Bio bewegt den LEH
Handel
Kurze Wege und volles Sortiment
Die Jahreszahlen für den Ökolandbau bestätigten in diesem Jahr einmal mehr, dass dieses Marktsegment ein Wachstumsfaktor ist. Unzufrieden zeigte sich der deutsche Branchenteil aber dennoch: Die Rohware kommt vermehrt aus dem Ausland. Das liegt vor allem an dem staatlichen Bio-Siegel, dass gegenüber den Anbauverbänden mit der EU-Ökoverordnung niedrigere Produktionsstandards aufweist. Für den Handel stellt das Bio-Siegel wiederum einen Rekord auf: 1.629 Unternehmen haben sich zertifizieren lassen und liefern mittlerweile 32.161 Produkte aus. Allein im ersten Quartal 2006 kamen nach Aussage des Zertifizierers 134 neue Zeichennutzer hinzu: Mehr als einer jeden Tag. Viele Neuzugänge passen sich der Sommersaison an: Grillwürstchen und Bierspezialitäten in Bio-Qualität.
„Bio für alle“
Zur hehren Forderung Bio-Produkte massenkompatibel dem Verbraucher näher zu bringen, gesellt sich zunehmend Skepsis. Das Marktforschungsunternehmen GfK ermittelte bereits einen 20-prozentigen Anteil der Discounter am Biomarkt. Aldi legte 2005 um 46 Prozent mit seinen Bioprodukten zu, Lidl und Plus sogar um 64 Prozent. Lidl steigt sogar in den Verkauf von fair gehandelten Produkten ein. Zusätzlich bieten reine Biosupermärkte dem Verbraucher ein Vollsortiment an, wie basic zuletzt in der Berliner Friedrichstraße überraschten Verbrauchern zeigte.
Gegenüber dem traditionellen Naturkostladen erschließen Bio-Siegel und Preisvorteile neue Verbraucherschichten und der Handel ist wieder unzufrieden. Steffen Reese, Geschäftsführer von Naturland: „Bereits im konventionellen Sortiment werden die Bioprodukte unter Wert verkauft. Das werden wir bei Bio-Produkten im Discount auch bald haben.“ So überlegte die Branche schon im Oktober 2005 auf der ANUGA, wie sich mehr Bioprodukte ohne Preissenkung verkaufen lassen.
Heute schon Bio gekauft?
28 Prozent aller in Europa verkauften Bio-Produkte wandern in Deutschland über die Ladentheke. Damit ist Deutschland Europameister. Für den Marktforschungs-Spezialisten International Resources aus Nürnberg ist das Grund genug gewesen, mit 642 repräsentativen Interviews im Mai 2006 die „Bio-Studie“ über Kaufentscheidungen und Verhalten zu fertigen.
Demnach werden Bioprodukte vor allem dann gekauft, wenn sie im Geschäft geführt werden. Denn die Laufbereitschaft der Kunden ist begrenzt: „55 Prozent der Bio-Käufer suchen für den Einkauf von Bio-Produkten maximal zwei verschiedene Geschäftstypen auf. Die vermutlichen Kern-Bio-Käufer, deren Hauptgeschäft für Lebensmittel der Bio-Markt ist, sind deutlich laufbereiter; allerdings liegt der Anteil dieser Käufer an den gesamten Bio-Käufern bei lediglich 4,2 Prozent“.
Die folgende Tabelle beschreibt die Dominanz der Verbrauchermärkte und Discounter.
„Alles an einem Ort und kurze Wege“ – so ließe sich ein wesentliches Resümee aus der Studie ableiten. Der Verbraucher zeigt sich unbelastet von den Sorgen des Handels: Wenn er auf Bio-Ware trifft, dann kauft er sie. Denn generell waren 36 Prozent der Befragten mit der Sortimentsgröße im Handel zufrieden – am wenigsten allerdings im Discounter. Die beliebtesten Warengruppen sind Obst und Gemüse mit 51, Milchprodukte mit 41,3 und Eier mit 15 Prozent.
Es gibt zwar die unterschiedlichsten Haushaltscharakterisierungen, aber die Studie hat festgestellt, dass es keine signifikante Altersklasse für Bio-Käufer gibt: „Bio für jeden.“ Im Vergleich zu 2004 kaufen heute 38,5 Prozent der Befragten öfter und mehr Bio-Produkte. Der Wunsch nach noch mehr Bio richtet sich auf die Erschließung neuer und weniger auf eine Ausweitung des Angebots innerhalb von Warengruppen.
Die Studie:
Die Bio-Studie beschreibt auch Preisschwellen und Potenziale in den einzelnen Warengruppen, Ausgabenbereitschaft der Verbraucher und „definiert den optimalen Umfang eines Bio-Sortiments“. Die Studie der Autoren Corinna Marggraf und Winfried Elbers kann bezogen werden unter www.infores.com
Informationen über das Bio-Siegel finden Sie unter www.bio-siegel.de
Roland Krieg