Bio-Brasilien: Licht und Schatten

Handel

Alptraum Bio-Exporte nach Brasilien

Im Jahr 2005 gab es in Brasilien lediglich 12 zertifizierte Exporteure. Die produzierten ausschließlich Lebensmittel und exportierten ihre ganze Ware ins Ausland für 9,5 Millionen US-Dollar. In diesem Jahr gibt es bereits 90 Bio-Auslandshändler, die neben Lebensmitteln auch Textilien, kosmetische Produkte und Serviceleistungen für 110 Millionen US-Dollar exportieren. Aber auch vermehrt auf dem wachsenden heimischen Biomarkt in Brasilien absetzen, erklärte Ming Liu von Organics Brazil auf der Biofach in Nürnberg.

Wachsende Einkommen

Nach Uwe Censkowsky, Direktor von Organic Services GmbH, begründet die wachsende Mittelschicht in Brasilien den heimischen Biomarkt. Gab es im Jahr 2003 nur 38 Millionen Menschen mit einem mittleren Einkommen zwischen 617 und 2.579 US-Dollar, waren es im Jahr 2009 bereits 50 Millionen Menschen. Die haben für einen Bioumsatz in Höhe von 152 Millionen Euro gesorgt, ein Plus von 40 Prozent. Für das Jahr 2014 werden 700 Millionen Euro Umsatz erwartet, wenn vor allem die Weltmeisterschaft ökologisch und nachhaltig ausgerichtet werden soll.
Die Brasilianer wollen „bio“. Nicht nur bei Gemüse und Obst, sondern auch immer mehr bei Milch und Fleisch. Zwei Drittel der Ware wird über den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel umgesetzt, der Rest in spezialisierten Geschäften und direkt ab Hof bei den Bauern. Auch Online ist Bio ein gutes Geschäft, denn 297 Waren sind nach Analyse von Censkowsky über den digitalen Vertriebsweg erhältlich.
Hauptabsatzquelle ist die Grupo Pao de Acucar, die 22 Prozent des Umsatzes generiert und bei ausländischen Investoren wie Wal Mart und Carrefour Nachahmer findet. Das Angebot bleibt weit hinter der Nachfrage zurück, so dass beispielsweise Bio-Kaffe mit 4,88 Euro für 250 Gramm Bohnen und 3,16 Euro für 500 Gramm Filterkaffee oftmals teurer ist als in Deutschland.
Als Hemmnis für den Biohandel führt Censkowski weiche Definitionen an. Gerade in den ausländischen Handelsketten wird „bio“ oft mit „light“ oder „zuckerreduziert“ sowie esoterischen Attitüden vermischt.

Alptraum Import

Brasilien hat eine neue Ökogesetzgebung, die nach Exporteur Renato Hauptmann, Direktor des Gebäckherstellers Monama, sich an den Stand der EU-Ökoverordnung aus dem Jahr 1992 orientiert.
Trotzdem ist der Import von Bioprodukten, für die sich ausgezeichnete Marktchancen bieten, alles andere als leicht. Zum einen liege das an den schwierigen Zertifizierungsbedingungen. Die sechs Zertifizierer erkennen ihre Standards untereinander nicht an und die Kosten machen die Importe alles andere als wirtschaftlich. Für jeden US-Dollar cif-Kosten (charge, insurance, freight an Hafen Brasilien) kommen noch einmal 85 Cent hinzu, bis die Ware im Regal des Handels stehe.
Renato Hauptmann berichtete von Geschäftskontaktenm die er auf der BioFach in Südamerika im Oktober 2010 machte. Sie führten zu einem Geschäftsabschluss im März 2011 und erforderten die Zusammenarbeit von vier Zertifizierern, was alleine schon die Kosten „durch die Decke“ gehen ließ. Letztlich kam der Handel doch nicht zustande und der Kontrakt musste aufgelöst werden. Schaden: 325.000 US-Dollar für Monama und sechs Container Frachtverlust für den ausländischen Geschäftspartner.

Lernender Markt

Doch Censkowski berichtet, dass der brasilianische Markt lernt. Vor allem für die kleinen Betriebe sollen spezielle Hilfen die teuren Pionierausflüge in die Biowelt realisierbar machen. In der Tat hätten viele Firmen in der Vergangenheit viel Geld auf dem internationalen Biomarkt verloren, doch ändere sich das Klima. Der Markt sei reif für den Punkt, dass sich Geschäfte auch wirtschaftlich lohnen.

Roland Krieg; Foto: Ralf Flucke

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