Westfälischer Pumpernickel

Ernährung

Ein Hoch auf den „Westfälischen Pumpernickel“

Er ist schwarz oder zumindest sehr dunkel. Ohne Kruste. Aus derben Roggenschrot. Im Krumenbild verleugnet er nicht seine Herkunft – im Geschmack ist der süß-herb.

Es gibt ihn rechteckig oder halbrund. Die Krume ist leicht feucht und die lange Backzeit hat aus der Stärke verschiedene Zucker entstehen lassen. Leicht kleben die einzelnen Scheiben aneinander.

Außer Roggenbackschrot oder Roggenvollkorn (mindestens 90 Prozent) machen nur Wasser, Salz und Hefe den Westfälischen Pumpernickel aus. Kleine Varianten gibt es durch den Zusatz anderer Getreidearten wie Malz oder Sirup aus der Zuckerrübenfabrik. Was fehlt: Konservierungsstoffe.

„Seht Ihr von fern Westfalen´s Pforte winken,

das Land der Pumpernickel und der Schinken?

Seid froh willkommen Hier auf Eurer Reise,

und esst mit uns des schönen Landes Speise!“

Werbespruch Westfälischer Städte um 1900.

Klopft der Nikolaus?

Die Bedeutung des Wortes Pumpernickel ist nicht eindeutig geklärt. Karl Friedrich Wilhelm Wander beschreibt in seinem Sprichwörter-Lexikon aus dem Jahr 1873 die Geschichte eines Franzosen, der das derbe Brot nicht genießbar für die Menschen hielt [1]. Er gab es seinem Pferd, das den Namen „Nickel“ trug. Die schwarzen Scheiben waren also „bon pour Nickel“. Oder: Der hessische Satiriker Johann Balthasar Schupp aus dem 17. Jahrhundert dichtete: „Wie der alte Bompurnickel, von welchem die alte teutsche Kriegsknecht sungen, Bompurnickel ist wieder kommen und hat die Schuhe mit Bast gebunden.“

Bompur ist das beinahe lautmalerische Wort für „dumpfes Klopfen“ und der Nickel die liebevolle Abkürzung für Nikolaus. Der Bompurnickel solle daher ein grober Mensch sein. Wie die Struktur des Pumpernickels.

Dokumentiert ist die Herstellung des Pumpernickels bis zum Jahr 1570 zurück und lebte vor allem durch die lokalen Erzeuger in der Region des heutigen Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und dem Kreis Lippe.

Diese Region ist durch das maritime Klima ein traditionelles Roggenanbaugebiet. Roggen unterscheidet sich in den Backqualitäten von denen des Weizens, so dass der Pumpernickel auch nur dort hat entstehen können. Roggen mit sechs bis acht Prozent Pentosanen hat doppelt so viele Schleimstoffe aus der Familie der Hemicellulosen wie Weizen. Diese Pentosane verhindern den Aufbau eines Klebgerüstes, das beim Backen durch Gluten entsteht. Weniger flockig heißt auch, es bildet sich weniger Gas als im Weizenteig. Die Krume wird dichter.

Westfälischer Pumpernickel g.g.A.

Die EU hat den Westfälischen Pumpernickel am Freitag mit dem Zusatz geschützte geografische Angabe (g.g.A.) geadelt und damit auch international auf ein höheres Premiumniveau erhoben.

Nur für den Pumpernickel gilt eine lange Backzeit von 16 Stunden, weswegen er früher wegen seiner Blockade des Backofens meist nur an Sonn- und Feiertagen gefertigt wurde. In dieser Zeit werden vor allem Amylasen aktiviert, die Stärke in Mono- und Disaccharide wandeln. Durch die lange Backzeit mehr als beim Weizenbrot. Zusätzlich karamellisiert der Zucker leicht und färbt durch die Maillard-Reaktion das Brot dunkel. Dadurch wird die Stärke zerstört und das Roggenbrot ebenfalls fester. Bei den anderen Backverfahren wird dieser Prozess durch kürzeres Backen unterbunden.

So entsteht der süßliche Geschmack eines festen Brotes mit dichter Struktur und fester Krume ohne Kruste. Vor allem die lange Backzeit erfordert lange Erfahrung, die westfälische Bäcker seit Jahrhunderten optimiert haben.

Verpflichtung

Die Schutzzuweisung der EU zieht Verpflichtungen nach sich. Der Herstellungsvorgang vom Anmischen des Teigs bis zum Backen muss in dem abgegrenzten Gebiet stattfinden. Das gilt auch für Pumpernickel als Zutat. Das wird durchaus gemacht. Weil das Brot nur eine Krume und keine Kruste hat, ist es anfällig für mikrobiologischen Befall. Daher wird ausgebackenes Pumpernickel zur Intensivierung des Geschmacks, aber auch zur Frischhaltung neuen Pumpernickels in den Teig gemischt. Technisch gesehen gilt das als „Rework“. Diese Zusätze können aus Schnittbrotresten oder nicht verkauften verkehrsfähigen Pumpernickel stammen.

Wegen der Sensitivität gegenüber Schimmelsporen darf Pumpernickel nicht von einem Herstellungsbetrieb zum nächsten transportiert werden. Er wird in der Direktvermarktung verkauft oder in einer Fertigpackung, so dass auch Bayern und Preußen in den Geschmack des Westfälischen Pumpernickels kommen. Das Aufschneiden und Verpacken muss aber im Herstellungsbetrieb erfolgen.

Lesestoff:

[1] Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 1423-1424. www.zeno.org

Roland Krieg, Fotos: roRo

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