Sicherung der Welternährung
Ernährung
FAO Tagung in Rom
Von den rund 850 Millionen hungernden Menschen leben 820 Millionen in Entwicklungsländern. Das sind außerdem noch die Länder, die vom Klimawandel am meisten betroffen sind, erklärt die FAO. Seit November 2007 wird der heute in Rom beginnende Welternährungsgipfel im Rahmen des Klimawandels und des Anbaus von Biomasse geplant und kommt angesichts steigender Lebensmittelpreise zur richtigen Zeit. Er dauert bis zum 05. Juni.
Mehr Landwirtschaft
Im Vorfeld zur Tagung mit 40 Regierungschefs und zahlreichen Vertretern aus 191 Mitgliedsstaaten der UN Organisation zur Ernährung und Landwirtschaft FAO sagte Generaldirektor Jaques Diouf: „Wir müssen mehr Lebensmittel dort produzieren wo sie notwendig sind, um den Auswirkungen für die armen Verbraucher zu begegnen und müssen gleichzeitig die Produktivität steigern und den Anbau ausdehnen, um der ländlichen Bevölkerung ein höheres Einkommen und neue Arbeitsmöglichkeiten zu geben.“ Dazu müssten günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden, die dem privaten Sektor, den Bauern und dem Handel entgegen kommen.
Ziel der Tagung ist:
Die neuen Herausforderungen für die Welternährungssicherheit identifizieren, die Angebot und nachfrage sowie Politik und Markt bedrohen.
Ein besseres Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Ernährungssicherheit, Klimawandel und Bioenergie erarbeiten.
Einen Prozess für Institutionen erarbeiten, um das Thema Nahrungssicherheit in Vereinbarungen zu klimarelevanten und erneuerbaren Energiethemen zu integrieren.
Geeignete Politiken, Strategien und Programme finden, die Welternährungssicherheit generieren und besonders steigende Preise verhindern.
Die Abschlusserklärung „Welternährungssicherheit und notwendige Aktivitäten“.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will auf dem Gipfel darauf dringen, dass zahlreiche Steuern, Exportverbote und Importzölle zumindest zeitweise ausgesetzt werden, kündete er am Montag am UN-Sitz in New York an.
Ende April hatte die UN die zweiteilige Strategie ausgegeben, aktuell die Hungernden zu ernähren („Feed the Hungry“) und dann die Zukunft zu sichern („Food for tomorrow“). Für die erste Strategie hatte der Vorstand aller UN Organisationen die Staatengemeinschaft aufgefordert, dem Welternährungsprogramm 755 Millionen US-Dollar zur Verfügung zu stellen.
Hunger kann nicht warten
Mit einem eindringlichen Appell haben sich zum Gipfel weltweit mehr als 800 Nichtregierungsorganisationen an die Weltöffentlichkeit gewandt. In dem Aufruf „No more Failures as Usual“ verlangt die Zivilgesellschaft einen radikalen Wandel in der Landwirtschaftspolitik. „Einige Regierungen und die Weltbank wollen die aktuelle Hungerkrise missbrauchen, um eine weitere Liberalisierung des Welthandels durchzusetzen und Billigimporte im Süden zu erleichtern“, kritisierte Armin Paasch von der Menschenrechtsorganisation FIAN am Montag. Als Beispiel nannte er Brasilien, wo die Bionergieproduktion den Anbau von Nahrungsmitteln verdrängt. Das führt zur Steigerung der lokalen Lebensmittelpreise und der industrielle Anbau von Energiepflanzen verdrängt Bauerngemeinschaften und führt zu Sklavenarbeit.
Freispruch Biokraftstoff
Prof. Dr. Manfred Zeller, Agrar- und Entwicklungsexperte der Universität Hohenheim kommt in einer aktuellen Analyse zum Schluss: „Biokraftstoffe haben die Krise nicht ausgelöst.“ Seit acht Jahren liege der Verbrauch an Nahrungsmitteln über der Produktion, weswegen die aktuelle Krise vorhersehbar gewesen sei. Biokraftstoffe trügen zur Preishausse zwar bei, jedoch sei der Ursachenkomplex vielfältiger. Dr. Zellner führt ähnlich wie das Positionspapier des Bundeslandwirtschaftsministeriums Bevölkerungswachstum und steigende Nachfrage nach höherwertigen Lebensmitteln als Ursache an. Hinzu kämen Dürren und Spekulationsblasen sowie der Werteverfall des Dollars.
Generell haben in der Vergangenheit hohe Energiekosten über Dünger und Treibstoff die Lebensmittelpreise direkt beeinflusst. Auf den rasanten Anstieg des Ölpreises sattelte sich jetzt noch der Biotreibstoff-Boom – „ausgelöst durch die hohen Preise für Erdöl und verstärkt durch die Steuerbefreiung, Beimischungszwang und andere direkte Subventionen in der EU und den USA.“
„Landwirtschaft ist der Schlüssel zur Entwicklung“
Die Liberalisierung der Landwirtschaft macht die Internationale Katholische Land- und Bauernjugendbewegung (Mijarc) als Ursache der gegenwärtigen Krise aus. Außerdem ist die Entwicklung des ländlichen Raums vernachlässigt worden heißt es in einem Ende Mai in Uganda formulierten Positionspapier zum Welternährungsgipfel in Rom. „Um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und den Klimawandel zu bewältigen, brauchen wir ein komplett anderes Wirtschaftsmodell“, erklärte Mijarc-Weltpräsident George Dixon. Bei dem bisherigen Modell der industrialisierten Landwirtschaft seien Konflikte und ein Zusammenbruch des Ökosystems unausweichlich. Die Mijarc fordert eine selbstbestimmte Landwirtschaftspolitik aller Länder, den Schutz vor Billigimporten aus dem Ausland sowie faire Preise in der Landwirtschaft. Monica Kleiser, Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB), nach der Rückkehr aus Uganda: „Die derzeitig massiv ansteigenden Lebensmittelpreise beweisen eindeutig, dass die bisherigen Modelle nicht funktionieren.“ Es müssen Anreize geschaffen werden, dass die Länder wieder eigene Lebensmittel produzieren.
Lesestoff:
Den gemeinsame Aufruf „No more Failures as Usual“ finden Sie unter www.viacampesina.org
M Zeller und M Grass: „Biofuel boom or doom?: Opportunities and Constraints for biofuels in developing countries”. Quarterly Journal of International Agriculture 47; 2; 08 – noch nicht erschienen.
Die Movement International de la Jeunesse Agricole et Rurale Catholique (Mirjac) organisiert über zwei Millionen Landjugendliche in mehr als 60 Ländern. www.mijarc.org
VLE; Fotos: Hungerkarte: FAO; Mijarc: KLJB