Weltwassertag
Ernährung
Denk mal über Wasser nach
Sechs Prozent der europäischen Süßwasservorräte lagern in der Schweiz, obwohl das Land lediglich den Flächenanteil von 0,4 behauptet. Die Schweizer haben rechnerisch pro Kopf1.431 mm Niederschlagpro Quadratmeter und Jahr. Fast doppelt so viel wie der europäische Durchschnitt. Das meiste Wasser wird für die Toilettenspülung verwandt. Von 142 Liter Wasser am Tag pro Person, fließen 41 Liter in die Kanalisation.
Die Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“ stellt diese Zahlen einem anderen Land gegenüber: Äthiopien. Dort haben vier von zehn Menschen überhaupt keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. Vielköpfige Familien müssen mit 20 Liter am Tag für Kochen, Waschen und Körperhygiene auskommen, teilt die Organisation zum heutigen Weltwassertag mit. Besonders schlimm ist die Situation in den Armenvierteln auch außerhalb Addis Abeba. So gehen viele Menschen in der 50.000 Einwohner-Stadt Shewarobit zum Verrichten ihrer Notdurft zum nah gelegenen Fluss. Dort waschen sie ihre Wäsche und baden Kinder.
Die Folgen für die öffentliche Gesundheit sind verheerend. „Zwei von drei Patienten müssen wir aufgrund von Krankheiten behandeln, die durch die schlimme Sanitärsituation und die fehlende Hygiene mit verursacht sind“, sagt Elfeneh Gebremichael, Beamter im städtischen Gesundheitszentrum. Weit verbreitet seien bakterielle und virale Infektionen, darunter viele Atemwegserkrankungen und Durchfälle. Letztere betreffen vor allem auch Kinder, die aufgrund ihres noch schwachen Immunsystems besonders anfällig sind. Durch häufige Erkrankungen drohen sie in ihrer Entwicklung zurückzubleiben und Schaden fürs Leben zu nehmen. Immerhin könne das Gesundheitszentrum Todesfälle unter den Kindern vermeiden, sagt Gebremichael, doch weltweit sterben jeden Tag laut den Vereinten Nationen 1.000 Kinder an Diarrhö unter ähnlichen Bedingungen wie in Shewarobit.
Die UN hat als Motto für den heutigen Weltwassertag „Wasser und Arbeitsplätze“ ausgerufen. Für jeden in Infrastruktur investierten Euro werden nach Schätzung der UN fünf weitere Euro investiert. Außerdem leidet das Land derzeit unter einer Dürre, wie es sei seit 30 Jahren nicht mehr gegeben hat. Die Dürre gilt als Folge des Wetterphänomens El Nino. Die Hilfsorganisation, einst von Karlheinz Böhm gegründet, baut in Subuli Bewässerungsgräben, die hundert Hektar Savanne wieder fruchtbar für den Maisanbau machen. Außerdem können die am Bau beteiligten Familien mit dem Lohn notwendiges Essen kaufen. Viele Viehherden einst wohlhabender Landwirte sind in der Dürre in wenigen Tagen verdurstet.
Staudamm-Moratorium auf dem Balkan
Zur Wasserversorgung bauen viele Länder Staudämme. Der BUND hat zusammen mit EuroNatur ein regionales Moratorium für Staudammprojekte gefordert. Die solle insbesondere für „kiesgeprägte Ströme“ gelten und dem Schutz von Auen und Naturrefugien dienen. Alleine auf dem Balkan sind derzeit 2.000 Staudämme geplant. „Wasserkraft gilt meist als saubere und umweltfreundliche Energiequelle. Dem ist aber nicht so, vielerorts geht ihre Nutzung mit Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen einher“, erklärt BUND-Vorsitzender Prof. Hubert Weiger.
Wald und Wasser
Zum Weltwassertag und zum Internationalen Tag des Waldes am Montag hat die FAO gleich zwei neue Programme aufgelegt. Wälder spielen bei der Sicherung der Wasserreserven eine wichtige Rolle. Feuchtgebiete und Waldwasserspeicher bilden zusammen rund 75 Prozetn der weltweiten Trinkwasserreserven und sichern mindestens eine Drittel der urbanen Bevölkerung das kostbare Nass. Außerdem filtert der Wald Wasser. Ein US-Dollar für den Waldschutz spare zwischen 7,5 und 200 US-Dollar Kosten für die Reinigung von Wasser. „Die Rolle des Waldes wird vor dem Hintergrund es Klimawandels immer wichtiger“, unterstreicht René Castro, FAO-Direktor für die Forstwirtschaft.
Weltwasserreport
Die Umweltorganisation der Vereinten Nationen UNEP hat den Bericht „Politikoptionen zur Entkoppelung des Wirtschaftswachstums von Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung“ veröffentlicht. Unter unveränderten Bedingungen werde der Wasserverbrauch bis 2030 die Nachfrage um 40 Prozent übersteigen. Das koste der Staatengemeinschaft jährlich zusätzlich rund 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr und übersteige die „natürlichen Kosten“ um das Vierfache. „Sicherer Zugang zu sauberem Trinkwasser ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung“, unterstreicht UNEP-Direktor Achim Steiner.
Um Wirtschaft und Wasserverbrauch zu entkoppeln, sollen Forschung und Entwicklung für die Reduzierung von Wasserverschmutzung intensiviert werden. Der Aufbau einer Infrastruktur für eine verlustfreie und effektive Wasserversorgung. Politische Anreize zum Wassersparen schaffen. Verbesserung der Erforschung von Ökosystemdienstleistungen und Berechnungen für den „virtuelles Wasser“ in Produkten erstellen.
Fluchtursachen
Kein Zugang zu sauberem Trinkwasser ist nach Niema Movassat, Sprecher für Welternährung bei Die Linke, Fluchtursache für Millionen. „Aktuell sind 40 Millionen Menschen in Ostafrika infolge des Wetterphänomens El Nino von einer akuten Dürrekatastrophe betroffen und rund 1.000 Kinder pro Tag sterben an vermeidbaren Krankheiten wegen katastrophaler sanitärer Versorgung. Zusätzlich verstärkt das so genannte „Water Grabbing“ internationaler Großkonzerne in vielen Regionen auf der Welt die ohnehin vorhandene Wasserknappheit.“ Nach Movassat beginnt das Bewusstsein vor der eigenen Haustür. Die EU besteht auf eine Privatisierung des griechischen Wasserunternehmens EYDAP und mache Wasser zu einer handelbaren Ware. „Dieser Strategie muss die Bundesregierung endlich ein unmissverständliches Ende setzen.“ Wasser sei ein kostenloses Grundrecht.
Lesestoff:
www.menschenfuermenschen.ch Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe Switzerland
Roland Krieg