Sturm im Brauseglas

Ernährung

Streit zwischen Bionade und Ökotest

Das Januar-Heft von Ökotest untersuchte Öko-Brausen, weil die Tester wissen wollten, welche Inhaltsstoffe die Limonaden ausmachen und haben verschiedene im Labor auf Aromastoffe, Schwermetalle und Zuckergehalt untersucht.
Öko-Brausen sind im Trend, seit dem aus einem kleinen Dorf in der Rhön nach langem Streben die Bionade den Siegeszug nicht nur durch die Ökokultur angetreten hat. In diesem Jahr soll der Sprung über den Atlantik gelingen.
Umso enttäuschter sind die Brausehersteller vom Testergebnis. Rund die Hälfte der Nachfolger-Limonaden schnitt mit „sehr gut“ und „gut“ ab, und ausgerechnet die Mutter aller Ökobrausen bekam ein „befriedigend“.

Strittige Zucker- und Nickelwerte
Geschäftsführer von Bionade, Peter Kowalsky, teilte in der vergangenen Woche per Presseinformation mit: „Der von Ökotest für Bionade Ingwer-Orange ermittelte Zuckergehalt von zirka 6 Stück Würfelzucker pro 0,33 l ist falsch, er resultiert nachweislich aus einer falschen Messung bzw. Messmethode.“ Tatsächlich seien es der Deklaration entsprechend nur 4,7 Stück Würfelzucker je 0,33 Liter, was einem Zuckergehalt von 43 Gramm je Liter entspricht. Ökotest kommt auf höhere Werte, weil die Tester auch die Maltose aus dem Gerstenmalz einberechnen. Peter Kowalsky hat gegen „die Veröffentlichung des falschen Zuckergehaltes“ eine einstweilige Verfügung erwirkt.

Bionade wird wie Bier auf der Basis von Malz und Wasser gebraut. Anstatt allerdings Hefe hinzuzugeben, kommen Mikroorganismen in den Bottich, die anstelle von Alkohol Gluconsäure entstehen lassen. Das ist neben den vielen neuen Geschmacksrichtungen die Innovation aus der Rhön gewesen.
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Hella Hansen, Autorin des Testes, nahm es relativ gelassen, denn auf telefonische Anfrage teilte sie am Freitag mit, dass die einstweilige Verfügung bereits vor der Veröffentlichung des Artikels ohne Kenntnis des Inhalts erwirkt wurde und damit unwirksam sei.
Brauerei und Tester sind sich auch uneins über die Bewertung gefundener Nickelmengen im Getränk. „Relativ hoch“ sagen die Tester, „im grünen Bereich“ sagen die Brauer.

Plausibilität und Quantität
Bei der Bewertung von Bleigehalten in einem Getränk eines anderen Herstellers heißt es: „Einen Grenzwert für Limonaden gibt es nicht. Deshalb haben wir zum Vergleich die Grenzwerte für Trink- und Mineralwasser herangezogen, die durchweg überschritten sind. Weil man Limonade aber normalerweise nicht wie Wasser trinkt, bewerten wir die Gehalte weniger streng als im Wasser – mit zwei Punktabzügen.“
Unbestritten klingt das plausibel. Doch hat das für Verbraucher nicht einen geringeren Charme als ein fester Grenzwert mit zwei Stellen hinter dem Komma? Da kann der Befund drüber oder drunter liegen – bei der Herleitung könnten andere Tester, Firmen oder Institutionen andere Plausibilitäten finden. Ein anderes Referenzsystem, andere Punktabzüge, eine andere Bewertung - andere Reaktionen der Verbraucher?
Das allerdings lässt Testautorin Hella Hansen nicht gelten. Die Tester müssen eine Entscheidung treffen, wenn es keine Grenzwerte gibt, sagt sie zu Herd-und-Hof.de. Es ist Aufgabe der Tester, Plausibilitäten heranzuziehen, die auf dem Erfahrungsschatz der vergangenen Tests beruhen und sinnvoll in der Aufgabe des vorbeugenden Verbraucherschutzes sind.

Lesestoff:
Zusammenfassungen des Tests finden Sie auf der Seite www.oekotest.de.
Die Brauerei in der Rhön finden Sie unter www.bionade.de

Roland Krieg

Nachtrag vom 16. Januar 2008: Ökotest teilt Herd-und-Hof.de mit, dass die Verhandlung über die einstweilige Verfügung von Bionade demnächst verhandelt wird.
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