Schlauer essen mit Qualitätsstandards

Ernährung

Qualitätsstandards für die Schulverpflegung festgelegt

1,9 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 17 Jahren sind übergewichtig, jeder Fünfte der 11 bis 17-jährigen zeigt Auffälligkeiten im Essverhalten. Der Kinder- und Jugendsurvey (KIGGS) hatte belastbare Daten über das Essverhalten zusammen gestellt und der Bundesverband Verbraucherzentralen (vzbv) beklagte auf der Grünen Woche, dass den Bundesländern einheitliche verbindliche Schule und EssenVorgaben fehlten, Schulessen qualitativ zu gestalten. Obwohl vor zwei Jahren doch schon deutliche Anhaltspunkte mit den ersten bundesweiten Rahmenkriterien erarbeitet wurden.
Am Donnerstag wurden nun in einem Auftaktsymposium der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) die Qualitätsstandards für die Schulverpflegung vorgestellt.

Checklisten für die einfache Handhabung
Wie oft stehen Kartoffeln als Salz- oder Pellkartoffeln auf dem monatlichen Speiseplan? Nur bis zu fünfmal? Klassenziel nicht erreicht. Mindestens achtmal muss es sein. Wird Gemüse als Rohkost täglich angeboten, wie oft steht Seefisch auf dem Plan oder gibt es süße Hauptgerichte?
Mit so einfachen Kriterien können Schulkantinen ihre Speisepläne bewerteten. Die Prüflisten bewerten auch Getränke oder Warmehaltezeit der Gerichte. Eine zweite Prüfliste bewertet nach Primar- und Sekundarstufe getrennt die Nährstoffe. Das die Prüfliste so praxisbezogen ist, verdankt sie einem mehrwöchigem Test der Berliner Vernetzungsstelle Schulverpflegung.
DGEDie Qualitätsstandards legen dabei nicht nur Wert auf das Essen allein, sondern beziehen pädagogische und schulorganisatorische Rahmenbedingungen mit ein. Praktische Tipps für den Aufbau der Qualitätssicherung sowie Hilfe beim Einsatz von Bioprodukten runden die vorgelegten Standards ab.
„Diese Qualitätsstandards sind eine gute praktische Hilfe für alle Kantinen-, Küchen- und Cateringbetreiber. Wer die Zubereitung der Speisen nach den Qualitätsstandards ausrichtet, kann sicher sein, Schülerinnen und Schülern ausgewogene und schmackhafte Kost zu bieten“, lobt Dr. Till Backhaus, Agrar- und Verbraucherschutzminister aus Mecklenburg-Vorpommern.

Fokus Schule
Prof. Dr. Ines Heindl vom Institut für Ernährungs- und Verbraucherbildung der Universität Flensburg, sieht die Schule im Mittelpunkt: „Was wir nicht frühzeitig in der Bildung leisten, kommt uns später teuer zu stehen.“ Die Schule sei der ideale Ort der schulischen Ernährungsbildung und kann Schüler, Lehrer, Jugendliche und Eltern „in ihrem Gesundheitshandeln“ gleichermaßen erreichen. Über die Schulverpflegung können fachliche Botschaften vermittelt werden, so wie im europäischen Ausland. „Es darf nicht dem Engagement des Schulleiters überlassen werden, ob die Schülerinnen und Schüler gesund ernährt werden“, forderte Ernährungsreferentin Angelika Michel-Drees vom vzbv. In Schottland, Großbritannien und Frankreich sind verbindliche Standards bereits festgelegt, in Schweden und Finnland steht das Essen kostenfrei zur Verfügung und in Portugal steht jeder Schule eine Gesundheitsassistentin zur Seite.
Die Standards sind ein wichtiger Baustein im Nationalen Aktionsplan Ernährung und Bewegung, sagte Staatssekretär Dr. Gerd Mülle aus dem Landwirtschaftsministerium. Wichtig gerade für die Kinder, die zu Hause kein Mittagessen erhalten.

Es folgt die Umsetzung
Minister Backhaus fordert die Umsetzung der Qualitätsstandards in seinem Bundesland. Und das haben alle Länder noch vor sich. Prof. Ulrike Arens-Azevedo, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, wünscht sich, dass die Länderministerien die Verbreitung der vorgestellten Standards unterstützen. Angesichts knapper Schuletats hofft sie auf eine Unterstützung durch die Elternvertretungen. Denn verpflichtend verankert ist eine gesundheitsfördernde Schulverpflegung nicht.DGE
Die Verbraucherzentralen fordern noch eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für bedürftige Familien, denn unabhängig der finanziellen Situation soll jedes Kind die Möglichkeit haben, an er Schulverpflegung teilzunehmen. Nordrhein-Westfalen beispielsweise stellt 2007 und 2008 jeweils 10 Millionen Euro für Kinder von Hartz IV-Empfängern zur Verfügung. Auch in Berlin findet eine Förderung während der ersten sechs Klassen statt und Rheinland-Pfalz hat einen Länderfonds für sozial benachteiligte Kinder.
Sponsoring ist durchaus gewünscht, aber mit klarer Abgrenzung zur Werbung. Die Verbraucherschützer wünschen vor allem eine Abgrenzung zur Werbung für „problematische Lebensmittel“.
Bewährt hätten sich Ernährungsbeauftragte oder Mensa-Arbeitsgruppen, da sie eine zugewiesene Verantwortlichkeit darstellen und Probleme leichter aufgreifen können.

Lesestoff:
Die Standards wurden im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erarbeitet, auf dessen Seite die Broschüre heruntergeladen werden kann: www.bmelv.de.
Innerhalb der Kampagne „Kinderleicht“ ist das Projekt „Schule + Essen = Note 1“ (www.schuleplusessen.de) der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) an der Bearbeitung beteiligt gewesen. Mehr über den Kinder- und Jugendsurvey finden Sie unter www.kiggs.de. Das Dossier über die Situation in den einzelnen Bundesländern gibt es bei www.vzbv.de

roRo; Bilder: DGE

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