Smileys ersetzen keine Kontrollen
Ernährung
Erfolge auch ohne „Ekellisten“?
Als der Berliner Bezirk Pankow Bilder von verdreckten Armaturen, Töpfen und Waschbecken ins Internet stellte, ging ein Aufschrei durchs Land. Gastronomen und Caterer fürchteten einen „Pranger ohne Anhörung“, Vorverurteilung auf Grund falscher Beschuldigungen.
Am Donnerstag linderte Laura Gross, Ernährungsreferentin der Berliner Verbraucher Initiative die Aufregung. Nur zwei Klageversuche hätte es gegeben und vor 101 Veröffentlichungen reagierten 70 Prozent der Betriebe gar nicht auf eine Anhörung. Der Pankower Smiley gilt als erfolgreich, weil die Zahl der notwendigen Betriebsschließungen und die Zahl der Mängel zurückgegangen sind, so Gross. Nach dem aktuellen Verbraucherschutzindex steht Berlin zwar bei den Lebensmittelkontrollen am unteren Ende der Bundesländerliste, der Smiley allerdings habe Berlin insgesamt nach vorne gebracht.
Dänisches Vorbild
Die Bilder beim Pankower Smiley haben den Bewertungen zumindest Publicity gebracht. Derzeit experimentiert der Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit einem Berliner Bär, der in grüner Farbe eine Positivliste etikettiert und Nordrhein-Westfalen hat seinen Smiley um den Punkt erweitert, keine Käse- und Schinkenimitate zu verwenden. Die Betriebe müssen sich für diesen Smiley bewerben.
Das große Vorbild aller Kennzeichnungen kommt aus Dänemark. Dort war die Einführung einer visuellen Kennung im Jahr 2001 von vergleichbaren Diskussionen begleitet, sagte Poul Ottosen, Gesandter der Dänischen Botschaft, der den dänischen Smiley damals als Staatssekretär mit eingeführt hatte. Vorher gab es 32 regionale Behörden, die individuell kontrollierten – dann eine allgemeine Gesetzgebung mit dem Paragrafen 56 des dänischen Lebensmittelgesetzbuches. „Sicherheit“, „Transparenz“ und „Zuverlässigkeit“ wurden die Pfeiler der dänischen Lebensmittelpolitik. Die rund 1.000 Kontrolleure prüfen risikoorientiert und hängen den Bericht direkt aus. Die Gastronomen und Unternehmen können auf dem verpflichteten Aushang eine Bemerkung zur Kontrolle anfügen. Ein detaillierter Bericht wird in das Internetarchiv gestellt.
Ottosen weist ausdrücklich darauf hin, dass der Smiley kein Ersatz für ordentliche Kontrollen ist. Deren ordnungsgemäße und regelmäßige Durchführung bleibe die Basis der Lebensmittelpolitik. Da dann der Smiley nur noch obendrauf gesattelt wird, entstünden auch keine zusätzlichen Kosten. In Dänemark müssen die Betriebe, zu denen die Lebensmittelkontrolleure wegen einer Nachkontrolle kommen müssen, diesen Einsatz bezahlen. Ottosen bewertet den Einsatz des Smiley als Erfolg. Der Anteil der Betriebe mit einem unfreundlichen Smiley bleibt bei zwei bis drei Prozent, aber die lächelnden Gesichter werden immer mehr. Wer vier lachende Smileys in Folge bekam, erhält den Zusatz „Elite“.
Die Betriebe haben während der letzten acht Jahren begonnen, sich mit ihren Mitarbeitern zusammenzusetzen, um zu prüfen, wie man den guten Smiley bekomme. Das ist das eigentliche Ziel der Aktion, „mehr Disziplin“ bei der Hygiene zu erreichen, so Ottosen.
Gesamtberliner Ansatz
Auch Dr. Peter Lischke will von dem „Ekellistenansatz“ weg. Der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Berlin will einen mündigen Bürger, der auf Grund sachlicher Informationen eine Auswahl der Gaststätte treffen kann. In die Küche blicken könne der Gast schließlich nicht. Wer dann informiert ist, der könne seine Marktmacht ausspielen und der Pankower Smiley hilft dabei. Er ersetzt auch keine Sanktionen, so Dr. Lischke.
Seit März 2010 sitzt der Berliner Verbrauchersenat für ein Gesamtberliner Konzept zusammen. Nach Laura Gross besteht Einigkeit darüber, dass veröffentlicht und dass es einen Aushang geben wird und dass Ergebnisse in das Internetgestellt werde. Offen ist aber derzeit noch wie veröffentlicht wird – und vor allem ab wann es losgeht. Berlin muss für 12 unterschiedliche Bezirke ein gemeinsames Konzept finden.
Lesestoff:
Pankower Smiley: www.berlin.de/ba-pankow/verwaltung/ordnung/smiley.html
Berliner Bär von Marzahn-Hellersdorf: www.berlin.de/ba-marzahn-hellersdorf/buergerdienste/ordnungsamt/modellprojekt-berlinerbaer-.html
Smiley in Nordrhein-Westfalen: www.umwelt.nrw.de/verbraucherschutz/lebensmittel/smiley/index.php
Dänischer Smiley: www.findsmiley.dk
Verbraucherschutzindex 2010: www.vzbv.de
Roland Krieg