"Optional obligatorisch"
Ernährung
Farbige Kennzeichnung mit vielen Fragen
Heute Mittag ordnete Bundesverbraucherminister Horst Seehofer die deutschen Nährwertkennzeichnungsvorschläge ein. Eine verbindliche deutsche Regelung wird es nicht geben. Angesichts der europäischen Planung für EU-weite Regelungen, „gibt es diese Möglichkeit nicht“. Was die deutsche Regelung, die auf freiwillige Angaben der Lebensmittelwirtschaft beruht, leisten kann, ist eine Vorgabe, an die sich die Firmen halten müssen, wenn sie diese anwenden wollen. Dann sind die Kennzeichnungsregeln „optional obligatorisch“, wie Seehofer heute Mittag betonte.
Bis die EU einheitliche regeln aufgestellt hat, will Seehofer die „1+4“ Kennzeichnung auf den Produkten sehen. In den nächsten zwei bis drei Jahren sollen drei Viertel der Produkte gekennzeichnet sein. Die Basis bleibt die Eckpunkteregelung. Das Ministerium kann das jüngste Verbrauchervotum allerdings „nicht in die Schublade legen“, wie er sagte. Die farbliche Unterlegung sei jedoch nicht mit der Ampellösung zu vergleichen, ist weder eine „kleine“ noch eine „halbe“ Ampel, betonte Seehofer. „Reine Farbtupfer sind eine Irreführung für den Verbraucher“, sagte Seehofer. Er werde jetzt die Gespräche mit der Lebensmittelwirtschaft aufnehmen.
Da bleibt noch viel zu tun. Auch europaweit sind die Signalwerte, ab wann ein Nährwert grün, gelb oder rot unterlegt wird noch in Diskussion. Derzeit gibt es die folgenden Richtwerte, die nach Angaben Seehofers nah den europäischen Vorstellungen der Tageszufuhren liegen:
Brennwert: 8400 kJ (2000 kcal)
Zucker: 90 g
Fett 70 g
Gesättigte Fettsäuren: 20 g
Kochsalz: 6 g
Offen ist auch noch, welche Lebensmittel überhaupt in die Auswahl für eine Kennzeichnung kommen sollen. Seehofer wollte sich nicht in Karten schauen lassen, um der öffentlichen Diskussion vorzubeugen.
Das die Angaben sich nicht auf einen Grundwert wie 100 g oder 100 ml beziehen, erklärte Bernhard Kühnle aus dem BMELV. Der Streit um die richtige Portionsgröße reduziere sich nur auf wenige Lebensmittel. Auch die Grundangaben führten nicht zur Erleichterung für den Verbraucher, denn deren Portionsgrößen sind individuell zusammengestellt.
Seehofer versprach, so viel wie möglich von dem deutschen Modell in die Diskussion für Europa einzubringen.
Fazit: Die farbliche Unterlegung wird alleine keine verlässliche Größe sein, sich gesund zu Ernährung. Die Verbraucher dürfen ihre Eigenverantwortung, sich gesund zu ernähren, nicht an farbige Unterstreichungen abgeben. Das entspricht dem Leitbild des mündigen Verbrauchers. Seehofer ordnete den Medien die „stärkste Sanktionsgrößte“ für die Richtigkeit der Angaben an. Man darf gespannt sein, denn: Nahrungsergänzungsmittel können beispielsweise so zusammen gesetzt werden, dass sie grünes Licht signalisiere: Die aktuelle Ausgabe der Stiftung Warentest zeigt: Sie sind trotzdem teuer und wenig sinnvoll. Das steht auf den Etiketten sowieso nicht drauf.
Roland Krieg