Waschen, Schleudern, Schneiden mit High Tech
Ernährung
Mit High Tech gegen Mikroben
Salate und Kräuter wachsen besonders bodennah. Durch organische Düngung und Bewässerung mit Oberflächenwasser können sich im Verlauf der Vegetation bis zu 107 koloniebildende Einheiten (KbE) Mikroben pro Gramm ansammeln. Keime mit toxinbildenden Eigenschaften wie EHEC haben 2011 in Deutschland mehr als 50 Tote verursacht. Hygiene ist daher eines der zentralen Herausforderungen in der privaten Küche und verarbeitenden Lebensmittelindustrie. Auch in der modernen Welt, deren Errungenschaften zu erlernter Sorglosigkeit verführen kann.
Fertigsalate
In Deutschland nimmt die Zahl der Ein-Personen-Haushalte zu. Im Trend liegt auch der Konsum von frischen Salaten, auf den sich die Firmen mit Fertigsalaten eingestellt haben. In Europa liegt die Wachstumsrate dieses Marktsegmentes zwischen zehn und 20 Prozent im Jahr. Zuletzt hat die Stiftung Warentest aber die Zahl der Keime auf den frischen Blättern bemängelt [1].
Herausforderung Frischware
Die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie
empfiehlt, dass am Ende der Haltbarkeitsdauer der Fertigsalate nicht mehr als 5
Mal 107 KbE pro Gramm an aeroben, mesophilen Keimen vorhanden sein
sollten.
Fertigsalate sind nach der Ernte noch immer lebendes
und atmendes Gewebe, das wie Äpfel seinem unweigerlichem Ende entgegen strebt.
Es sei denn, der Industrie gelingt die Aufrechterhaltung der Frische bis zum
Verzehr. Für den, der die Salate noch knackig auf dem Teller genießen will,
verbieten sich thermische Verfahren der Keimabtötung, wie es beispielsweise bei
der Milch durch das Pasteurisieren erreicht wird. Daher sind neue Methoden bei
den Prozessschritten für Fertigsalate gefragt: High Tech für Putzen, Schälen,
Schneiden, Waschen, Schleudern und Verpacken.
Neue Forschung aus Hohenheim
Unter der Koordinierung des Forschungskreises der
Ernährungsindustrie (FEI) widmen sich seit 2012 die beiden Forschungsgruppen
Lebensmittelmikrobiologie und Lebensmittel pflanzlicher Herkunft des
Hohenheimer Instituts für Lebensmittelwissenschaften und Biotechnologie neuen
innovativen Verfahren der „Optimierung der mikrobiologischen Qualität und der
physiologischen Eigenschaften von verzehrfertigen Blattsalaten und Kräutern“.
So können die beim üblichen Schnitt mit Messern
auftretenden Cross-Kontaminationen durch moderne Verfahren, wie das
Wasserstrahlschneiden, vermieden werden. Dies lässt auch eine Einsparung von
Waschwasser, eine Reduktion von bräunlichen Schnittstellen sowie verbesserte
sensorische Eigenschaften erwarten. Auch die antimikrobielle Wirkung von
natürlichen Extrakten – wie aus Grüntee – in Kombination mit Warmwasser
untersuchen die Wissenschaftler. Ebenfalls wird kurzwellige UV-C-Strahlung zur
Produkt- und Waschwasser-Entkeimung eingesetzt; ein besonderer Vorteil der
UV-C-Entkeimung ist, dass keine Rückstände wie beim Einsatz von chemischen
Desinfektionsmitteln zu erwarten sind.
Wirtschaftliche Bedeutung
Seitens der Wirtschaft sind der Verband der Hersteller
kulinarischer Lebensmittel und der Bundesverband der obst-, gemüse und
kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK) beteiligt. Vielen praktizierten
Prozessen liegen eher Erfahrungswerte als wissenschaftsfundierte Empfehlungen
vor. Das soll sich nach Abschluss des Projektes 2015 ändern. EHEC hat der
Industrie einen Schaden von rund 65 Millionen Euro allein in Deutschland
verursacht. Die neuen Erkenntnisse sind daher auch als Teil zur Rückgewinnung
des Verbrauchervertrauens zu bewerten.
Übrigens: Die Ergebnisse der Stiftung Warentest haben
auch gezeigt: Die Aufrechterhaltung der Kühlkette nach dem Einkauf hält die
normale Keimbelastung klein. Da liegt die Verantwortung bei den Verbrauchern.
Lesestoff:
Forschungsprojekt des Monats www.fei-bonn.de
[1] Warentest prüft Fertigsalate
Roland Krieg; Foto: Daniela Kinkel (FEI)