Uran: Wiso wärmt auf
Ernährung
Wirtschaftsdünger haben Vorteile beim Uran-Gehalt
Am Montag hat das ZDF-Magazin Wiso mit der Meldung aufgeschreckt, dass Mineraldünger Uran in den Boden bringen, das über das Trinkwasser den Weg in die Küche findet. Das Magazin hielt aktuelle Urangehalte von untersuchten Garten- und landwirtschaftlichen Düngern bereit – die Fragen und Lösungen jedoch sind älter.
Aufbereitung Rohphosphate
Mineralische Dünger werden durch verschiedene
Aufschlussverfahren aus Rohphosphaten hergestellt, die aus fossilen und
magmatischen Lagerstätten gewonnen werden. Daher sind Begleitelemente
vorhanden, wie Uran. Die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL - heute
Johann Heinrich Thünen-Institut, vTI) hatte im Jahr 2005 bereits festgestellt,
das Uran eine hohe Affinität zu Phosphor aufweist und daher in hohen Mengen in
mineralischem Phosphat-Dünger vorkommen kann.
Einfache Phosphat-Dünger können nach Analysen zwischen
13 und 75 Milligramm Uran je Kilogramm Dünger enthalten. Eine Aufbereitung zu
Super- oder Triple-Superphosphat kann den Uran-Gehalt auf 85 bis 191 Milligramm
erhöhen. Auch Mehrnährstoffdünger sind nicht frei von Uran.
Bei einer Phosphor-Düngung von üblicherweise 22
Kilogramm je Hektar landen zwischen 10 und 22 Gramm Uran je Hektar auf dem Acker,
dem kaum mehr als ein Gramm Entzug durch Pflanzenwachstum und Erosion sowie Auswaschung
entgegensteht. Eine Anreicherung von Uran im Ackerboden ist also nach Ansicht
der Wissenschaftler schon aus der Sicht von 2005 „unvermeidbar“ bei
mineralischer Düngung.
Dabei ist jedoch entscheidend woher das Rohphosphat
stammt. Das Phosphatgestein von der russischen Halbinsel Kola weist lediglich
2,8 ppm Uran auf, das aus vom Palabora Rock in Süd-Afrika nur neun ppm. Die sedimentären Lagerstätten in
Khourugba in Marokko oder der Western Region in den USA kommen schon auf 100
und 660 ppm Uran1).
Alte Forderungen
Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) hatte 2008 zusammen mit dem VSR-Gewässerschutz (Verein zum Schutz des Rheins und seiner Nebenflüsse) lokale natürliche Vorkommen von Uran nicht als Ausrede „für eine flächenhafte Belastung des Grundwassers mit Uran“ gelten lassen. Beide forderten eine gesetzliche Begrenzung von Uran in Düngemitteln. Angaben von Uran-Gehalten auf dem Düngersack, damit Gärtner und Bauern selbst berechnen könnten, wie viel Dünger sie ausbringen dürften, wurden als unpraktisch zurückgewiesen.
Eintrag aus deutschen Böden
Neben mineralischen Phosphat-Düngern stammt Uran in
Trink- und Mineralwässern jedoch auch aus eigenen geologischen Quellen. Ein
Studie von Friedhart Knolle vom Julius Kühn-Institut auf einer Konferenz für
Nachwuchswissenschaftler in Berlin im Jahr 2009 kam bei allen untersuchten
Mineralwässern mit einem Gehalt von mehr als zwei Mikrogramm Uran je Liter auf
geogene Ursachen. Die Wässer stammten alle aus „permotriassischen
Sedimentkomplexen“ wie beispielsweise dem Keuper in Norddeutschland, dem
Burgsandstein bei Bad Überkingen oder Nürtingen, Buntsandstein aus dem Fuldatal
oder dem Perm im Bereich Saale-Unstrut. Auch die Paragneise des Schwarzwaldes
finden sich in der Liste.
In den Leitungswässern zeigte sich ein leicht anderes
Bild. Knolle leitet das aus relativ hohen Bor-Gehalten ab, ein Element, das wie
Uran sehr mobil ist. Sein Fazit: „Es ist aus hydrogeologischer Sicht nur eine
Frage der Zeit, bis der Grundwasserkreislauf für die düngergebürtigen Einträge
geschlossen ist.“
Keine Werte für Düngemittel
Im Sommer 2011 hat die Bundesregierung zwar auf Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen über die Uranbelastung durch Düngemittel die rechnerische Akkumulation von Uran im Boden bestätigt, verweist aber auch auf andere Untersuchungen, die im Dauerversuch mit Werten zwischen 0,13 und 0,20 mg Uran je Kilogramm Boden um ein bis zwei Drittel unter den Werten der FAL liegen. Dem Bundeslandwirtschaftsministerium fehlt noch eine eindeutige Differenzierung zwischen geogenen und anthropogenen Uraneinträgen im Boden. Daher gebe es keine wissenschaftliche „Basis für eine Ableitung von Kennzeichnungsschwellen oder Grenzwerten für Uran in Düngemitteln“, heißt es. Die Hersteller hätten Möglichkeiten bei der Herstellung von Phosphatdüngern das Uran zu minimieren und könnten auf Lagerstätten mit geringeren Gehalten zurückgreifen.
Organische Dünger
Die FAL hatte schon auf organische Düngemittel als
Alternativen verwiesen. Klärschlämme weisen nur vier bis 32 mg Uran je
Kilogramm Dünger auf. Wirtschaftsdünger, die ebenfalls reich an Phosphat sind
weisen ebenfalls nur geringe, zum Teil weit unter zwei Milligramm Uran je
Kilogramm auf. Als Wirtschaftsdünger gelten Mist, Gülle und Jauche, Hühnerkot,
aber auch Kartoffelschlempe, Silagesickersaft, Grünschnittkompost, Biokompost,
Klärschlamm und Champignonerde. Fazit der FAL: „Vor diesem Hintergrund hat die
Phosphor-Düngung mit Wirtschaftsdüngern also deutliche Vorzüge gegenüber einer
Zufuhr von Phosphor mit Mineraldüngern.“
Aber auch das Recycling von Phosphor, das ebenfalls
nicht unendlich zur Verfügung steht, gewinnt an Bedeutung. Die Bundesregierung
weist darauf hin dass die zu erwartenden Kosten für eine Uranabreicherung im
Herstellungsprozess von Düngern den Recyclingverfahren einen ökonomischen
Vorteil bringen werde.
Lesestoff:
1)Al-Shawi, A.W., Dahl, R. (1995): Determination of Thorium and Uranium in Nitrophosphate Fertilizer. Solution by Ion Chromatography. Journal of Chromatography A 706(1-2): 175-181
Seit dem 01. November 2011
gelten in Deutschland Grenzwerte für Uran im Trinkwasser
Großtechnische
Rückgewinnung von Phosphat
Roland Krieg