Zeitplan Health-Claims-Verordnung
Ernährung
Health-Claims: Zeitplan und unerwünschten Nebenwirkungen
Eigentlich sollten schon seit einem Jahr nur noch wissenschaftlich geprüfte und zugelassene Gesundheitsaussagen (Health Claims) auf Lebensmittelverpackungen stehen. So sah es der Zeitplan der europäischen Claims-Verordnung vor. Das Gesetzeswerk soll Verbraucher vor unseriöser Gesundheitswerbung auf Lebensmittel schützen, das war die Intention der Gesetzgeber. Die wissenschaftliche Prüfung der Gesundheitsaussagen entpuppte sich jedoch als Herkulesaufgabe für die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA. Ein Kassensturz der Ernährungswissenschaft gewissermaßen mit der Fragestellung: Bei welchen Nährstoffen lassen sich welche gesundheitlichen Wirkungen wissenschaftlich belegen?
Die Hälfte begutachtet
Zu
1.750 Stoffen gibt es bereits Gutachten der EFSA, weitere 3 000 stehen noch
aus. „Der Prozess der wissenschaftlichen Bewertung dauert sicher noch bis Ende
2011“, meinte Rechtsanwalt Peter Loosen auf der 11. Euroforum Jahrestagung
Nahrungsergänzungsmittel im Januar 2011 in Frankfurt. Bewertet ist aber noch
nicht zugelassen. Die EU-Kommission prüft dann noch schrittweise die Annahme
der bewerteten Stoffe. Das wird voraussichtlich bis Mitte Ende 2012,
möglicherweise auch bis 2013 dauern, schätzt Loosen.
Die
Liste aller bewerteten Claims befindet sich aber jetzt schon auf den
Internetseiten der EFSA. Rund 20 Prozent der Gesundheitsaussagen wurden positiv
bewertet. Eine Einladung zur Produktoptimierung, darauf wiesen Professor Moritz
Hagenmeyer, Hamburg, und Professor Andreas Hahn, Hannover, in ihrem nicht ganz
ernst gemeinten Vortrag hin. Sie empfahlen den Tagungsteilnehmern, die
EFSA-Liste als Selbstbedienungsladen für wissenschaftlich abgesicherte
Werbesprüche zu verwenden. So könne man beispielsweise durch Zusatz von nur 1,5
mg Zink pro Kapsel ein Nahrungsergänzungsmittel herstellen, das „Positive
Wirkungen auf Körper und Geist“ verspricht. Auch Vitamin C solle in keinem
Nahrungsergänzungsmittel fehlen. Es gehöre zu den Substanzen die laut EFSA fast
alles können.
Bereits
12 mg Vitamin C pro Kapsel erlauben Auslobungen wie „für eine normale
Zahnfunktion“ oder „Schutz von Zellbestandteilen vor oxidativer Schädigung“
sowie zahlreiche positive Wirkungen auf Herz, Kreislauf, Muskeln und Gelenke.
Diese
Form der Produktoptimierung sei auch nicht teuer, so die Referenten. Viele
wissenschaftlich abgesicherte Aussagen lassen sich schon bei niedrigen Dosierungen
machen. Warum dann also noch hochwertige und teure Rohstoffe verwenden?
Aussagen bleiben blass
Diese Ausführungen sind übrigens nicht aus der Luft gegriffen. Am Rande der Veranstaltung berichteten Sachverständige, dass sie Anfragen von Herstellern bekommen, die wissen wollen, welche Stoffe sie ihren Produkten zusetzen müssen, um bestimmte Werbeaussagen machen zu können. Die Verbraucher dürfen sich also auf eine Schwemme nichts sagender Gesundheitssprüche gefasst machen.
Gesa Maschkowski, www.aid.de