Weltwassertag

Ernährung

Wasserqualität und –menge sichern

1992 wurde der Weltwassertag von den Vereinten Nationen ausgerufen und 1993 erstmals begangen. Der 20. Gedenktag will die Öffentlichkeit auf die Probleme im Zusammenhang mit Menge und Qualität der Süßwasserressourcen aufmerksam machen. Grundsätzlich ist genug Trinkwasser für jeden Menschen auf der Welt vorhanden. Doch der Zugang zu der lebenswichtigen Ressource ist ungleich verteilt. Und dort, wo scheinbar genug Wasser verfügbar ist, wird die Qualität schlechter.

WaterChanges

In Frankfurt/M. hat heute der Dokumentarfilm WaterChanges von Gerardo Milsztein Premiere. Er führt die Zuschauer ins nordnamibische Cuvelai-Etosha-Becken. Hier lebt mehr als die Hälfte der namibischen Bevölkerung. Klimatische Extreme prägen diese Region: Auf trockene Winter folgen ausgeprägte Regenzeiten in den Sommermonaten, die regelmäßig zu Überschwemmungen führen. Je nach Intensität der Regen- und Trockenzeiten fallen die Ernten höchst unterschiedlich aus. Zudem ist das Grundwasser mancherorts zu salzhaltig, um es trinken zu können. Das Trink- und Brauchwasser stammt daher aus Wasserquellen in Angola und wird über Pipelines und Kanäle in das Cuvelai-Etosha-Becken geleitet. Vor Ort setzt das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt das Verbundprojektes CuveWaters um. Milsztein hat das Projekt vier Wochen lang begleitet und zeigt die Veränderungen in den Familien auf. Die Nahrungssicherheit hat zugenommen, Arbeitslosigkeit und Armut konnten verringert werden.

Bewässerung per online-Empfehlung

Die Landwirtschaft nutzt 70 Prozent des verfügbaren Wassers. Auch in Deutschland gewinnt in den letzten Jahren die Bewässerung an Bedeutung. Dabei geht es um einen effizienten Einsatz der wertvollen Ressource. Wissenschaftler der Hochschule Geisenheim arbeiten zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst an einer mobilen Bewässerungsempfehlung über eine Smartphone-App. Grundlage für die Empfehlung sind die Verdunstungsraten der Pflanzen, die der Wetterdienst zur Verfügung stellt. Das Projekt hat die deutschen Gemüsebauer im Visier, die künftig ihre Bewässerungssteuerung anwendungsfreundlicher und Ressourcen schonender umsetzen können. Das Projekt wird von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) koordiniert.
Genauso wie das Projekt für einen elektronischen Bodensensor. Anhand des Ausstoßes von Kohlendioxid ermittelt er den Wasserbedarf der Pflanzen und sendet die Daten per Funk an einen Rechner, der die Bewässerungsanlage regelt. Gedacht ist das Modell für den Obst- und Weinbau.
Nicht nur die Technik steht im Mittelpunkt. Das Projekt „Demonstrationsbetriebe Effizienzsteigerung der Bewässerungstechnik im Freilandgemüsebau“ der BLE sucht nach Best Practise-Beispielen in der Praxis und bindet die Ergebnisse in die Beratungspraxis ein.

Huminstoffe im Wasser

Seit Jahresbeginn untersuchen Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) im Harz, im Vogtland und in der Eifel ein globales Phänomen, das die Wasserwirtschaft beunruhigt: Die Menge an Huminstoffen nimmt in vielen Gewässern zu. Auch in Deutschland steigen seit etwa 15 Jahren in vielen Talsperren die Konzentrationen. Wieso das so ist, stellt Wasserwirtschaft und Forscher vor ein Rätsel. Huminstoffe sind an sich ungiftige Abbauprodukte von Pflanzen, die aus dem Einzugsgebiet in die Oberflächengewässer gelangen. Für die Trinkwasseraufbereitung sind sie jedoch problematisch. Huminstoffe sind Abbauprodukte abgestorbener Pflanzen, die durch Niederschlag und Grundwasser in die Oberflächengewässer gelangen. In gelöster Form gehören sie zur Gesamtheit des gelösten Kohlenstoffes (Dissolved Organic Carbon – DOC) im Wasser. Sie färben das Wasser braun und sind verhältnismäßig schwer abbaubar. Erreichen sie eine kritische Konzentration, können sie nicht mehr vollständig entfernt werden, da sie die Flockungsfiltration, einen wichtigen Schritt in der Trinkwasseraufbereitung, stören. Gelangen die Huminstoffe in höheren Konzentrationen in das Trinkwassersystem, können sich vielfältige Probleme ergeben. Während der Desinfektion mit Chlor entstehen dann sogenannte Desinfektionsnebenprodukte. Diese chlorierten Kohlenwasserstoffe gelten als gesundheitlich bedenklich. Außerdem steigt das Risiko einer Wiederverkeimung im Trinkwassernetz. Höhere Huminstoffgehalte erfordern somit eine intensivere und aufwendigere Trinkwasseraufbereitung, was mit höheren Kosten der Aufbereitung einhergeht. Bundesweit beziehen nur zehn Prozent der Bundesbürger ihr Trinkwasser aus Talsperren. Regional jedoch haben die Stauseen eine hohe Bedeutung. Chemnitz, Bonn, Erfurt, Wolfsburg oder Göttingen greifen auf Talsperrenwasser zurück.

Wasserchemiker bewahren das kostbare Gut

Die Wasserchemiker beschäftigen sich mit den Themen Wasseraufbereitung und Wasseranalytik. Auf ihrer Tagung im Mai stehen in Goslar steht auch der Gewässerschutz vor dem Hintergrund des Fracking und die Abwasserbehandlung auf der Tagesordnung. Zum Weltwassertag hat die Gesellschaft Deutscher Chemiker einige Forschungshöhepunkte zusammengestellt:
Am Institut für Instrumentelle Analytik der Universität Duisburg-Essen befasst sich Holger Lutze mit Sulfatradikalen als einer möglichen Alternative zur oxidativen Wasserbehandlung mit Hydroxylradikalen, die als hoch reaktive Spezies in erweiterten Oxidationsprozessen zur Beseitigung von Schadstoffen erzeugt werden. Sulfatradikale lassen sich durch Photolyse leicht aus Peroxodisulfat-Anionen gewinnen und könnten möglicherweise selektiver wirken. In seinem Beitrag diskutiert er den Einfluss von Chlorid auf sulfatradikal-basierte Prozesse.
Mit dem Verhalten von Titandioxid-Nanopartikeln bei der Trinkwasseraufbereitung befasst sich Dipl.-Ing. Martin Tröster. Sie finden Anwendung in verschiedenen Konsum- und Industrieprodukten, beispielsweise in Sonnencremes oder Pigmenten, und bei industriellen Prozessen, beispielsweise als Oxidationsmittel unter Ausnutzung ihrer photokatalytischen Eigenschaften. In die aquatische Umwelt können sie u.a. durch Ablaufwasser von Fassaden oder durch Einleitungen aus Kläranlagen eingetragen werden. Das Auftreten von nanopartikulärem Titandioxid, dessen Stabilität, Verhalten und Auswirkungen auf die aquatische Umwelt sind daher Gegenstand aktueller Forschung. Primäre Titandioxid-Partikel liegen typischerweise in einem Größenbereich von fünf bis 50 Nanometern vor. In wässrigen Suspensionen neigen die primären Partikel dazu, Aggregate zu bilden, die ein bis zwei Größenordnungen über denen der Primärpartikel liegen. Die Größe der Aggregate beeinflusst deren Entfernbarkeit aus wässrigen Systemen und hängt stark von Wassereigenschaften wie pH-Wert, Temperatur oder Salzgehalt ab. Aus dem Rohwasser für die Trinkwasserversorgung, also in einer geeigneten Stufe der Trinkwasseraufbereitung, müssen die metalloxidischen Nanopartikel entfernt werden, das gilt umso mehr, falls nanopartikuläres Titandioxid auch als Photokatalysator in der Wasseraufbereitung zum Einsatz kommen sollte. Ob die Verfahren der Mikro- und Ultrafitration die Nanopartikel ausreichend gut abscheiden und zurückhalten, wird u.a. am DVGW-Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe mit ausgeklügelten analytisch-chemischen Methoden untersucht.

Hydraulic Fracturing, kurz Fracking, stellt neue Herausforderungen an die wasserchemische Forschung dar. Bei diesem Prozess, der vor allem der Gewinnung von unkonventionellem Erdgas, beispielsweise in Schiefergesteinen, dient, ist eine Reihe von Chemikalien vonnöten, die über die Fracking-Flüssigkeiten in die Bohrlöcher injiziert werden. Ihr Anteil beträgt meist 0,1 bis 2 Prozent, kann aber auch deutlich darüber hinausgehen. Die Chemikalien können ins Grundwasser oder durch ungeeignete Aufbereitung und Entsorgung auch in Oberflächengewässer gelangen. Daher sind die verwendeten Additivtypen, wann sie während des Prozesses zu welchem Zweck und in welchen Mengen eingesetzt werden, Verbreitungspfade und das Risikopotenzial Ziel laufender Forschungsarbeiten, wie sie z.B. am Institut für Grundwasserökologie in Neuherberg, durchgeführt werden. Feldstudien in Kooperation mit der Duke University, North Carolina, sollen zu einer Risikoabschätzung von Grundwasserkontaminationen durch Methan und mit Fracking assoziierten flüchtigen organische Substanzen beitragen. In Laborexperimenten soll das Verhalten ausgewählter organischer Substanzen unter hohem Druck in Gegenwart von gasführendem Gestein analysiert werden. Die Arbeitsgruppe aus Neuherberg plädiert dafür, die Forschungsaktivitäten in Deutschland im Zusammenhang mit Hydraulic Fracturing zu koordinieren und abzustimmen. Ein Schritt dazu wird die anstehende Gründung eines entsprechenden Arbeitskreises in der Wasserchemischen Gesellschaft sein, der in enger Kooperation mit der Fachgruppe Hydrogeologie in der Deutschen Geologischen Gesellschaft demnächst seine Arbeit aufnehmen soll und von Martin Elsner geleitet wird, der zu Fracking-Chemikalien auch in Goslar vorträgt.

Überregional denken

Prof. Dr. Uwe Grünewald von der TU Cottbus nimmt den Weltwassertag zum anlass die regionalen Betrachtungsweisen in der Wasserwirtschaft zu kritisieren: „Seit über 15 Jahren wird an solchen Themen, die jetzt durch die sichtbare Verockerung der Spree und der Spreewald-Südzuflüsse mediale Aufmerksamkeit erfahren haben, intensiv gearbeitet. Seit über 15 Jahren liegen zuhauf Gutachten in Behörden, Unternehmen und Politik vor. Es sollte jetzt an der Zeit sein, dass die betroffenen Länder Brandenburg und Sachsen – gegebenenfalls auch mit Berlin – einen länderübergreifenden Wasserwirtschaftsverband schaffen, wie es ihn andernorts schon seit über einem Jahrhundert als probates Mittel gibt, um die komplexen Fragen gemeinsam anzugehen“ Die derzeitigen Strukturen verhindern allerdings eine gemeinsame Regelung.
„Es sollte auch in den Flusseinzugsgebieten der Lausitz an der Zeit sein, mehr Demokratie und Transparenz zu wagen“, sagt Grünewald. „Auf diesem Wege könnte es endlich gelingen, die jüngst wieder deutlich gewordene übertriebene Interessenpolitik beziehungsweise Kirchturmpolitik entlang der Spree endlich zu überwinden. Eine weitere oder neue interministerielle Arbeitsgruppe oder ähnliches wird kaum der Problembewältigung dienen!“ Vielleicht mussten erst der Spreewald und seine Zuflüsse sichtbar betroffen sein, um endlich einzugsgebietsbezogenes und integratives Handeln zu ermöglichen, meint Grünewald. Vor rund 100 Jahren musste im Ruhrgebiet durch Seuchen und Epidemien der Leidensdruck so groß werden, dass erst daraufhin territoriales Denken aufgegeben und die Lösung der Wasserwirtschaftsprobleme im Maßstab von Flusseinzugsgebieten angegangen wurde.

Wasser ist endlich

Dr. Georgios Patsiaouras, Prof. für Marketing und Konsum an der Universität Leicester erklärt zum Weltwassertag 2012, dass die Sichtweise für ein unendliches Wasserangebot endgültig vorbei sei. Vor allem die Kommerzialisierung von Wasser in verschiedenen Ländern, der Bau von Staudämmen und der Austausch von Wasser durch den globalen Welthandel werden bei steigender Bevölkerung Wasser so kostbar machen wie Erdöl.
Regierungen haben die Wahl. Entweder sie lassen die gegenwärtige Politik weiter laufen und nehmen hin, dass bei steigender Ungleichverteilung immer mehr Arme weniger Zugang zu den Wasserressourcen haben, oder sie führen eine nachhaltige Wasserpolitik ein. Das bedeute, sie dürfen die Ressource Wasser nicht dem freien Markt überlassen und müssen es mit sozio-ökologischen Kriterien behaften.

Lesestoff:

www.worldwaterday.org

www.cuvewaters.net

www.ufz.de

www.gdch.de

Roland Krieg / Dr Renate Hoer (GDCh) / Kathrin Juntke (TU Cottbus) ; Fotos: UN Weltwassertag; CuveWaters; roRo

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