Vitamin C auf Abwegen
Ernährung
Reaktionswege beim Maillard-Abbau von Vitamin C
Vitamin C kommt in vielen Nahrungsmitteln vor, anderen wird es zur Verlängerung der Haltbarkeit zugesetzt. An Luft und bei Raumtemperatur ist es allerdings nicht stabil: Angeschnittenes Obst wird braun und der Geschmack von Lebensmitteln verändert sich. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellen deutsche Wissenschaftler jetzt eine systematische Studie der während des Vitamin-C-Abbaus stattfindenden Prozesse vor. Vitamin C, Ascorbinsäure, ist ein reduzierendes Kohlenhydrat und kann mit Aminosäuren, Peptiden und Proteinen reagieren. Solche Reaktionen zwischen Kohlenhydraten (Zuckern) und Eiweiß gehören zur Klasse der so genannten „Maillard-Reaktionen“, benannt nach ihrem Entdecker Louis Camille Maillard. Maillard-Reaktionen sind allgegenwärtig: Sie machen z.B. unseren Toast knusprig, sorgen für den typischen Bratenduft beim Anbraten von Fleisch und verleihen Kaffeebohnen beim Rösten ihr Aroma. Maillard-Reaktionen von Vitamin C sind allerdings weniger erfreulich. So sind sie am Braunwerden von angeschnittenem Obst beteiligt und können geschmackliche Veränderungen von Lebensmitteln auslösen. Zudem könnte der Maillard-Abbau von Vitamin C im Organismus an der Trübung der Augenlinse und am altersbedingten Elastizitätsverlust von Haut und Sehnen beteiligt sein.
Aufklärung Abbauprozess
Wie der Abbau von Vitamin C abläuft, ist bisher nicht
wirklich verstanden. Marcus A. Glomb und Mareen Smuda von der Universität
Halle-Wittenberg haben den durch Amine katalysierten Abbau von Vitamin C nun
umfassend in einem Modellsystem untersucht. Anhand von Vitamin C-Molekülen, die
an verschiedenen Stellen mit Kohlenstoff-13-isotopen markiert waren, konnten
sie die entstehenden Maillard-Reaktionsprodukte zu ihren ursprünglichen
Positionen in der Vitamin C-Struktur zurückverfolgen. Außerdem führten sie
Experimente unter einer Atmosphäre mit 18O2-Sauerstoffisotopen durch und
quantifizierten alle wichtigen Fragmentierungsprodukte. So gelang es ihnen,
etwa 75 % der Maillard-induzierten Zersetzung von Vitamin C aufzuklären, die zu
Carbonyl- und Dicarbonylverbindungen, Carbonsäuren und Amid-Endprodukten
führen.
Unter anderem haben die Forscher dabei N6-Xylonyl-Lysin,
N6-Lyxonyl-Lysin und N6-Threonyl-Lysin als einzigartige charakteristische
Endprodukte von Vitamin C-Maillard-Systemen identifiziert. Anhand dieser
Verbindungen lassen sich zukünftig Vitamin-C-vermittelte
Maillard-Reaktionsprodukte von solchen unterscheiden, die sich von anderen
reduzierenden Kohlenhydraten, wie Glucose, ableiten.
Die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Modellsystem
helfen, die Veränderungen besser zu verstehen, die während der Lagerung und
Verarbeitung Vitamin-C-haltiger Lebensmittel stattfinden – auch wenn die
Reaktionswege in realen Systemen natürlich wesentlich komplexer sind. Zudem
wurde ein Grundstein für das Verständnis der negativen Auswirkungen des
Vitamin-C-Abbaus im Organismus gelegt.
Lesestoff:
Glomb, A. et al: Maillard Degradation Pathways of Vitamin C, Angewandte Chemie, 28. Mar 2013 DOI:10.1002/ange.201300399
Dr. Renate Hoer (Gesellschaft Deutscher Chemiker)