Sensibles Lebensmittel Wasser

Ernährung

Wasserressourcenmanagement im ländlichen Raum

>Ein großer Laubbaum braucht etwa 100 Liter Wasser am Tag, der Acker zur Erzeugung von 50 kg Weizen insgesamt etwa 25.000 Liter Wasser, der Mensch täglich 3 Liter für seinen Organismus – verbraucht aber 150 Liter Wasser am Tag. Wasser bewegt sich auf unserem Planeten im Kreislauf zwischen Verdunstung und Niederschlag. Nichts geht verloren, es kommt aber auch nichts neues hinzu.
Die 19.000 Kubikmeter Wasser, die Frankfurt an der Oder jeden Tag verbraucht, stammen aus der Spree. Das Wasserwerk in Briesen, etwa 20 km westlich gelegen, kann 26.000 Kubikmeter pro Tag aufbereiten, was also für seine Stadt ausreichend dimensioniert ist, wie Peter Edelmann, zuständig für Ökonomie und Stadtentwicklung gestern feststellte. Letztlich landet alles durch modernste Aufbereitung geklärt in der Oder. Das Wasser zum Duschen, zum Kaffee kochen und Blumen gießen legt im Haushalt nur einen winzigen Teil seiner Reise zurück.
Wasser ist das bedeutendste Lebensmittel und der wichtigste Stoff, den die Natur zu bieten hat. Wasser ist ökologisch der wichtigste Faktor des Pflanzenstandortes, weil er den Pflanzen nicht nur schlechthin das Leben ermöglicht, sondern ihnen dazu die benötigten Nährstoffe übermittelt. Weltweit werden 70 Prozent aller Süßwasserressourcen für die landwirtschaftliche Bewässerung in Anspruch genommen. Trockenheit und Dürre treten jedoch mittlerweile in bisher wenig betroffenen Regionen auf, wie in Brandenburg in den letzten Wochen. Umgekehrt ist sind die Fluten der Oder von 1997 und der Elbe von 2002 im überregionalen Gedächtnis vorhanden.

Wasserexperten tagen in Frankfurt/O.
Peter Edelmann gehörte zu den Rednern, die gestern das Plenum der 21. Europäischen Regionalkonferenz der Internationalen Kommission für Be- und Entwässerung (ICID) eröffnete. Zwischen dem 15. und 19. Mai tagen rund 250 Experten aus dem In- und Ausland in den benachbarten Oderstädten Frankfurt und Slubice zu aktuellen Fragen des Wassermanagements für nachhaltige Landwirtschaft und Entwicklung. Wasserschutz, Be- und Entwässerung, Management bei Trockenheit, Integriertes Wassermanagement und die Geschichte der Bewässerung sind die fünf Themenarbeitskreise. „Zu viel Wasser ist nicht gut, zu wenig auch nicht. Und die Qualität muss stimmen“: Dem Politiker Eckhard Engert aus dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) blieb es vorbehalten in seiner Rede die Aufgaben prägnant zusammen zu fassen.
Und das ist nicht so einfach, denn Flüsse sind mit Nährstoffen und Schwermetallen belastet. Die EU hat am 22. Dezember 2000 die Richtlinien für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik eingeführt, die zur Zeit in nationales Recht umgesetzt werden. Brandenburgs Bauernpräsident Udo Folgart warnte die Politik gestern, Richtlinien umzusetzen, die „unrealistisch und berufsstandsschädigend“ sind. Die Bundesregierung sähe beispielsweise gerne eine Ausdehnung der strengen Trinkwasserregeln auf größere Gebiete. Folgart plädiert nicht nur aus ästhetischen und ökologischen Gründen für ein abwechslungsreiches Landschaftsbild, sondern auch aus Gründen des Wasserschutzes. Die Verdunstungsraten auf den Feldern müssen genauso verringert werden, wie der Abfluss von Wasser durch die Meliorationsgräben.

Was bringt die Agrarreform?
In letzter Zeit wird der laufenden Agrarreform vieles zugemutet. Erneuerbare Energien, mehr Ökolandbau, keine Förderungen mehr, die an die Produktionsmenge gekoppelt sind und mehr Naturschutz. Brandenburgs Agrarminister Dr. Dietmar Woidke dämpfte gegenüber Herd-und-Hof.de jedoch die Erwartungen. Gestern war Abgabeschluss für die Beantragung der Preisausgleichszahlungen. Dann erst beginnt die Auswertung, was sich im Jahr 2006 ändern wird, um sagen zu können, ob eine „neue“ Produktion wasserschonender ist. Die Entkopplung bezeichnete er allerdings als den wichtigsten Punkt, der langfristige Auswirkungen hat.
Möglicherweise gerät die Tierproduktion dabei ins Hintertreffen. Die märkischen Böden haben 18 – 20 Bodenpunkte, was ihnen auch schon mal despektierlich den Namen „Skatböden“ einbringt. Die lößhaltigen und fruchtbarsten Böden weisen im Rheinland und bei Magdeburg den Wert 100 auf. Das Wasserhaltevermögen des Bodens kann die organische Substanz erhöhen. Daher ist eine Veredlung im Sinne der tierischen Produktion in Brandenburg unverzichtbar, so Woidke. Brandenburg ist humusarm (Herd-und-Hof.de vom 30.06.2004). Der Tierbesatz auf märkischen Boden entspricht nur der Hälfte Deutschlands und es gibt keine Anzeichen, dass die Agrarreform daran etwas ändern wird. Nur bei den Schweinen legt Brandenburg gegenüber dem Bundestrend zu. Auch Folgart sieht in der Sicherung der Tierbestände und deren Ausdehnung eine zukünftige Herausforderung.
Die Politik ist auf die Wissenschaft angewiesen. Der Pflanze steht nur die Menge an Wasser zur Verfügung, das über die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen werden kann. Daher ist die Durchwurzelung des Bodens ein ackerbauliches Kriterium, wie die Blattbildung, um mit dem Schattenwurf die Verdunstungsraten zu verringern. Pflanzebestände, die mit geringem Trockenmassewachstum den Boden intensiv durchwurzeln und früh ein Blätterdach bilden, verbrauchen bei einer Steigerung der Ernteerträge kaum mehr Wasser. Prof. Dr. Hubert Wiggering, Direktor des Leibniz-Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung (ZALF) führte die Diskussion wieder auf das Kongressthema zurück: Genau zu diesem Thema führt das ZALF aus Müncheberg, das die Regionalkonferenz organisiert, Forschungen durch. Im Jahresbericht 2003 ist beispielsweise das Projekt über die Bodenheterogenität aufgeführt. Damit ist die räumliche Verteilung von verschiedenen Bodeneigenschaften gemeint. In eine Hierarchie wurden dann Einflussgrößen auf die diese eingeordnet. So wirken Bodenbearbeitungen über Jahre hinweg auf den Mikrometerbereich, während Boden-Pflanzen Versickerungen auf größere Flächeneinheiten wirken, aber schneller. Damit können beispielsweise Porensysteme im Boden beschrieben werde, die Wasser den Pflanzen entweder bereitstellen oder in tiefere Schichten verlagern.

Sünden der Vergangenheit sind teuer
Das Brandenburger Landesprogramm zur Verbesserung des Wasserbudgets wurde von Prof. Dr. Niesche aus dem Agrarministerium vorgestellt. Das Land hat 33.000 km Fliessgewässer, wobei allerdings 23.000 km Gewässer zweiter Ordnung sind, die überwiegend aus Entwässerungsgräben bestehen. Das sind die so genannten Meliorationsgräben. Bis in die 1990er Jahre wurden sie einst zur unabhängigen landwirtschaftlichen Produktion in der DDR genutzt. Die Gräben führen allerdings Wasser ab, dass dieses Jahr die Wintertrockenheit weniger deutlich hätte spüren lassen können. Um das Wasser wieder zurückzuhalten werden Störsteine in die Gräben gelegt, die es wieder mäandrieren lassen, wie beispielsweise im nördlichen Cedertal, dessen Renaturierung über eine Million Euro gekostet hat. Manchmal muss ein Kanalquerschnitt verkleinert werden oder die Flusssohle mit 30.000 Tonnen Kies, Sand und Grokorn um 50 Zentimeter angehoben werden. In den umliegenden Ackerflächen steigt dann wieder der Grundwasserspiegel. Bis 2006 stehen 56 Millionen Euro zur Verfügung. Förderwürdige Maßnahmen können bis zu 75 Prozent länderfinanziert werden. So entstanden sechs Stauanlagen, wurden 10 Anlagen wieder zurückgebaut oder 16 Stützschwellen zur dauerhaften Wasseranhebung eingebaut. 1.200 qm Gewässerufer wurden wieder bepflanzt und 3.500 m Graben verfüllt.
Dr. Stratenwerth stellte als Präsident der Internationalen Kommission für den Schutz der Oder (IKSO) gegen Verschmutzung, die am 11. April mit Hilfe der EU von Tschechien, Polen und Deutschland gegründet wurde, die Maßnahmen des Hochwasserschutzes vor. Die Aktivierung künstlicher und natürlicher Rückhaltebecken, der Vorhersage- und Hochwassermeldedienst, sowie der technische Schutz hat seit dem Oderhochwasser rund 3,5 Milliarden Euro gekostet. Das entspricht der ungefähren Schadenssumme, die dieses Hochwasser verursacht hat. Damit rentieren sich Investitionen in diesem Bereich, so Stratenwerth. Die Koordinierung der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sowie Untersuchungen im Bereich der Schadstoffbelastung gehören zu den weiteren Aufgaben der IKSO, die auf ihrer Internetseite www.mkoo.pl verschiedene Veröffentlichungen zum herunterladen bereithält.

Überregionale Lösungen gesucht
Der Tagungsort und das gemeinsame Flusssystem der Oder tragen zur starken Beteiligung polnischer Experten bei. Dr. Ing. Ryszard Kosierb von der regionalen Wasserverwaltung Wroclaw gab einen Einblick in die polnischen Aktivitäten, die vom Verwaltungsaufbau und den Zielen den deutschen ziemlich ähnlich sind. Allerdings treten andere Schwerpunkte auf, was auf die Landwirtschaft bezogen, mit einem geringen Intensivierungsgrad zurück zu führen ist. Ein besonderes Problem sind Siedlungen entlang der Flüsse. Die Bevölkerung erwarte, so Kosierb, deutliche Schritte im Bereich des Hochwasserschutzes. Energie aus Wasserkraft ist ein weiterer Aktivitätsschwerpunkt, sowie die Durchlässigkeit der Oder für die Schifffahrt. Das dürfte allerdings nicht so einfach sein, denn im Trockenjahr 2003 war die Oder bei Frankfurt nur noch 95 cm tief.
Auf eine wissenschaftliche Neuerscheinung wies Dr. Behrendt vom Leibniz-Institut für Frischwasserökologie und Fischerei aus Berlin hin. In seinem umfangreichen Werk wurden Nährstoff- und Schwermetalleinträge in die Oder berechnet. Bei Phosphoremissionen wurden zwischen 1993 und 1997 12.840 Tonnen pro Jahr erreicht. Erosion und Städte bilden dabei noch vor der Landwirtschaft die Haupteintragsquellen. Aus Deutschland stammt seit dem Phosphatverbot in Waschmitteln deutlich weniger. Im gleichen Zeitraum wurden 124.260 Tonnen Stickstoff pro Jahr in das Odersystem eingetragen. Diese stammen überwiegend aus Klärwerken, dem Grundwasser und Entwässerungsflächen. Stickstoff und Phosphor führen zu Umweltproblemen in der südlichen Ostsee, wobei die Oderfracht den typischen Belastungslevel osteuropäischer Flüsse führt, jedoch weniger als Elbe und Rhein. (Nutrients and Heavy Metals in the Odra River System ; Weissensee Verlag; 56.00 €; ISBN 3-89998-046-8).

ICID und ZALF
Das ICID (International Commission on Irrigation and Drainage) ist eine am 24. Juni 1950 gegründete Nichtregierungs-Organisation, die sich um das Wassermanagement bei der Bereitstellung von Nahrungsmitteln kümmert. Von zur Zeit 62 aktiven Mitgliedsländern befinden sich 27 in Europa, die 1995 eine eigene regionale Arbeitsgruppe gegründet haben. In den Arbeitsgruppen wirken Hydrologen, Agrarwissenschaftler, Ökonomen, Verwaltungsfachleute und Soziologen mit. Landschaften werden mittlerweile multifunktional genutzt und erfordern daher ein Gesamtkonzept zwischen Landwirtschaft, Naturschutz, Tourismusentwicklung und Verkehrspolitik: www.icid.org
Das ZALF mit seinen verschiedenen Instituten finden Sie unter www.zalf.de
Ausführliche Details zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie finden Sie unter www.umweltbundesamt.de/wasser/themen/wrrl_chronologie.htm

Roland Krieg

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