Spargel Grün-Weiß

Ernährung

Saisonstart für den Hauptstadt-Spargel

Erstaunlicherweise halten sich Verbraucher ausgerechnet beim Spargel ziemlich genau an die Saison. Frische, Qualität und vor allem Regionalität sind die Kursraketen des königlichen Gemüses, auf das zwischen Juli und Februar kaum jemand Appetit hat. Der Verbraucher kann warten, was zu Saisonbeginn jedes Mal mit einem Medienspektakel belohnt wird, wenn die Agrarminister die ersten Stangen stechen.
Es gewinnen jedoch nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Bauern. Nach Angaben der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle ZMP ist der Selbstversorgungsgrad zwischen 2000 und 2006 von 58 auf 74 Prozent angestiegen. In Deutschland wurde das Gemüse 2006 auf insgesamt 18.408 Hektar gestochen, 1,5 Prozent mehr als im Jahr davor. Vor zehn Jahren lag die Fläche noch bei etwa 14.000 ha. Immerhin halten die Deutschen mit 1,4 kg Spargel je Kopf und Jahr auch den Europarekord.

Am Tatortimbiss
Begünstigt durch gute Witterung und Folientunneln gibt es frischen Spargel schon seit einiger Zeit. Der erste wurde Ende März im Rheinland gesichtet. 510 Betriebe bauen auf 4.000 ha die begehrten Stangen an. Hauptsächlich am Niederrhein und rund um Straelen. So hatte zum rheinischen Saisonstart die Landgard Obst & Gemüse GmbH bereits am 30. März zur Saisoneröffnung zum Imbiss am Kölner Malakoffturm geladen. Den kennen fast alle, den das ist der Treffpunkt der Kölner Tatort-Kommissare.

Oberfranken
Am Montag hatte Bayerns Landwirtschaftsminister Josef Miller zusammen mit der fränkischen Spargelkönigin Kathrin Kupfer die ersten Freilandstangen gestochen. Das Feld bei Forchheim gehört zu den kleinen Anbaugebieten des Freistaates. Im ganzen Land wurden im letzten Jahr 1.934 ha mit Spargel bebaut. Zusammen mit den noch nicht beernteten Flächen sind es mittlerweile über 2.600 ha. „Damit hat sich die Spargelfläche allein im letzten Jahr um den gesamten bayrischen Anbauumfang des Jahres 1990 ausgeweitet“, stellte Miller zufrieden fest. Das Besondere: Derzeit laufen rund 80 Prozent der Vermarktung über den regionalen Handel direkt an Verbraucher und Gaststätten. Nur 20 Prozent werden über den überregionalen Lebensmitteleinzelhandel angeboten.

Beelitzer Spargel
Heute morgen zieht Brandenburgs Agrarminister Dr. Dietmar Woidke mit Stecheisen und Kiepe zwischen die Spargelreihen des Spargelhofes Simianer & Söhne in Busendorf. Dann gibt es auch für die Berliner das frische Gemüse. Die sandigen Böden mit unterschiedlichen Lehmanteilen haben den Spargel aus Beelitz zu einer Marke gemacht, die überregional ein Begriff geworden ist. Hier liegen 90 Prozent der Brandenburger Spargelflächen, die mit 2.601 ha noch Beelitzer Spargel unter Folieeinmal eine neue Rekordmarke erreicht haben. Im letzten Jahr wurden 11.538 Tonnen gestochen, was einem Durchschnittsertrag von 44,8 Dezitonnen pro Hektar entspricht. Spargel macht 40 Prozent der Brandenburgischen Gemüseanbaufläche aus.
Beelitz ist das größte zusammenhängende Spargelanbaugebiet in Deutschland und hat eine rasante Entwicklung hinter sich. Zu Beginn der 1990er Jahren wurden die Spargelstangen noch direkt an der Straße an kleinen Ständen verkauft. Die kleinen Stände gibt es heute noch, stehen aber mittlerweile in den Berliner Supermärkten und die Höfe haben sich zu Erlebnishöfen komplettiert. Sie verkaufen auch Soßen, Kartoffeln oder Wein.
Vermehrt drängt preiswerter Spargel aus Polen auf den Berlin-Brandenburger Markt, so dass innerhalb des Landes ein Ost-West-Gefälle zu verzeichnen ist. Das Ministerium in Potsdam teilt mit, dass sich der Flächenausbau mit Ausnahme von Potsdam-Mittelmark im Land verlangsamt hat. In Ostprignitz-Ruppin kam es erstmals zu Anbaueinschränkungen um mehrer Hektar. Dies verdeutlicht, so das Agrarministerium weiter, dass die Möglichkeiten der Direktvermarktung für Spargel gegenwärtig weitgehend ausgeschöpft sind.

Die ganze Ernte erhofft
Das letzte Spargeljahr war nicht nur wegen der Kälte ungünstig. Spargelbauern konnten ihre Ernte nicht vom Feld holen, weil das leidige Thema Saisonarbeitskräfte durchschlug. Die vom Feld geflohenen deutschen Arbeitskräfte ließen die Ernte im Boden. Hessens Landwirtschaftsminister Wilhelm Dietzel zeigte sich bei seinem Besuch des Spargelhofes Krug vergangene Woche optimistisch, dass es in diesem Jahr besser wird: „Mit der neuen Regelung zur Zulassung von Saisonarbeitskräften aus Mittel- und Osteuropa können diese flexibler eingesetzt werden.“
Die Spargelbauern von den hessischen 1.900 ha Fläche brauchen zuverlässige Erntehelfer – und nicht nur für die Spargelsaison. Dietzel wies darauf hin, dass das auch für die spätere Erdbeerernte gilt.
Ende März hatten sich Bundesarbeitsminister Franz Müntefering und Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer darauf verständigt, dass es zwar grundsätzlich bei der Regelung bleibt, 20 Prozent der Erntehelfer über die Bundesagentur für Arbeit zu beziehen, dass jedoch „bei kurzfristigem Ausfall“ und aussichtslosem Bemühen doch noch einen deutschen Arbeitslosen zu finden, auf die ausländischen Erntehelfer zurückgegriffen werden darf. Damit gingen die beiden Ministerien auf die harte Kritik der Bauern und Verbände ein und gestehen je nach Arbeitsmarktlage auch von vornherein 90 oder 100 Prozent ausländische Erntehelfer zu.
Diese neue Regelung ist für Dietzel „ein großer Fortschritt gegenüber dem Vorjahr“. Durch ausgebliebene Ernten von Spargel, Erdbeeren und Weintrauben seien enormer zeitlicher und hoher Verwaltungsaufwand für die landwirtschaftlichen Betrieb mit Verlusten in Millionenhöhe entstanden. „Das darf in 2007 nicht noch einmal passieren“, sagte Dietzel und legt gleich wieder die Messlatte an die neue Regel. Er verspricht genau hinzusehen, ob die Arbeitsagenturen die neuen Anweisungen auch zum Besten der Betriebe umsetzen werden.

Rambo und Schneewittchen
Einen neuen Trend für 2007 hat die Centrale Marketing-Agentur der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) ausgemacht: Spargel Grün-Weiß. Hier trifft beispielsweise die besonders robuste weiße Spargelsorte Rambo auf die zarte, grüne Variante der Sorte Huchels Schneewittchen.
Damit beide zusammen auf dem Teller landen können wird der weiße Bleichspargel von Hand gestochen, bevor er aus der Erde bricht. Das Sonnenkind Grünspargel wächst hingegen oberirdisch und bildet das grüne Chlorophyll aus. Im Geschmack gibt sich Huchels Schneewittchen stellvertretend viel herzhafter und würziger als der bleiche Rambo. Bleichspargel ist feiner und milder.
Praktisch: Grüner Spargel muss – wenn überhaupt – lediglich im unteren Drittel geschält werden, Bleichspargel dagegen von Kopf bis Fuß. Unterschiede gibt es auch bei der Garzeit: Die weißen Stangen brauchen 15 bis 20 Minuten, den grünen Brüder reichen acht bis 15 Minuten. Für eine grün-weiße Spargelsinfonie mit Kartoffeln und edlem Schinken beide Sorten stets in getrennten Töpfen zubereiten, damit sie alle bissfest gegart werden können.
Die CMA offeriert das Spargel-Ragout Grün-Weiß (nicht nur für das Auge):
Spargel Ragout Grün-WeißZutaten für 4 Personen:
1 kg Spargel grün und weiß gemischt, 1 Zitrone, 1 TL Zucker, Salz, 1 EL Butter, 1 EL Mehl, 250 ml Gemüsebrühe oder Spargelwasser vom Kochen, 100 g Frischkäse, 1 TL süßer Senf, frischer Thymian, 8 Scheiben roher Schinken
Zubereitung:
Spargel schälen, in Stücke schneiden und in Salzwasser mit dem Zucker und etwas Zitronensaft gewürzt garen. Butter schmelzen lassen, Mehl darüber stäuben, verrühren und langsam mit dem Spargelwasser ablöschen. Frischkäse, Crème fraîche und Senf zufügen. Abschmecken und mit Thymian bestreuen. Spargel zugeben und mit dem rohen Schinken servieren. Tipp: Dazu passen Pellkartoffeln und Baguette.

Was Sie in diesem Jahr vermissen werden
In diesem Jahr wurden die deutschen Handelsklassen aufgehoben und durch die Vermarktungsnormen der EU ersetzt. Spargel wird demnach nach äußeren Qualitäten beurteilt und in drei Klassen eingeteilt:
Klasse Extra: Stangen müssen gut geformt und praktisch gerade sein, die Köpfe fest geschlossen; keine Verholzung und Schnittfläche möglichst rechtwinklig (für Präsentierzwecke können einem Bündel die äußeren Stangen abgerundet sein; nur leichte rosa Färbung, Durchmesser mindestens 12 mm für weißen und violetten Spargel.
Klasse I: Stangen dürfen leicht gebogen sein; beginnende Verholzung nur bei violettem und grünen Spargel am unteren Ende erlaubt; Mindestens 10 mm Durchmesser
Klasse II: Weniger gut geformt, Köpfe leicht geöffnet; Stangen dürfen leicht holzig sein, bei weißem Spargel dürfen auch die Köpfe grünlich verfärbt sein. Durchmesser mindestens acht Millimeter.
Die ausführlichen Beschreibungen finden Sie auf der Internetseite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung www.ble.de

VLE; Foto: roRo (Beelitzer Spargel unter Folien); Rezept mit Foto: CMA

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