Problemkind Betriebshygiene

Ernährung

Lebensmittelmonitoring 2010

Am Mittwoch hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung vorgestellt. Demnach ist das Hygienemanagement der Betriebe die Hauptursache für Beanstandungen – bleibt jedoch insgesamt auf niedrigem Niveau.
Im Jahr 2010 haben die Lebensmittelkontrolleure risikoorientiert 921.000 Inspektionen in 538.000 Betrieben durchgeführt und 408.000 Proben untersucht. Bei 26 Prozent wurden Verstöße festgestellt und Maßnahmen eingeleitet. Die Inspektoren und Proben werden risikoorientiert gezogen. Damit ist die Basis 100 Prozent nicht die Gesamtheit aller Betrieb, sondern die Basis der Betriebe, die besonders verderbliche Ware bearbeiten oder sowieso schon einmal aufgefallen sind.

Mangelnde Betriebshygiene

Die Überwachungsbehörden sprachen bei der allgemeinen Betriebshygiene und bei den Hygienemanagementplänen der Betriebe die meisten Mängel aus. Nach Bernhard Remde, stellvertretender Vorsitzender der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz gehören die beiden Parameter zusammen und liegen in der Verantwortung der Unternehmen selbst.
Beides sind aber auch Kernkompetenzen des Handwerks und gehören zur Ausbildung zur Guten Fachlichen Praxis dazu. Auf die Frage, ob der Rückgang des gelernten Handwerks im Lebensmittelsektor den schlechten Hygienezustand mit verursacht, erklärt Dr. Helmut Tschiersky-Schöneburg, Präsident des BVL, dass es keine Auswertung darüber gibt, ob die Mängel eher in den handwerklichen oder in den industriellen Betrieben entstehen. Die großen Firmen haben ein ausgeprägtes Hygienemanagement, weswegen sie im Rahmen der risikoorientierten Kontrolle weniger überprüft werden müssen. Problematisch seien eher die vielen kleinen Imbisse, für deren Betrieb ein einfaches Gesundheitszeugnis ausreicht. Die Hygieneregeln sind mittlerweile so „komplex und diffizil“, dass sie nicht einfach zu verstehen sind, ergänzte Remde. Die Berufsverbände bieten Aus- und Weiterbildungsseminare an, die jedoch immer wieder von den gleichen besucht würden. Offenbar gibt es Handlungsbedarf am unteren Ende der Betriebszulassungen.

Hackfleisch

Im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplans (BÜp) 2010 wurde der Hygienestatus gegarter Hackfleischerzeugnisse besonders untersucht. Zwei Prozent der sensorisch auffälligen Proben wiesen mehr als 107 KbE/g auf. Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich die Zahl der Kolonien bildenden Mikroben je Gramm Probe. 100 KbE/g ist der europäische Höchstwert.
Das Ergebnis zeigt den Behörden, dass oftmals die Lagerfähigkeit der Produkte falsch eingeschätzt wird. In 1,6 Prozent der Proben war Listeria monocytogenes in Keimzahlen von mehr als 100 KbE/g nachweisbar. Für Schwangere und immungeschwächte Menschen bedeutet dieser Wert ein Gesundheitsrisiko.

Wildfische

Auf die Agenda der Pressekonferenz rückten in diesem Jahr Wildfische aus Binnengewässern. In ihnen wurden ausreichend Perflourierte Verbindungen und Dioxine gefunden, dass das BVL auf die Empfehlung des Bundesumweltministeriums unterstrich, sich vor dem Angeln bei den Landesämtern über den betroffenen Flussabschnitt und seine Verschmutzung zu informieren. Vor allem der regelmäßige Genuss von Aal kann die wöchentlich tolerierbare Aufnahmemenge an Dioxinen überschreiten.

Lebensmittelkontrolleure und Hygienebalken

Rund 2.500 Lebensmittelkontrolleure ziehen täglich durch die Betriebe und bewältigen das enorme Pensum an Proben. Mit dem Rückgang öffentlicher Gelder werde es auch zu keinem Aufbau kommen, glaubt Remde. Daher müssen die Länder mit der risikoorientierten Kontrolle so effektiv wie nur möglich sein.
Nach Remde ist das auch die größte Herausforderung beim Restaurant-Smiley. Ein bundesweit einheitliches Modell mit gleichen Kriterien“ soll es werden. Das aber ist der Stand der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) aus dem Mai 2011. Seitdem hat es eher Rückschritte gegeben. Erst fuhren die Wirtschaftsminister Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister Johannes Remmels Hygienebalken in die Parade, dann setzte Berlin ein eigenes Punktesystem um. Zwar als Unterstützung für das bundesweite System gedacht, wird der Berliner Bezirk Pankow im nächsten Monat aber zu seinen Ekelbildern zurückkehren – was die VSMK nicht haben wollte. Seit dem VSMK-Beschluss sind mehr Rück- als Fortschritte zu verzeichnen.

Elektronische Datenerfassung

Die EHEC-Krise hat nach Dr. Helmut Tschiersky-Schöneburg mit der Task Force zwischen Bund, Ländern und der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA eine funktionierende Arbeitsgemeinschaft hervorgerufen. Es habe sich aber gezeigt, dass die Behörden den Spuren mit ausgedruckten Lieferlisten nachgehen müssen. Der Präsident des BVl forderte daher die Unternehmen auf, diese Daten elektronisch zu erfassen und zur Verfügung zu stellen. Das würde die Spurensuche erheblich beschleunigen.

Brandenburg

Der Landesbericht Brandenburg verzeichnet für das letzte Jahr 16 lebensmittelbedingte Erkrankungen, zwei weniger als im Vorjahr, und keine relevanten Tierseuchen. Der Bericht wird vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) herausgegeben.
Das LUGV hat 36.781 Betriebe zu kontrollieren, etwa 200 weniger als im Vorjahr. Die Kontrollen werden risikoorientiert durchgeführt, also die Betriebe mit schnell verderblicher Ware wurden häufiger besucht. Insgesamt wurden 45.444 Kontrollen durchgeführt, 11.427 Proben für Lebensmittel und 945 für Bedarfsgegenstände sowie Kosmetika gezogen. Nur 0,4 Prozent der Proben waren gesundheitsgefährlich. Hierbei handelt es sich vor allem um Salmonellen-Befunde bei Fleisch und Fleischerzeugnissen. Hier lagen auch die Ursachen für die lebensmittelbedingten Erkrankungen.
In Brandenburg wurden von insgesamt 7.366 Futtermittelhersteller, Lageristen und Transporteure 2.131. Betriebe einmal oder mehrfach besucht. Grund zur einer Beanstandung fand sich in 170 Proben.
Brandenburg hat mit dem Flughafen Brandenburg auch noch eine EU-Außenkontrollstelle. Dort wurde das Augenmerk auf pflanzliche Lebensmittel aus Drittstaaten gelegt. 272 Sendungen wurden untersucht, 63 Proben gezogen und 16 Lieferungen von Auberginen, Spargelbohnen, Broccoli oder Basilikum wegen Überschreitung von Höchstmengen bei Pflanzenschutzmittelrückständen zurückgewiesen. Darüber hinaus wurde 51.861-mal das Handgepäck von Reisenden untersucht und 2.100 Kilogramm Waren beschlagnahmt und vernichtet.

Lesestoff:

Den Bericht des BVL finden Sie unter www.bvl.bund.de einsehen

Den Bericht des LUGV unter www.mugv.brandenburg.de

Roland Krieg (Text und Fotos)

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