Verstand statt Diät

Ernährung

Welche Chancen gegen Übergewicht?

>Wenn bereits das National Geographic in seiner Augustausgabe einen detaillierten Bericht bringt, dann liegt wirklich ein Problem vor. Es gibt auf diesem Planeten mittlerweile genauso viele übergewichtige wie untergewichtige Menschen. Drastisch wird geschildert, dass nicht nur in den USA, sondern auch bereits 1000 mal in Deutschland Magen-Bypasse und Silikonbänder zum Abschnüren des Magens operiert werden. Das Magenvolumen verringert sich dadurch von den Ausmaßen einer Weinflasche zur Größe eines Likörglases. In 15 Prozent der Fälle bleibt die Operation erfolglos, weil die Patienten anschließend nicht mehr viel, aber ständig naschen. Jeder 1000ste stirbt an Blutgerinnseln, Lungenentzündungen und Infektionen. Es sind nicht nur die USA und Deutschland. In Kenia, Tansania, Kamerun und Niger sind 10 Prozent der Bevölkerung fettleibig. Diätbücher werden zu Kassenschlagern, auch wenn sie äußerst umstritten sind, wie zuletzt die beliebte Atkins-Diät. Fettabsaugungen, von denen in Deutschland jährlich rund 30.000 durchgeführt werden, kosten je nach Klinik 700 bis 5.500 Euro. Das Fett anderer versorgt auch geschäftstüchtige Gesundheitsvertreter.

Und es bringt nicht sehr viel. Eine britische Studie des New England Journal of Medicine zeigte, dass eine Atkins-Diät sehr viel Gewicht reduziert, den Cholesterinspiegel nahezu unverändert lässt und die Patienten nach 6 Monaten wieder kräftig zulegen.
Das, was sich in den letzten Jahren verändert hat, ist eine schleichende Berieselung durch Werbung und "Gesundmachern", denen nur allzu gerne nachgelaufen wird. Deutsche und Amerikaner unterscheiden sich im Wesentlichen nur in zwei Punkten: Statt 91 g Zucker nehmen US-Bürger 214 g Zucker pro Tag zu sich und statt 1,6 kg Nahrung verspeisen sie 2,2 kg pro Tag. Wer ständig zu viel isst, kann nicht abnehmen. 1954 war der Hamburger bei Burger King 79 g schwer. Heute wiegt er 122 g und hat 50 Prozent mehr Kalorien. 1916 gab es Cola in den kleinen 0,2 Liter-Flaschen. Heute werden Jumbogrößen angeboten. Die Hälfte des täglichen Kalorienbedarfs wird meist bereits durch eine Pizza zum Mittagessen oder mit gebackenem Camembert auf Weißbrot zum Abendessen zu sich genommen. Die als gesund beworbenen so genannten "Frühstückscerealien" sind oft in Schokolade und Zucker gehüllte Weißmehlprodukte - arm an Ballaststoffen und Nährwert. Das Gefühl für Nahrungsmittel und Bedarf ist verloren gegangen.

Das tödliche Quartett
Übergewicht, Diabetes, erhöhter Blutdruck und Blutfettwerte: Das metabolische Syndrom, oder auch Syndrom X, beschreibt ein kompliziertes Krankheitsbild. Fehlernährung, Bewegungsmangel, übermäßiger Konsum, sowie Stress können Störungen aus diesem tödlichen Quartett zum Vorschein bringen. "Reparaturen" der Körperform gehen nicht von heute auf morgen und eine Ernährungsumstellung muss grundlegend und dauerhaft sein. Offensichtlich jedoch kann nicht mehr jeder einzelne dagegen wehren, zuerst Geld für unnötige Produkte und anschließend Geld für unnötige Kuren auszugeben. Geschichtsprofessor Paul Nolte von der International University in Bremen widerspricht daher dem totalitärem Pluralismus. Ob Übergewicht, Rauchen oder Alkohol: Es werden "finanzielle Ressourcen in ein Verhalten investiert, das die Grenzen dieser Verhältnisse eher verstärkt als durchbricht". Nolte befürwortet, dem guten alten lateinischen "principiis obsta" folgend, daher die "Null Toleranz" als Ansatzpunkt für bereits kleinen Regelverletzungen. Regelverletzungen können in diesem Sinne in dem geballten Marketing für Fast Food und Süßigkeiten oder auch in dem Verkauf von zuckerhaltiger Limonade in der Schule gesehen werden. 2001 wurde gemessen, dass ein amerikanisches Durchschnittskind jährlich rund 10.000 Werbespots aus dem Nahrungsmittelbereich sieht. Welche Chance hat die Mutter, dem Kind Gemüse aufzutischen? "Es ist, als versuchte man, einem Alkoholiker in einer Stadt zu helfen, in der es alle drei Meter eine Kneipe gibt. Schädliche Nahrungsmittel sind billig. Es wird stark für sie geworben und sie werden trickreich geschmacksoptimiert." Das Zitat stammt von Kelly Brownell, dem Leiter des Zentrum für Ess- und Gewichtsstörungen an der Yale Universität.

VLE

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