Auch die Großbäckereien sorgen sich um die Zukunft

Handel

Fachkräftemangel und Energiepreise treffen auch Großbäckereien

Prof. Dr. Ulrike Detmers, Verband der Deutschen Großbäckereien; Foto: Renate Lottis

Die Handwerksbäckereien haben in den letzten Wochen mit dem Ausschalten von Licht auf ihre Sorgen aufmerksam gemacht. Die Bäckereien von nebenan, eventuell mit wenigen Filialen, haben in der vergangenen Woche von der Bundesregierung einen Härtefallfonds eingefordert. Es geht nicht nur um die steigenden Energiepreise – im Rahmen für die Brezel als immaterielles Kulturerbe zeigte sich, dass die Bäcker wegen Personalmangel ihre Öffnungszeiten reduzieren müssen [1].

Bäckerei-Typen

Was die Handwerksbäcker umtreibt wird bei den Großbäckereien nicht weniger. Die Handwerksbäckereien machen bei sinkendem Marktanteil backen nur noch zehn Prozent des deutschen Brotes und der Backwaren.  Die Filialbäckereien werden zumeist im Franchisebetrieb geführt. Die größten „Ketten“ haben hunderte Filialen in Deutschland und sind oft im Vorkassenbereich des Lebensmittelhandels präsent. Beide Bäckergeschäfte verkaufen Brot und Backwaren unverpackt über den Tresen. Die Filialbäcker stellen rund 40 Prozent des Backmarktes. In der dritten Kategorie stehen die Lieferbäcker, die verpacktes Brot an den Lebensmittelhandel, an Großverbraucher wie Kantinen sowie für den Außer- Haus-Verzehr in der Gastronomie und Hotellerie verkaufen. Die haben mit 45 Prozent den größten und auch leicht steigenden Marktanteil. Sie liefern auch TK-Backwaren.

Jahresversammlung der Großbäckereien

Die Liefer- und Filialbäcker sind im Verband der Deutschen Großbäckereien zusammengeschlossen, der am Montag in Gütersloh seine Jahreshauptversammlung hatte. Präsidentin Prof. Dr. Ulrike Detmers (Foto) skizzierte die beiden anstehenden Herausforderungen mit dem Personal- und Energiemanagement.  Mit dem Ruhestand der sogenannten Babyboomer in 15 Jahren verlassen rund 30 Prozent der Beschäftigen den Arbeitsmarkt. „Die Brot- und Backwarenbranche leidet besonders unter Personalnot“, erklärte Detmers. Von der Arbeitszeit bis zum Gehalt sind andere Branchen attraktiver. Die Branche mit den vielen Backöfen ist besonders auf Energie angewiesen und „sehne“ sich nach einer Erdgas- und Strompreisentlastung.

Ohne eine Transformation der Branche beschleunige sich der Strukturwandel auch bei den Großbäckereien. Lag die Zahl der Bäcker mit mehr als 20 Beschäftigten 2020 noch bei 20.300 Betrieben ist die Anzahl 2021 erstmals unter 10.000 gefallen. Wer am Markt bleibt wird größer.

Verbrauchertrends

Zwar kaufen die Verbraucher mit einem Drittel noch immer in der Bäckerei ihr Brot, aber Discounter und der Vorkassenbereich haben zusammen mit 45 Prozent den Bäcker ausgestochen.

Dazu passt, dass Konsumenten vermehrt auf SB-Verpackte Brot und Backwaren zurückgreifen und sich damit auch bevorraten. Sie sparen dadurch Zeit und Kraftstoff.  Das täglich frische Brötchen vom Bäcker verliert an Bedeutung. Die wachsenden Sortimente sind Bio-Produkte und „Ethnic-Food“ mit länderspezifischen Brot-Spezialitäten.

Maßnahmen

Gegen die Personalknappheit wollen die Großbäcker „klischeefreie Vollzeit- und Teilzeitmodelle etablieren“ und auch Homeoffice ermöglichen. Mit der Aus- und Weiterbildung für neue Kompetenzen sollen Arbeitsplätze attraktiver gemacht werden.

Im Rahmen des Energiemanagements sollen Zweistoffbrenner neben Erdgas auch Wasserstoff als Energieträger nutzen können. Damit während des Betriebes zwischen beiden Energieformen umgeschaltet werden kann, muss der Wasserstoff-Netzausbau massiv gefördert werden. Immerhin könnten drei Viertel davon im Erdgasnetz transportiert werden. Die Eigenproduktion mit Solarenergie und ein elektrischer Fuhrpark sowie die Optimierung der Backofentemperaturen sind innerbetriebliche Maßnahmen.

Lesestoff:

[1] Leseclub Antiquariat 34/2022

Roland Krieg; Foto: Renate Lottis

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