Teller ergänzt Pyramide
Ernährung
Vereinfachte Botschaft für gesundes Essen in den USA
Michelle Obama, die First Lady der USA, hat bereits kurz nach der Wahl ihres Mannes zum Präsidenten das Thema „Ernährung“ zur Chefsache gemacht. Für viele Amerikaner ist das noch immer ein Buch mit sieben Siegeln und es scheint, als ob jahrelange Bemühungen der Ernährungsaufklärung spurlos an den Menschen vorbeigegangen sind. Zusammen mit dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium hat Obama beschlossen, die Botschaft für eine ausgewogene Zusammensetzung der Mahlzeiten noch weiter zu vereinfachen.
Von der Pyramide zum Teller
Bisher arbeiteten Ernährungsexperten und Diätberater
ausschließlich mit der Ernährungspyramide, die unter der Bezeichnung „My
Pyramid“ als Basis für die Empfehlungen zur gesunden Ernährung herausgegeben
wurde. Zwar bleibt die Pyramide zur Gestaltung von Beratungen und
Unterrichtseinheiten bestehen, doch nun wird sie - für die Allgemeinheit
bestimmt - ergänzt durch die Tellerdarstellung „My Plate“. Am 2. Juni 2011
wurde diese Darstellung der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Teller beinhaltet
vier farbig getrennte Felder als vereinfachte Darstellung der verschiedenen
Lebensmittelgruppen Früchte, Getreide, Proteine und Gemüse. Als Zusatzportion -
ein angedeutetes Trinkgefäß - ergänzen Milchprodukte die Tellerdarstellung. „Als
Mutter kann ich Ihnen versichern, wie stark dies allen Eltern in unserem Land
helfen wird. Wir sind keine Ernährungsexperten, aber wir haben die Zeit, auf
die Teller unserer Kinder zu schauen“, so die First Lady.
Die neue amerikanische Ergänzungsdarstellung „My Plate“
greift die Idee der Mengenrelationen auf. Im Gegensatz zur deutschen
aid-Ernährungspyramide beinhaltete das amerikanische Pendant der „My Pyramid“
bisher keine Mengenangaben. So soll die Hälfte des Tellers Früchte oder Gemüse
enthalten. Die andere Hälfte teilen sich Getreide und Proteine - wobei das
Getreidefeld größer ist als das als „Protein“ bezeichnete Feld. Gerade bei
letzterem wird die Diskrepanz deutlich zwischen offensichtlich vorausgesetztem
Ernährungswissen und dem Wunsch nach Vereinfachung: Nirgendwo findet sich ein
Hinweis, welche Lebensmittel besonders proteinreich sind. Entlang der Logik der
Lebensmittelgruppen müssten im „Protein“-Feld beispielsweise Fleisch, Fisch und
Hülsenfrüchte genannt werden.
Proteinverständnis
Doch es bleibt dem Verbraucher selbst überlassen, was
er unter dem Begriff „Protein“ versteht. Sonderbar mutet auch der ergänzende
Kommentar an. In Form eines Slogans „go lean with protein“ suggeriert dieser,
dass der Verzehr von Proteinen einen unmittelbaren Gewichtsverlust verspricht: „Werde
schlank mit Proteinen!“ Stellt man sich den übergewichtigen Familienvater am
Barbeque-Grill beim Wenden der viertelpfündigen Rib-Eye-Steaks vor, kommen
Zweifel auf, ob diese vereinfachte Botschaft auch von allen Verbrauchern
richtig interpretiert werden kann.
Die bei „My Plate“ ergänzenden Botschaften sind
allerdings auf wenige sehr praxisnahe Empfehlungen reduziert. Sie beginnen
damit, dass man zwar sein Essen genießen, aber insgesamt mengenmäßig weniger zu
sich nehmen sollte. Der Verbraucher sollte vor allem „oversized portions“
vermeiden. Dies ist vielleicht im Kern die wichtigste Vereinfachung und
erinnert an die frühere „FDH“-Losung („Friss die Hälfte“). Diese deutliche
Empfehlung basiert offenbar auf der Erkenntnis, dass übergewichtige Menschen
insgesamt zu viel essen und nicht unbedingt nur das Falsche.
Insgesamt kann die Tellerdarstellung möglicherweise
einen Zusatznutzen haben. Als ergänzende Darstellung ist sie vielseitig
einsetzbar. Die differenzierte Erläuterung einer abwechlungsreichen Mischkost
durch eine fachlich versierte Ernährungsberatung kann durch diese Darstellung
sicher nicht ersetzt werden.
Lesestoff:
www.choosemyplate.gov
Friederike Heidenhof, www.aid.de