Afrika wird dezentral

Handel

Africities-Summit in Marrakesch

Reformen zur Dezentralisierung fördern nicht nur die Demokratisierung einer Gesellschaft, sondern erhöhen auch die lokale Verantwortlichkeiten, das wirtschaftliche Zusammenleben zu verbessern. Daher werden Rechtsrahmen und Finanzpolitik auf lokale Ebene heruntergebrochen. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit ihrem föderalen System der Bundesländer einen Erfahrungsvorsprung, den die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und anderen Entwicklungsorganisationen weitergibt.

AMCOD und UCLGA
Im Jahr 2000 hat sich auf der Africités Conference in Windhoek die „All Ministerial Conference on Decentralization and Local Development“ (AMCOD) gegründet und fünf Jahre später die „United Cities and Local Governments of Africa“ (UCLGA) als Sektion der globalen Städetallianz als Dachverband der AMCOD. Seit AMCOD 2007 von der Afrikanischen Union anerkannt wurde unterstützen neben Deutschland auch Frankreich, Kanada und die Schweiz die UCLGA.
Noch bis zum 20. Dezember tagen die Partner auf dem 5. Africities-Summit in Marrakesch. Bis zu 5.000 Vertreter aus 53 afrikanischen Ländern nehmen an dem Gipfeltreffen teil. Die deutschen Organisationen sind mit einem Gemeinschaftsstand vertreten.

Ziele der Dezentralisierung
In den vergangenen Jahren wurden bereits viele Kompetenzen auf die Kommunen übertragen. Deutschland fördert Dezentralisierung, weil dadurch die Regierungsführung verantwortlicher gestaltet, wirtschaftliche Entwicklungschancen effektiver genutzt und soziale Dienstleistungen enger an die lokalen Bedürfnisse angepasst werden können. Auf lokaler Ebene kann sich die Bevölkerung effektiver an der Planung und Kontrolle staatlichen Handelns beteiligen. Zielvorstellung ist ein leistungsfähiger, an demokratische Grundprinzipien gebundener Staat sowie eine Gesellschaft mit hoher Eigenverantwortung und Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger.
Die globale Wirtschaftskrise trifft vor allem die lokalen Gemeinden mit steigender Arbeitslosigkeit, Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten und geringer werdenden finanziellen Hilfen aus den Hauptstädten. Die Kommunen müssen unter diesen erschwerten Bedingungen die Infrastruktur und Dienste für die Menschen aufrecht erhalten. Dabei sollen sie gleichzeitig noch die Wirtschaft ankurbeln. Dezentralisierung kann eine wichtige Rolle spielen.
Die Übertragung der Verantwortlichkeiten ist ein langer Prozess und Deutschland in Afrika mit insgesamt 20 Projekten vertreten.

Beispiel Kairo
In der Metropole Kairo leben rund 18 Millionen Menschen. Rund 60 Prozent davon allerdings in benachteiligten Stadtteilen, wo die Umweltbedingungen schlecht sind und der Anschluss an die städtische und politische Infrastruktur fehlt. Viele Menschen sind arm und haben nur wenig Bildung. Sie bauen sich illegale Unterkünfte, denen jeglicher Anschluss an die Wasser- und Abwasserversorgung, Elektrizität oder Müllabfuhr fehlt.
So dürfte Manshiet Nasser in Kairo nicht mehr wohnen, denn die Stadt hat 1997 sein illegales Wohnviertel für den Abriss vorgesehen. Rund 300.000 Menschen leben dort und haben keine Bodenrechte für das Stück Land, auf dem sie ihr Haus gebaut haben. Das deutsch-ägyptische Entwicklungsprojekt führt Manshiet Nasser langsam in die Legalität. Mittlerweile gibt es dort eine Schule, ein Krankenhaus und eine Post. Im Jahr 2005 haben Notare begonnen, die Grundstücke zu registrieren und sie in den Privatbesitz der Bewohner zu überführen. Insgesamt sollen so rund 2,8 Millionen Menschen bessere Lebensbedingungen erhalten.

Beispiel Burkina Faso
In Burkina Faso ist die Dezentralisierung erst seit drei Jahren in Gang und die lokalen Kapazitäten sind noch nicht voll aufgebaut. Die Übertragung von Verantwortlichkeiten ist aber für eine langfristige Stabilisierung demokratischer Strukturen notwendig.
Auch in Burkina Faso ist Bier ein beliebtes Getränk. In und rund um die Hauptstadt Ouagadougou wird lokales Bier von rund 5.000 Frauen gebraut. Die Stadtentwicklungsplanung sieht eine Stärkung der lokalen Brauindustrie vor und wird von der deutschen Seite unterstützt. Durch neue Kessel brauchen die Frauen jetzt weniger Holz zum Heizen, was nicht nur den Brauprozess preiswerter macht, sondern auch die Umwelt schützt. Eine Brauerin aus Ziniaré, etwa 30 Kilometer nördlich von Ouagadougou, sagt, sie könne jetzt zweimal die Woche 120 Liter Bier brauen. Anstatt umgerechnet 11,50 Euro braucht sie jetzt nur noch 2,50 Euro für Brennholz auszugeben. Nach einem Brauvorgang habe sich die Investition in den neuen Ofen bereits rentiert. Weil die Brauerinnen jetzt mehr verdienen, zahlen sie auch mehr Steuern an die lokale Finanzverwaltung, die das Geld wiederum in der Region ausgeben kann.

Lesestoff:
Sie können AMCOD und UCLGA virtuell besuchen: www.caddel-net.org und www.uclga.org
Das deutsch-ägyptische Entwicklungsprojekt hat ebenfalls eine eigene Webseite: www.egypt-urban.de
Über Burkina Faso hat Herd-und-Hof.de in diesem Jahr auf der Grünen Woche berichtet.
"Netzwerke auf kommunaler Ebene" hat in diesem Jahr die Bonner Entwicklungskonferenz diskutiert.

Roland Krieg

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