Aktuelle Stunde Energiewende im Bundestag

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Glasgow, Ampel und Heizkosten: Neue und alte Töne

Im Bundestag debattierten die gewählten Parteien in neuer Konstellation, wenn auch die Ampel-Koalition noch nicht fertig ist. Bei den Themen Atomkraft, Heizkosten und Zwischenfazit Glasgow zeigte sich, wo es alte und wo es neue Töne gibt.

Die alten Töne

Zum Teil nahm sich die völkische AfD wiederholt aus dem Spiel, weil sich Verweigerer der G3-Regel für den Bundestag wiederholt auf der „Corona-Tribüne“ (Carsten Träger, SPD) Platz nehmen mussten. Für die konstituierende Sitzung wurden für sie Wahlkabinen aufgestellt. Einen Beitrag am Rednerpult dürfen sie aber nicht leisten. Auch der Ton hat sich nicht geändert. Karsten Hilse bezeichnet Bündnis 90/Die Grünen als „grüne Kommunisten“. Nachdem mittlerweile alle großen Ölkonzerne den öffentlichen Schwindel über den vom Menschen verursachten Klimawandel einräumen müssen, hält die AfD weiterhin an deren gelogenen Zweifeln fest.

Die Energiewende werde Deutschland auf den Stand eines Entwicklungslandes führen. Sie müsse nach Karsten Hilse insgesamt abgewickelt werden. Um energetische Black- und Brownouts zu vermeiden, müssen die Laufzeiten der Atomkraft verlängert werden [1]. Die Erhebung der CO2-Steuer führe zu Energiearmut und sozialer Kälte. „Zu viele Steuern pressen den Bürgern steigende Belastungen ab“, sagte Marc Bernhard. Dem entgegnete Kevin Kühnert (SPD), dass die Partei hier zwar die Karte auf soziale Aspekte setze, sich aber bei der Frage nach einem Mindestlohn dagegen wehrt.

Die neuen, schiefen Töne

Das Thema Weltklimakonferenz wurde als Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzt. Nach gutem politischem Ton ist das die Vornehmheit der Opposition. Die CDU/CSU-Union hat sich dem schnell angepasst – was aber inhaltlich zu einem Eigentor wurde. Timon Gremmels von der SPD formulierte es deutlich: „Man soll eine Aktuellen Stunde zu einem Thema beantragen, in dem man gut ist. Wo können wir es der Ampel mal so richtig zeigen.“ Als Premiere für die Union wären Gremmels einige Themen eingefallen, aber sicher nicht die Klimapolitik, die von der Union in den letzten 16 Jahren verantwortet wurde.

Kai Whittaker von der CDU verpasste als letzter Redner die Chance für eine Gutmachung und beklagte sich einmal darüber, dass Christian Lindner (FDP) auf einmal ein Klimaministerium fordert und dass die Ampel am Donnerstag noch keinen fertigen Koalitionsvertrag vorlegen konnte.

Anja Weisgerber (CSU) riet: „Eine Klimaregierung muss sich an ihren Taten messen lassen.“ Das ging nach hinten los. Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf Glasgow, wo sich der geschäftsführende Wirtschaftsminister Peter Altmaier gegen das Bündnis gegen den Kohleausstieg stellte und Verkehrsminister Andreas Scheuer die Unterschrift für einen emissionsfreien Verkehr verweigerte [2]. Krischer: „Jetzt versuchen sie als Abgewählte die Klimapolitik kaputt zu machen.“

Ampelskepsis

Es gibt aber auch ernsthaft vorgetragene Skepsis gegenüber der Klimaampel. Für Amira Mohamed Ali (Die Linke) hat die alte Regierung versäumt, den flächendeckenden öffentlichen Nahverkehr auszubauen und die Ampel sendet das Signal aus, die Bahn für mehr Wettbewerb zerschlagen zu wollen. Für sie fehlen Alternativen für die Menschen auf dem Land. Christoph Ploß (CDU) warnt davor, das Aus des Verbrennungsmotors mit dem Abschaffen des Verbrenners gleich zu setzen. Die alten Autos fahren noch viele Jahre weiter und müssten über Innovation klimafreundlicher gemacht werden

Positive Signale

Den Vorwurf der stockenden Ampelgespräche entkräftete Judith Skudelny von der FDP mit Hinweis, dass die bürgerliche Opposition auch bei der Wahl ihres Vorsitzes stockt. Ansonsten werde die FDP viel Schwung in das Klimathema bringen, weil „Altmaier nie so richtig Gas gegeben hat.“ Die EU stehe in Glasgow mit dem Green Deal und dem Klimapakt „Fit for 55“ „richtig gut“ da. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert das Ende der Förderung von Ölheizungen im Jahr 2023. „Da haben sich noch nicht einmal die Grünen getraut zu fördern“, sagte Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen). Das sich Deutschland vor 20 Jahren auf ein Erneuerbare-Energien-Gesetz, das im Wesentlichen von Hans-Josef Fell und Hermann Scheer 2020 begründet wurde, eingelassen hat, bezeichnete die Gründertochter Nina Scheer (SPD) als historisch und hat weltweit zu mehr Klimaschutz in der Politik geführt.

Die Ampel will sich an Glasgow ein Beispiel machen und Gremmels lässt kein kleinreden der Erfolge zu. Es geht um das USA-China-Abkommen aus der Nacht zum Donnerstag, beim Klimaschutz für das 1,5 Grad Ziel zusammenzuarbeiten. Es geht auch um das Abkommen, Methan-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent zu senken. Deutschland übernimmt 2022 die G7-Präsidentschaft, die Trittin für eine Verdoppelung der grünen Investitionen nutzen will.

Ob die zu Beginn der Ampel-Verhandlungen geposteten „Honeymoonbilder“ (Anja Weisgerber) wirklich vorbei sind, oder jetzt noch die Flitterjahre folgen, wird sich erst nach wirklicher Übernahme der Bundesregierung zeigen.

„Keiner soll frieren“-Plan

Im energetischen Debatten-Zusammenhang mit der Energiewende und dem Klimagipfel hat Die Linke ihren „Keiner soll frieren“-Plan gegen steigende Heizkosten vorgestellt. Noch vor Weihnachten sollen Menschen mit weniger als 1.173 Euro Nettoeinkommen eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro erhalten. Die Kosten für Heizung, Strom und Warmwasser sollen im Wohngeld zu einer Energiekostenkomponente zusammengeführt werden. Rund sieben Millionen Menschen konnten im vergangenen Winter nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ihre Wohnung nicht ausreichend wärmen. Ein Heizkostenzuschuss von 100 Euro wäre nach Bernhard Doldrum (SPD) „denkbar“. Langfristig sei jedoch der Ausbau der erneuerbaren Energien der Weg aus der Krise. Ob die Heizkosten zwischen Vermieter und Mieter aufgeteilt werden sollen, war bei der alten Regierung nicht mehrheitsfähig. Es muss ja nicht 50:50 sein, wie Daniel Föst von der FDP ausführte. Der Vermieter übernimmt einen Betrag für die hausbezogene Grundwärme und wenn Mieter darüber hinaus heizen, müssen sie das selbst tragen.

Lesestoff:

[1] Dänemark, Deutschland, Österreich und Portugal haben am 11. November in Glasgow eine Statement verabschiedet, die Kernkraft aus der grünen Taxonomie herauszulassen. Nina Scheer sagte im Bundestag, dass vor allem die Länder auf neue Kernkraft setzen, die auch Atomwaffen besitzen.

[2] Kein Jahr der Schiene für Scheuer: https://herd-und-hof.de/handel-/das-jahr-der-schiene.html

Roland Krieg

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