachens durchgeführt werden.

Oecher Puttes

Das Besondere an dieser Blutwurst ist die Beigabe des Specks, der unerwünschte Oxidation unterbindet und damit der Ranzigkeit vorbeugt. Dafür muss der Speck absolut frisch sein. Er prägt auch das Schnittbild der Oecher Puttes. Die vorsichtige Garung macht die Speckwürfel glasig. Sie werden durch das Blut in der Wurst nicht gefärbt und sind im Aufschnitt deutlich zu sehen.

Neben Pellkartoffeln wird Puttes auch gerne mit Äpfel und Kartoffeln gemeinsam als (Hömmel än Ead) Himmel und Erde gegessen. Die Kartoffel stammt aus der Erde, der Apfel wächst im Himmel. Es geht auch mit Kartoffelpüree und Sauerkraut. Oecher Puttes wird während des Karnevals als Wegproviant und Wurfmaterial genutzt und fand in der Mundartdichtung von Ferdinand Jansen (1758 bis 1834) ein literarisches Denkmal:

„Ich wehs, et is der beiste Keuh [Speise] för Erm und Rich,

Nuis (Nichts) kömmt, dat sag ich ohne Scheu,

Gebrohne Puttes glich.“

Puttes-Orden und Stadt-Fleischer

Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth wurde von den Aachenern Stadt-Fleischern 1988 mit dem „Puttes-Orden“ ausgezeichnet. Dieser wurde vom Obermeister Rudolf Kunze ausgelobt. Nach seinem Tod hat Innungskollege Jörg Walldorf die Tradition im Jahr 2005 für Aachener Persönlichkeiten wiederbelebt. Die Aachener Stadt-Fleischer bieten die Oecher Puttes ganzjährig an.

Lesestoff:

www.aachener-fleischer.de

Roland Krieg; Foto: Aachener Stadt-Fleischer

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