Agrarsubventionen und Entwicklungsländer
Handel
Der lange Weg zum fairen Handel
In Indien haben sich jüngst die Minister der World Trade Organisation (WTO) informell getroffen, um das Vorgehen bei der so genannten Entwicklungsrunde von Doha abzustimmen. Die Politik möchte sich ja wieder treffen und der Plan sieht vor, dass im September offiziell wieder alle zusammenkommen. Die guten Vorsätze scheiterten im vergangenen Jahr, weil sich die USA und Indien nicht über den Schutz von Kleinbauern einigen konnten.
Aus europäischer Sicht vielleicht ein ungünstiges Datum. Nachdem die EU die Milchsubventionen vor zwei Jahren auf Null gesetzt hat, hat sie Exportsubvention und Intervention in diesem Jahr überraschend wieder eingeführt. Angebot und Nachfrage von Milch sind aus dem Gleichgewicht geraten, die Erzeugerpreise niedrig und „alte Modelle“ sollen den Bauern wieder helfen. So wird auch die Kritik an den Subventionen wieder erneuert. So haben am Donnerstag das International Center for Trade and Sustainable Development (ICTSD), Oxfam und die UN-Millenniumskampagne in Deutschland einen Text für die Sicherstellung der Millenniumsziele durch die EU-Agrarpolitik vorgestellt.
Komplexes Thema
„Die Armut hat ein weibliches Gesicht“, fokussiert Dr. Renée Ernst von der UN-Millenniumskampagne. Bis 2015 will die Staatengemeinde die Anzahl der Hungernden und Armen um die Hälfte reduzieren – doch ist sie derzeit davon weit entfernt. 70 Prozent der Betroffenen arbeiten in der Landwirtschaft, ein Großteil sind Frauen.
Die Ursachen sind vielfältig. Regierungen führen keine ordentliche Politik, die Investitionen in die Landwirtschaft werden vernachlässigt und Kleinbauern sowie Landlose haben keinen Zugang zu Boden, Betriebsmittel und Krediten. In dieses Gemenge wirken Exportsubventionen hinein. Vor allem die Milchpolitik der EU wirkt gegen Bauern in Schleswig-Hostein wie auch in Sambia.
Es habe seit den Milchseen und Butterbergen aus den 1980er Jahren zwar Fortschritte gegeben, doch ist das nicht genug, sagte Jonathan Hepburn vom ICTSD. Das vorgelegte Papier fordert die Integration der Millenniumsentwicklungsziele (MDG) in die Agrarpolitik. Denn, so hat Oxfam es berechnet, die Subventionen erlauben einen Milchpreis, der um die Hälfte unter den wirklichen Produktionskosten liegt. Die so exportierte Überschussmilch verhindert in den Entwicklungsländern den Aufbau einer eigenen Milchindustrie. Die Kleinbauern können nicht gegen die EU-Finanzminister konkurrieren, formuliert Hepburn.
Gleiche Bedingungen für alle
Die Fokussierung der Kampagne auf den Export erklärt Dr. Ernst damit, dass seine Auswirkungen vor Ort sehr offenkundig sind. Die anderen Themen und Lösungsansätze werden überstrahlt. Selbst im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) ist eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe im Zeitablauf „eingeschlafen“. Marita Wiggerthale von Oxfam führt an, dass die Lebensmittelkrise aus dem Jahr 2007 gezeigt habe, dass vor allem die Länder darunter litten, die vom Weltmarkt abhängig sind. Die derzeitigen Entwicklungsprogramme gehen zu oft an der Zielgruppen der Kleinbauern vorbei.
Um die MDG noch erreichen zu können fordern die Nichtregierungsorganisationen, dass die Entwicklungsländer Schutzzölle aufbauen dürfen. Dieser Special Safeguard Mechanism (SSM) wäre ein echter Schutz der Kleinbauern. Subventionen sind per se nicht schlecht. Was die Transparenzinitiative mit der Veröffentlichung der Zahlungen begonnen hat, soll die Gelder in die richtige Richtung lenken: Hin zu einer weltweiten zweiten Säule der Agrarzahlungen zur Förderung des ländlichen Raums.
WTO und der Agrarbaustein
Grundsätzlich bleibt die Frage, ob die Landwirtschaft in ihrer besonderen Bedeutung, die Welt zu ernähren bei der WTO richtig aufgehoben ist. Gegenüber Herd-und-Hof.de sagt Marita Wiggerthale, dass die Entwicklungsländer zu Beginn einverstanden waren, weil die USA und Europa die Agrarpolitik sehr dominiert haben. Die Länder hegten die Hoffnung, dass der Agrarhandel in geregeltere Bahnen komme, doch habe sich gerade das Thema Landwirtschaft im allgemeinen Verhandlungspoker zu einem guten Spielball mit taktischen Optionen entwickelt. Die WTO ist keine UN-Organisation. Alleine daraus resultiere ein Spannungsfeld, weil die Gemeinschaftsaufgabe Welternährung zu privaten Handelsinteressen wird.
Lesestoff:
Mehr Details und eine „Slide Show“ finden Sie unter www.un-kampagne.de
http://ictsd.net
www.oxfam.de
Vor kurzem fand in Bonn eine Tagung zum Thema der kommunalen Entwicklungshilfe statt.
Roland Krieg