Qualität und Hygiene im Lebensmittelbereich
Ernährung
Produktionsleitertagung für den Bereich Lebensmittelqualität
Ende Januar hielt die Fresenius-Akademie in Dortmund eine Produktionsleiter-Tagung zum Thema Trends im Bereich Qualität und Hygiene ab.
Reinigungsvalidierung
Eine verlässliche Reinigung ist der Dreh- und Angelpunkt eines erfolgreichen Hygienemanagements. Doch wie lässt sich die Reinigungsleistung der angewendeten Verfahren gegenüber Dritten nachweisen? Andrea Fischer (M+W Consult) sprach sich auf der Tagung für Reinigungsvalidierungen aus. Diese verfolgen das Ziel, einen systematischen, dokumentierten Nachweis zu erbringen, dass die genehmigten bzw. eingesetzten Reinigungsverfahren dazu in der Lage sind, den definierten Reinigungserfolg zuverlässig und wiederholt zu gewährleisten und somit saubere Produktionsanlagen zur Verfügung zu stellen. Zwar gebe es für die Lebensmittelbranche derzeit kein Gesetz, dass eine Reinigungsvalidierung explizit fordere, doch deute sich bereits an, dass das Thema in Zukunft an Bedeutung gewinnen werde, so die Expertin. Schlechte Betriebs- und Anlagenhygiene und -reinigung sei eines der am meisten verbreiteten Probleme im Bereich der Lebensmittelsicherheit, führte Fischer aus. Eine Validierung der Reinigungsleistung durch Tests sei deshalb unbedingt zu empfehlen. In den USA habe bereits 2011 eine Überarbeitung des Lebensmittelgesetzes stattgefunden, welche sich nun nicht mehr auf die Reaktion auf Kontaminationen sondern auf deren Vermeidung konzentriere - ähnliche Änderungen in den Anforderungen seien auch für Europa bzw. Deutschland in naher Zukunft wahrscheinlich. Zudem biete die Reinigungsvalidierung handfeste wirtschaftliche Vorteile für die Hersteller (z.B. weniger Rückrufe bei den Produkten, eine längere Lebensdauer von Produktionsanlagen und reduzierten Aufwand beim Hygienemonitoring) und führe zu einem Image-Gewinn. Speziell Letzteres sei in Zeiten von immer kritischer werdenden und immer besser informierten Verbrauchern ein deutlicher Mehrwert, betonte Fischer. Die Expertin fasste im Anschluss die wichtigsten Schritte einer Reinigungsvalidierung zusammen: Nach einer Sammlung von Ausgangsdaten, bei der man sich einen Überblick über alle Produkte und Prozesse der eigenen Anlage verschafft, erfolge eine Risikobeurteilung mit darauffolgender Probenahme. Diese würden dann analysiert, bewertet und dokumentiert. Besonders wichtig sei es, im Vorfeld nachvollziehbare und wissenschaftlich belegbare Grenzwerte festzulegen, die gleichzeitig praktikabel und sowohl auf die Produkte, die Anforderungen im Herstellungsprozess als auch den Endverbraucher angepasst werden sollten, hob Fischer hervor. Abschließend wies sie darauf hin, dass bislang noch keine Guidelines zur Durchführung von Reinigungsvalidierungen in der Lebensmittelindustrie existieren. Die Herausforderung bestehe derzeit darin, die in der Pharmaindustrie bereits etablierten Ansätze gewinnbringend auf den Food-Bereich zu übertragen, so die Expertin. Dies sei eine der Hauptaufgaben der Subgroup Cleaning Validation der EHEDG.
Was können MES-Systeme leisten?
Christian von der Burg (ProLeit) widmete sich in seinem Vortrag dem Nutzen von MES-Systemen (Manufacturing Execution Systems) für die Lebensmittelproduktion. Die Systeme stellen Informationen bereit, welche eine Optimierung aller Produktionsaktivitäten ermöglichen. Die Erhöhung von Effizienz und Effektivität industrieller Abläufe erfolgt dabei stets sowohl unter Berücksichtigung technischer und technologischer Aspekte als auch hinsichtlich betriebswirtschaftlicher und gesetzlicher Rahmenbedingungen. Die Methode bestehe in einer effizienten Koordination aller am Produktionsprozess beteiligten Ressourcen, Systeme und Personengruppen, erklärte von der Burg. Hierfür stelle da System Informationen aus dem Produktionsprozess und für den Produktionsprozess bereit und verarbeite diese entsprechend, wodurch ein optimales Datenmanagement im Prozess entstehe. Auf diese Weise könne ein bereichs- und standortübergreifender, unternehmensweiter Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Teilsystemen eines Produktionssystems erreicht werden, so der Experte. Er wies darauf hin, dass es nicht das eine System für alle Betriebe gäbe, sondern jedes System eine Kombination verschiedener MES-Funktionen darstelle, welche je nach Einsatzumfang und Priorität des Anwenders zusammengestellt würden. Insgesamt bestehe das System aus elf Funktionsgruppen, die unter anderem die Ressourcenverwaltung, das Qualitätsmanagement, das Reporting sowie das Management von Material, Personal und Prozessen umfassten, so von der Burg weiter. Neben den Basis-Modulen des Systems, welche z.B. die Bereiche Systeminfrastruktur und Berichtswesen abdecken, sei es problemlos möglich, auch Module für spezielle Aufgaben wie die Nachschubsteuerung, die Maschinenpflege oder das Energiemanagement zu integrieren. Die Anwender könnten durch den Einsatz eines MES-Systems gleich auf mehreren Ebenen profitieren, machte der Experte deutlich. Die Produktionsabläufe würden einerseits im Hinblick auf Kostenreduzierung und Leistungsmaximierung optimiert, andererseits steigere es ebenso Flexibilität, Transparenz und Qualität.
Einführung von TPM: Ohne die Mitarbeiter geht es nicht
Wer zur Verbesserung seines Unternehmens ein TPM-Konzept einführen möchte, kommt an seinen Mitarbeitern nicht vorbei. Diese zentrale These vertrat Dr. Thomas Heller (Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML) auf der Tagung. TPM sei ein Konzept zur umfassenden kontinuierlichen Optimierung der Prozesse in Produktion und Instandhaltung über die gesamte Lebensdauer der Anlagen, welches zwingend die aktive Beteiligung aller Mitarbeiter erfordere, erklärte Heller. Das TPM-Modell bestehe dabei in der Darstellung des Fraunhofer IML aus sechs Säulen: der kontinuierlichen Verbesserung, der gemeinschaftlichen Instandhaltung, der vorbeugenden Instandhaltung, der Säule Schulung und Training, dem Qualitätsmanagement und dem (Neu-) Anlagenmanagement. Typische Probleme bei der TPM-Einführung seien fehlende oder einseitige Motivation der Mitarbeiter und eine Abweichung der Zielvorstellungen, welche Mitarbeiter und Management mit der Einführung verbinden. In der Folge komme es häufig zu Unverständnis gegenüber dem Nutzen des neu eingeführten Konzepts, Demotivation, und Boykott. Die Mitarbeiterteams seien in so einem Fall nicht bereit, ihre alten Arbeitsgewohnheiten abzulegen und würden auf Konfrontationskurs gehen, so Heller. Die notwendige Führungsstrategie bei der Einführung von TPM müsse daher lauten, alle beteiligten Mitarbeiter bereits in die Planung der Maßnahmen zu involvieren und ihnen frühzeitig in Arbeitsgruppen Verantwortung für die erfolgreiche Durchführung zu übertragen. Entscheidend sei es, eine gemeinsame Entscheidungsfindung aller Beteiligten zu erreichen und zu verdeutlichen, dass die operativen Mitarbeiter für die Umsetzung der gemeinsam getroffenen Entscheidungen zuständig sind. Die Aufgabe der Führungskraft bestehe nicht nur darin, den Veränderungsprozess vorzuleben und den Mitarbeitern die Angst vor den anstehenden Veränderungen zu nehmen, sondern auch zu lernen, Macht und Kompetenz abzugeben, schloss Heller.
Lesestoff:
Die kompletten Tagungsunterlagen können Sie bei www.akademie-fresenius.de erwerben.
Stefanie Johannsen, Fresenius