Anwesenheitspflicht beim Direktverkauf

Handel

EuGH legt Kontrolle bei Direktverkauf eng aus

Bei der deutschen Umsetzung der EU-Öko-Basis-Verordnung 834/2007/EG hat die Bundesregierung im Öko-Landbaugesetz eine Ausnahme zugelassen. Öko-Produkte müssen zwar auf allen Stufen von der Erzeugung bis zum Vertrieb kontrolliert werden. Ausnahme von Melde- und Kontrollvorschriften sind aber möglich, wenn ein Einzelhandelsunternehmen Produkte direkt an den Kunden verkauft. Die Ausnahme darf aber nicht bei Firmen greifen, die Ökoprodukte selbst erzeugen, aufbereiten oder an einem Zweitort lagern oder Importe verkaufen.

Grill plus Gewürzmischung

Das Konstrukt dient der Sicherheit der Verbraucher, nur Ökoware zu kaufen, die kontrolliert auch Ökoware ist. Im Jahr 2012 hat ein Kaminhersteller in seinem Online-Shop zum Grillset auch „Öko-Gewürze“ verkauft. Der hessische Anbieter sieht sich als Direktverkäufer, der die Gewürzmischung nicht herstellt und daher unter die Ausnahme der Melde- und Kontrollpflicht fällt. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sah das anders und verschickte eine Unterlassungserklärung und eine Abmahnung mit einer Kostenforderung in Höhe 219,35 Euro.

Auslegung „Direktverkauf“

Der Kamin- und Grillexperte ging vor Gericht. Der Bundesgerichtshof konnte sich bislang nicht entscheiden. Es geht um die Definition des „Direktverkaufes“. Der müsse vor Ort in Anwesenheit von Personal erfolgen und erlaube dann keinen Online-Handel. Diese Sichtweise erlaube keine Ausnahmeregelung und der Kamin-Shop müsste sich kontrollieren lassen. Als Direktverkauf könne allerdings auch der Online-Handel angesehen werden, was eine Ausnahme ermögliche und den Shop von der Kontrollpflicht befreit. Der Bundesgerichtshof wandte sich an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabklärung, der seine Entscheidung vergangenen Donnerstag traf.

Kontrollpflicht auch bei Online-Handel ohne Erzeugung

Generell dürfen Ausnahmen nur eng ausgelegt werden, weil sie sonst keine Ausnahmen seien, erklärte der EuGH in seinem Urteil. Der Sinn der EU-Öko-Verordnung liege in der Rückverfolgbarkeit von Produkten auf allen Handelsstufen. Sollte eine begründete Ausnahme in diesem Fall möglich sein, dürfe sie nicht so erklärt werden, dass der Online- und sonstige Versandhandel daraus eine Regel ableiten könne. Die Kamin- und Grillfirma sei ein zwischengeschalteter Dritter, der Erzeugnisse wie die Bio-Gewürze „in der Regel nicht in geringen Mengen“ lagert. Generell ist das Risiko für eine Umetikettierung hoch. Auch ein Vertausch von Waren oder eine Kontaminierung kann nicht ausgeschlossen werden. Daher, so lautet das Urteil, gelte als Direktverkauf nur der Handel in Anwesenheit des Personals. Der Online-Öko-Handel ohne eigene Erzeugung unterliegt also wie die Erzeugung selbst Melde- und Kontrollpflichten.

Jetzt wird der Bundesgerichtshof seine Entscheidung fällen.

Lesestoff:

AZ ECLI:EU:C:2017:758 in der Rechtssache C-289/16

Roland Krieg

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