Wenn sich der Stiel leicht vom Zweig dreht

Ernährung

Apfelernte mau

> Am 01. Juli 2005 lagerten noch 33.500 Tonnen Äpfel in den Hallen, während es in den Jahren davor nur rund 5.000 Tonnen gewesen sind, erinnert die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) aus Bonn. Damit dürften die deutschen Anbaugebiete mit der Lagerware erstmalig einen nahtlosen Anschluss an die Apfelsaison 2005/06 haben. Das gilt allerdings auch für die gesamte EU, weswegen die Produzenten mit den aktuellen Preisen nicht zufrieden sind: Mit etwa 30 Euro je 100 Kilogramm liegen die Erzeugerabgabepreise 40 Prozent unter Vorjahresniveau.

Ertragserwartung 2005
Prognosfruit, der traditionelle Kongress der europäischen Apfelwirtschaft zur Schätzung der europäischen Apfelernte prognostizierte Anfang August im dänischen Nyborg 10,167 Millionen Tonnen Äpfel. Das Ergebnis läge um drei Prozent niedriger als im Vorjahr. Große Ertragsrückgänge im fünfjährigen Schnitt werden für die Apfelsorten Jonagold (- 8%), Idared (- 19 %), Cox (- 7 %) und Gloster (- 22 %) erwartet. Ertragszunahmen soll es für Gala (+ 15 %) und Braeburn (+ 24 %) geben. Die nach wie vor mengenmäßig wichtigste Sorte Golden Delicious liegt mit 2,383 Millionen Tonnen etwa vier Prozent unter dem Schnitt der letzten fünf Jahre.
In Polen verringert sich die Ernte in diesem Jahr wohl um 12 Prozent auf 2,2 Millionen Tonnen, bleibt aber weiterhin Europas größter Apfelproduzent. Auf Platz zwei liegt Italien mit 2,145 und auf Platz drei folgt Frankreich mit 1,778 Millionen Tonnen.
Deutschland wird etwa 915.000 Tonnen ernten. Die ZMP sieht im Osten eine fast durchweg geringere Ernte als im Vorjahr. In den westdeutschen Gebieten sollen die Mengen am Bodensee, im Rheinland sowie im Breisgau die Zielvorgaben aus dem letzten Jahr verfehlen. Lediglich der Norden Baden-Württembergs wird das Ergebnis wiederholen können. Im Streuobstanbau ist der Behang deutlich schwächer als im Marktobstanbau und nur wenige Regionen erwarten die gleiche Ernte wie 2004. Nach Angaben der ZMP gibt es auch Gebiete, in denen nicht einmal die Hälfte der Vorjahresmengen von den Bäumen geholt werden dürfte.

Der richtige Erntezeitpunkt
In der Regel ist es Erfahrungssache, wann der Apfel gepflückt werden soll. Winteräpfel haben ihn spätestens mit den ersten Nachtfrösten erreicht. Ein späterer Erntezeitpunkt gibt dem Apfel Zeit, mehr Zucker einzulagern. Wenn sich der Stiel leicht vom Zweig drehen lässt, dann ist es soweit. Optimal ist ein trockener Tag, da nasse Äpfel leicht von Pilzen befallen werden. Auf den Boden gefallene Äpfel sollten nicht mehr eingelagert werden, sondern eignen sich zum baldigen Verzehr. So sind auch im Keller, Druckstellen durch zu dichtes Lagern zu vermeiden. Ideal sind flache Kisten in einem Keller mit drei bis acht Grad Celsius und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit.

London Pepping
Der Apfelbaum zählt zu den Rosengewächsen und bietet weltweit tausende von Sorten, was sich durch ein reines Studium in den Supermärkten nicht erschließen vermag. Im Landessortiment Brandenburg gab es 1908 noch den Gravenstein: gelbgrün mit roten Streifen, intensivem Duft und säuerlich-süßem Geschmack. Seine Genussreife liegt zwischen Oktober und Januar. So gibt es in manchen Gärten auch noch den London Pepping, ein saftreicher Apfel aus England von etwa 1600. Der ?moderne Verbraucher? verlangt jedoch im 20. Jahrhundert vor allem festfleischige und lagerfähige Sorten, welche die kleinen fruchtigen und empfindlichen Äpfel abgelöst haben. Die Folge ist ein Verlust an Arten- und Geschmacksvielfalt. Daher sind Apfeltage eine willkommene Gelegenheit für Forscher und Gärtner sich über die alten Sorten auszutauschen. Gelegenheit für Verbraucher, einmal andere Sorten kennen zu lernen, bietet die Streuobstgemeinde Döllingen im Süden Brandenburgs. Dort finden am 18. September die 11. Niederlausitzer Apfeltage statt.

Äpfel bleiben groß
Der Berufsstand der Bauernverbände konnte die EU-Kommission umstimmen, die Vermarktungsnormen für Tafeläpfel zu ändern, vermeldete der Deutsche Bauernverband (DBV). Ursprünglich sollte am 01. August der Mindestdurchmesser für großfruchtige Sorten der Klasse Extra von 70 auf 65 mm sowie für die Klassen I und II von 65 auf 60 mm gesenkt werden. Bei allen anderen Sorten sollte die Klasse II von 55 auf 50 mm kleiner werden. Der europäische Bauernverband hatte erfolgreich dagegen argumentiert. Mit der Absenkung de Mindestgröße sei ein negativer Einfluss auf die Markgegebenheiten und die Absenkung der Qualitätsparameter verbunden gewesen. Mit dem Verzicht auf die Absenkung der Mindestgrößen sei nun sicher gestellt, dass der Markt nicht mit zu kleinfruchtigen und unreifen Äpfeln negativ belastet werde, so der DBV.

VLE

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