Zur Einschulung: Bio-Brotboxen und Schultüten

Ernährung

Fünf Jahre Bio-Brotbox aus Berlin

Das erste Jubiläum ist geschafft. Als 2002 Dr. Burkhardt Sonnenstuhl, Geschäftsführer der Projektagentur Domäne Dahlem und Gisela Lücke von vitalia Reformhäuser die Idee fassten, den Berliner Grundschülern zur Einschulung ein gesundes Frühstück zu schenken, war noch nicht absehbar, dass mittlerweile alle Berliner und Brandenburger Erstklässler am 28. August 2006 mit einer Bio-Brotbox überrascht werden können. Und sogar schon in München, Nürnberg und Frankfurt/Main.

Impulse setzen – auch ohne große Politik
Von Beginn an fand die Idee, Bio-Brotboxen an ABC-Schützlinge zu verteilen, auch ideelle Unterstützung durch das Bundeslandwirtschaftministerium. In diesem Jahr müssen die Initiatoren ohne das BMELV auskommen und erreichen trotzdem neue Höhen.
70 freiwillige Helfer packten 2002 rund 23.000 Frühstücksboxen. Im letzten Jahr mussten bereits 400 Helfer in der Neuköllner Lagerhalle von Terra Naturkost 41.000 Boxen bestücken und am 27. August werden es 51.000 Boxen werden – bundesweit sind es über 87.000 Stück.
Kinder beim Frühstück mit Bio-BrotboxBis zu 30 Prozent der Kinder gehen ohne Frühstück in die Schule, beschreibt Dr. Sonnenstuhl seine Motivation für die Idee. Damit die Beteiligten Bio-Produkte nicht nur täglich in den Handel bringen, sondern „etwas mehr geben“ können, vervollständigten die Geschäftsführer Meinhard Schmitt von Terra Naturkost und Joachim Weckmann vom Märkischen Landbrot „die vier Musketiere“ der Frühstücksbox. Stolz sind die Beteiligten darauf, dass Bauern, Handwerk und Handel zusammen mit Sponsoren alles selbst finanzieren.
So warb Meinhard Schmitt trotz schlechter Witterung in diesem Jahr die benötigten 51.000 Möhren ein, die auf die Boxen verteilt werden müssen. Sie stammen von Biobauern aus Brandenburg und Niedersachsen. So wächst auch die Zahl der mittelständischen Unternehmen, die Hauptlast der Warenlieferung auf mehrere Schultern zu verteilen. Sieben Bäckereien sorgen mittlerweile für den Nachschub an Brot.
Neu in der Box sind in diesem Jahr ein 30g-Tütchen Müsli, ein fair gehandelter Sesamriegel und eine Käseecke.
Der Paketdienst UPS übernimmt die Logistik nicht nur in Berlin, sondern auch im Flächenland Brandenburg, pünktlich und ehrenamtlich 460 Schulen auf 30.000 qkm Fläche anzusteuern.
Gisela Lücke sieht die Nachhaltigkeit der Aktion: Fast 80 Prozent der Kinder haben noch ein Jahr später die Pausenbox für ihr Frühstück. Die Box soll den Impuls geben, über ein Bio-Frühstück das Thema Essen in die Schule zu bringen. „Die Schule hat sich aus der Alltagskompetenz zurückgezogen“, klagte Dr. Sonnenstuhl auf der gestrigen Pressekonferenz. Kinder wissen zu wenig über Ernährung und wer nicht ausreichend gefrühstückt hat, dessen Akku ist in der dritten Stunde bereits leer. Kinder sollen das Essen „wieder riechen und schmecken lernen“ – am besten bei einem Besuch auf einem Bauernhof, in einer Bäckerei oder beim Händler. Die Bio-Brotbox ist auch ein Appell an die Lehrer, in diesem Bereich initiativ zu werden.
Gestern Abend wurde Dr. Sonnenstuhl für sein langjähriges Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

„Was uns in die Tüte kommt“
Seit etwa 200 Jahren gibt es die Schultüten, die noch heute gelegentlich „Zuckertüte“ genannt werden. 1817 schenkte ein Vater aus Jena seinem Sohn zur Einschulung eine riesige Tüte mit Süßigkeiten, Nüssen und Obst.
Das bunte Werbeprospekt eines großen SB-Marktes preist in dieser Woche fast zwei Dutzend Produkte an, welche die „Kleinen“ in der Tüte sehen wollen. Das meiste ist ganz oder teilweise aus Schokolade oder Brause- und Lutschersüß. Den ABC-Schützlinge muss aber der ersten Schultag nicht übermäßig mit Apfelkuchen, Bonbons und Chips verschönert werden – es müssen auch nicht gleich Ananas, Bananen und Chinakohl sein.
Schultüten basteln viele Eltern bereits wieder selber und halten sich an die tradierten Formen: Sechseckig im Osten und Rund im Westen. Der „Eigenbau“ kann speziell auf die Vorlieben des Nachwuchses mit verschiedenen Aufklebern abgestimmt werden. Überraschen Sie ihren Nachwuchs einmal mit „druckfestem“ Obst wie Äpfel, Trockenfrüchte, Nüsse oder Studentenfutter. Der aid infodienst empfiehlt, die Kleinen gleich mit einer lustigen Kunststoffdose und Trinkflasche an die wichtigen Pausenmahlzeiten zu erinnern. Ein Softball, Gummitwist, Springseil oder Straßenkreide in der Tüte regt zu Spielen im Freien an.
Dabei ist es natürlich nicht leicht, den Kindern „eine andere Ernährung beizubringen“ als die der Werbewelt und Serienknüller. Fast Food-Kinder nehmen jeden Tag zehn bis 15 Prozent mehr Kalorien zu sich, als die anderen. Was sich nicht so dramatisch anhören mag, hat aber langfristige Folgen, wie die DONALD-Studie in diesem Jahr belegte. Ein Verbot hält Kinder von Hamburger und Pommes nicht ab – und soll es auch nicht, wenn der Verzehr im Rahmen bleibt. Daher also lieber das gute Beispiel „mit auf den Schulweg geben“ und in diesem Jahr den süßen Leckereien etwas entgegensetzen.
Der aid infodienst hat jetzt sein Heft „So macht Essen Spaß“ neu aufgelegt, nach dem sich Grundschulkinder mit Hilfe von kleinen Umfragen und Detektivgeschichten ihren Essgewohnheiten nähern. Mit dabei ist ein Elternbrief, der über die Ernährungsbotschaften informiert, die hinter den Aufgaben stecken.

Mit den Kindern frühstücken
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät zum Schulanfang, dass morgens zusammen mit den Kindern gefrühstückt werden soll. Anstatt ihnen Geld in die Hand zu geben, um sich selbst zu versorgen, kann eine vollwertige Zwischenmahlzeit mitgegeben werden. Eine ideale Pausenverpflegung besteht aus einem Volkkornbrot, dünn mit Butter, Margarine oder Frischkäse bestrichen und mit magerem Schinken, fettarmer Wurst, Käse oder vegetarischem Brotaufstrich belegt. Gemüse wird attraktiv, wird es als „Fingerfood“ mundgerecht geschnitten. Abwechslung zum Brot bietet ein Milchprodukt wie Joghurt, Quark oder ein Milchdrink. Fruchtmolke liegt derzeit im Trend. Als Durstlöscher sollte Kindern stets Wasser, ungesüßte Kräuter- oder Früchtetees oder eine Fruchtsaftschorle mitgegeben werden.

Brotboxen packen und Infoheft:
Berliner sind eingeladen beim Packen der Bio-Brotboxen in Neukölln zu helfen. Am 27. August ab 09:00 Uhr können Sie in der Neuköllner Gradestr. 92 bei Terra Naturkost einfach vorbeikommen. Mehr Details gibt es unter www.bio-brotbox.de
Das aid-Heft „So macht Essen Spaß! Mal-, Spiel- und Bastelheft für Grundschulkinder“ zurückgreifen: 24 Seiten DIN A4, Bestell-Nr. 61-1318 über www.aid.de; 2,50 zzgl Versand.

Roland Krieg; Foto: Bio-Brotbox

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