Weltagrarpolitik „Binnen und Buten“

Ernährung

GFFA sagt „Ja“ zur Tierhaltung

Am Samstag trennte lediglich die Außenmauer des Wirtschaftsministeriums 69 Agrarminister aus aller Welt von der Gegendemonstration zur Grünen Woche für eine Agrarwende, die über die Berliner Invalidenstraße zog.

Draußen (buten, wie die Niedersachsen sagen) wurde bei nahezu frühlingshaftem Wetter gegen das immer größer werdende Agrargewerbe getrommelt und für eine bäuerliche Landwirtschaft geworben und drinnen (binnen) im Kongresssaal wurde die Bedeutung der Tierhaltung für die Ärmsten der Armen unterstrichen.

Ja, zur Tierhaltung

Das zehnte Global Forum für Food and Agriculture (GFFA) tagte in diesem Jahr zum Schwerpunktthema Tierhaltung, die auf der Straße zum Teil generell abgelehnt wird, einige nur neu ausrichten wollen und eigentlich den Fokus auf die kleinen bäuerlichen Strukturen legen. Dass Tierhaltung und Kleinbauern weltweit eng miteinander verzahnt sind, erklärte Generaldirektor José Graziano da Silva von der FAO. Die Hälfte der Armen in den Entwicklungsländern lebt von der Tierhaltung. Pastoralisten von Rindern und kleinen Wiederkäuern, Fischern von den Fischressourcen in Küstengewässern und Teichen und Selbstversorger von kleineren Nutztieren wie einzelnen Schweinen und wenigen Hühnern. Im Jahr 2030 müssen sich zehn Milliarden Menschen ernähren. Damit steigt auch der Proteinbedarf.

Graziano da Silva

Quantitativ und qualitativ wird ein Teil davon über tierisches Protein mit wichtigen Mineralstoffen gedeckt werden müssen. Speziell junge Menschen und ältere sind auf nährstoffdichte Nahrung angewiesen, um den versteckten Hunger mit einem Mangel an Nährstoffen zu verhindern. Graziano da Silva wies auf die Ungleichverteilung hin. Es gibt Länder mit weniger als zehn Kilo Fleischverzehr pro Jahr und Kopf – und es gibt Länder mit 100 kg Fleischverzehr pro Jahr und Kopf.

Das Abschluss-Kommuniqué ist ein deutliches Bekenntnis zur Tierhaltung. Die Kuh ist für da Silva nicht das Problem. Das Problem der Emissionen und nicht nachhaltigen Fütterung sei die Produktionsumgebung. Pastoralisten vergrößern die Nicht-Nachhaltigkeit und Emissionen durch Überweidung. Doch selbst sie können mit Hilfe moderner Technik wie digitaler Wettervorhersage und neuen trockentoleranten Gräsern die Ressourcenoptimierung vorantreiben. Sonst verlieren sie zuerst ihre Herden, dann ihr Einkommen und werden zur Migration gezwungen.

Monique Eloit

Gemeinsames Problem

Was den Pastoralisten regional belastet, bedroht die gesamte Weltgemeinschaft: Der Klimawandel verbreitet Krankheitserreger bei Tier und Mensch. 20 Prozent aller weltweiten Schlachtungen werden bei den Armen der Welt durchgeführt, führt Generaldirektorin Monique Eloit von der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) an. Davor müssen die Tiere behandelt werden, Zoonosen, Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen können, müssen eingedämmt werden und Tierarzneien finden sich als Rückstände nicht nur im Fleisch, sondern in der Umwelt. Die ausufernde Verwendung von Antibiotika führt auch bei Menschen zu unerwünschten Resistenzen. Daher sind Tierschutz, saubere Produktionsbedingungen und Gesundheit für die Menschen ein untrennbares Thema der zwischen Tierhaltung und menschliche Ernährung weltweit im Norden und Süden. Die OIE will künftig enger mit der FAO und der Weltgesundheitsorganisation WHO zusammenarbeiten. Nur so kann das Nachhaltigkeitsziel 2 der Agenda 2030, den Hunger beenden, umgesetzt werden. Zudem habe das Thema eindeutig eine weibliche Note, denn Nutztierhaltung in den Armenregionen ist oft eine Aufgabe der Frauen.

Christian Schmidt

Meilenstein ohne Umsetzung?

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bezeichnete die Abschlusserklärung als „bedeutsamen Meilenstein für eine nachhaltige und leistungsfähige Tierhaltung“. Allerdings räumte er ein, dass das GFFA ein Kompetenz-Cluster ist und keine Entscheidungsebene. Doch daran müssen sich die Worte müssen lassen. Die WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires ging ohne Entscheidung zu Ende [1], die einst für den Süden ausgerufene Doha-Entwicklungsrunde ist von der politischen Bühne verschwunden und der einmal geforderte Süd-Süd-Handel zeigt mit beispielsweise Indien, China und Brasilien eher die Umsetzung von Partikularinteressen als von einer gemeinsamen Handels- und Agrarvision.

Phil Hogan

Minister Schmidt will das nicht gelten lassen, denn mit 69 Ländern, dem WTO-Vorsitz-Land Argentinien, vielen afrikanischen Ländern, den G7-Ländern und einem stellvertretenden WTO-General-Sekretär habe es Teilnehmer der Umsetzungsebene gegeben. Drei der vier Mercosur-Länder, Argentinien, Brasilien und Paraguay, mit denen das Freihandelsabkommen der EU kurz vor einem Abschluss steht, haben an der Konferenz teilgenommen. Sie können zusammen mit der EU noch kurzfristig zeigen, wie ein faires Handelsabkommen mit Berücksichtigung des Tierschutzes umgesetzt wird.

EU-Agrarkommissar Phil Hogan blickte auf das letzte GFFA-Treffen mit dem Thema Wasser zurück. Da habe die EU Initiativen heraus übernommen und in der Entwicklungspolitik umgesetzt.

Auch wenn in diplomatischen Kreisen zunächst nicht mehr möglich erscheint; Die Erklärung bezieht sich ausdrücklich auf die beiden Weltverträge, die immer mehr zur Richtschnur einer nationalen und internationalen Politik werden: Die Agenda 2030 und die Pariser Klimavereinbarungen.

Lesestoff:

[1] Weltwirtschaft 2018: https://herd-und-hof.de/handel-/weltwirtschaft-2018.html

Roland Krieg; Fotos: roRo

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