Umgang mit Kreuzkontamination

Ernährung

Fresenius-Praktikertagung zu Kreuzkontamination

In den Industrienationen sind bereits zwei bis vier Prozent der Erwachsenen und vier bis acht Prozent der Kinder von Lebensmittelallergien betroffen. Die analytischen Methoden zur Erkennung von Allergenen wurden bereits deutlich verbessert, doch fehlt es in vielen Bereichen noch an Standardisierungen und Regelungen. Zu den Themen, die bislang für Hersteller noch viele Fragen aufwerfen, gehört dabei auch der Umgang mit Kreuzkontaminationen, die für den Verbraucher ein großes Risiko bergen. Informationen rund um dieses Thema und andere aktuelle Fragestellungen aus der Lebensmitteluntersuchung und -überwachung diskutierte die dritte Praktikertagung „Analytik & QS“ der Akademie Fresenius am 16. und 17. Oktober 2013 in Köln.

Kreuzkontamination

Unter einer Kreuzkontamination werde der unbeabsichtigte Eintrag von Allergenspuren in ein Lebensmittel bezeichnet, erklärte Dr. Ulrich Busch (Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit LGL) auf der Fachtagung. Problematisch seien diese insbesondere in Hinblick auf die Allergenkennzeichnung von Produkten. Grundsätzlich dürfen allergieauslösende Produkte vom Hersteller vertrieben werden, sofern diese für den durchschnittlichen Verbraucher unschädlich sind. Jedoch ist darauf zu achten, dass entsprechende Produkte so gekennzeichnet sind, dass die Verbraucher die allergieauslösenden Stoffe einfach und schnell erkennen können. Da unbeabsichtigte Einträge in Lebensmittel nicht unter den Anwendungsbereich der LMKV (Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung) fallen, sei eine Kennzeichnung von Kreuzkontaminationen bislang offiziell nicht vorgeschrieben, erklärte Busch. Trotzdem würden viele Hersteller um sich selbst abzusichern eine freiwillige Kennzeichnung mittels Warnhinweisen praktizieren, die dazu führe, dass die Lebensmittelüberwachung mit einer Vielzahl von Werbeaussagen und Hinweisen für Allergiker konfrontiert sei. Busch gab zu bedenken, dass die vorsorgliche Anwendung der Warnhinweise schon deswegen problematisch sei, da sie die Auswahl an Lebensmitteln für Allergiker oft unnötig einschränke. In diesem Zusammenhang kam Busch auf das Thema der Schwellenwerte zu sprechen. Bei deren Ermittlung werde vom jeweiligen medizinischen Schwellenwert ausgegangen, also von der Menge eines bestimmten Lebensmittels, die bei Allergikern üblicherweise zu Reaktionen führt. Schwierig daran sei, dass allergische Reaktionen zwischen Individuen stark variierten und Allergiker zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich stark auf dieselbe Menge eines Allergens reagieren könnten.

Kennzeichnungsarten von Kreuzkontaminationen

Hersteller, die sich trotz fehlender Notwendigkeit für die Kennzeichnung möglicher kontaminationsbedingter Allergene entscheiden, müssten auf eine angemessene Form der Deklaration achten, die bei den Verbrauchern keine Verwirrung hervorrufe, so Busch weiter. So seien Angaben über das mögliche Vorhandensein von Allergenen (kann Spuren von enthalten) nur dann akzeptabel, wenn sie auf herstellerrelevante Allergene beschränkt seien und wenn angemessene Maßnahmen zur Vermeidung von Kontaminationen getroffen wurden. Angaben über das Nichtvorhandensein von Allergenen seien nur dann in Ordnung, wenn es sich nicht um eine „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ handele. Als Beispiel nannte Busch die Kennzeichnung von Käse als glutenfrei. Man könne davon ausgehen, dass dieser immer glutenfrei sei, so der Experte. Darüber hinaus seien unbestimmte Angaben über das mögliche Vorhandensein von Allergen-Kontaminationen als irreführend zu beurteilen. Demnach würden Hinweise wie „kann Spuren von Allergenen enthalten“, „Im Betrieb werden auch oben genannte Stoffe verarbeitet“ oder „Kreuzkontaminationen bei einzelnen Zutaten sowie technologisch unvermeidbare Spuren der oben genannten Stoffe können trotz großer Sorgfalt nicht ausgeschlossen werden“ als irreführend gelten.

Maßnahmen zur Risikominimierung

Obwohl es praktisch unmöglich sei, das Vorhandensein von Allergenen gänzlich auszuschließen, gebe es eine Reihe von Möglichkeiten, um das Risiko ihres Auftretens minimieren zu können, erörterte Dirk Nikoleiski (Mondelez). So könne man die Verwendung allergenhaltiger Materialien am Produktionsstandort von vornherein vermeiden und Maßnahmen auf Basis von HACCP und GMP (Good Manufacturing Practice) durchführen, um eine Aufteilung in allergene und nicht-allergene Zonen im Betrieb zu erreichen. Kreuzkontaminationen seien ein Risiko, das insbesondere bei Produktumstellungen auftauche, sodass validierte Prozeduren zu deren Vermeidung eingesetzt werden sollten. Eine Voraussetzung dafür sei ein gutes Hygienic Design, das die Reinigbarkeit der Anlagen und des Prozessumfeldes sicherstelle, sowie geschultes Personal, welches das notwendige Expertenwissen mitbringe. Vor einer Validierung müsse man sich fragen, um welches Allergen es genau gehe, welche physikalischen Eigenschaften dieses besitze und in welchen Mengen dieses vorliege, zählte Nikoleiski auf. Beim Vorliegen mehrerer Allergene sei zu klären, welches das Protein mit der höchsten Konzentration und welches am schwierigsten zu entfernen sei. Der Experte riet dazu, besonderes Augenmerkt auf die Validierung der eingesetzten Analysemethoden zu legen. Die Probenahme auf Basis einer Risikobetrachtung sei so auszulegen, dass die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ergebnisses maximiert werde. Sollte das Risiko einer Kreuzkontamination in letzter Konsequenz als „nicht beherrschbar“ eingestuft werden, müssten die Produkte mit entsprechenden Warnhinweisen ausgestattet werden. In jedem Fall sei eine Spurenkennzeichnung jedoch kein Ersatz für Kontrollmaßnahmen, verdeutlichte Nikoleiski.

Pferdefleischskandale schnell gelöst

Neben der Angst vor allergieauslösenden Stoffen treibt viele Verbraucher auch die Sorge um die generelle Sicherheit ihrer Lebensmittel um. Die Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass diese Sorge nicht ganz unbegründet ist. Dr. Martin Mehl (R-Biopharm) äußerte sich auf der Tagung zum jüngsten Großskandal. Anfang 2013 erschütterte die Falschdeklaration von mehreren Fertigprodukten (unter anderem Lasagne) die Öffentlichkeit. Das angeblich enthaltene Rindfleisch stellte sich in verschiedenen Produktproben als Pferdefleisch heraus, welches vorwiegend aus Rumänien und Polen zugeliefert worden war. Aufgrund des großen medialen Drucks habe die Branche sehr schnell auf die Funde reagiert und entsprechende Maßnahmen zur Untersuchung des Sachverhalts eingeleitet, erklärte Mehl einleitend. Zur Bestimmung der in den Produkten enthaltenen Tierart seien DNA-Analysen durchgeführt worden, die sich als „erste Methode der Wahl“ herauskristallisiert hätten und die damit als neuer Standard anzusehen seien, so Mehl. Im Endergebnis habe man festgestellt, dass zwar eine Täuschung der Verbraucher vorgelegen habe, jedoch keine Gefährdung dieser bestand. Zwar sei Pferdefleisch hierzulande eine mittlerweile unübliche Lebensmittelzutat, doch sei ihre Verwendung keinesfalls illegal und auch eine Gefahr durch Phenylbutazon konnte ausgeschlossen werden, erklärte der Experte. Trotzdem bestehe eine allgemeine Kennzeichnungspflicht, die in den öffentlich gewordenen Fällen eindeutig verletzt worden sei. Die Transparenz innerhalb der Lebensmittelbranche sei mittlerweile verbessert worden, doch müsse man auch für die Zukunft mit weiteren Skandalen dieser Art rechnen. Derzeit liege der Fokus insbesondere auf der Identifizierung von Schweinefleisch sowie im Nachweis von einzelnen Fischarten, da es eine hohe Rate an Fehldeklarierungen in diesem Bereich gebe. So könnte beispielsweise häufig Dorsch, Seelachs, Alaska Seelachs oder Schellfisch falsch gekennzeichnet sein, führte Mehl an.

Lesestoff:

Die vollständigen Tagungsunterlagen können Sie über www.akademie-fresenius.de erwerben.

Annika Koterba (Fresenius)

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