Bitterer Zucker

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Nordzucker macht Werk in Güstrow dicht

>Die Nordzucker AG hat angekündigt, die Zuckerfabrik in Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern, zu schließen. Die Rübenkampagne hat dabei gerade erst angefangen. Als Begründung führt der Konzern die nicht mehr für die Produktion ausreichende Quote im Rahmen der EU-Zuckermarktreform an.

Verlust in strukturschwacher Region
Heftige Kritik an der Entscheidung kam von Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Dr. Till Backhaus: „Das Werk ist in den 90er Jahren mit erheblichen öffentlichen Mitteln umgebaut und umfassend modernisiert worden. Mit der Fabrik verliert eine bereits durch andere Unternehmensaufgaben gebeutelte Region einen der wichtigsten Arbeitgeber. Während wir hier im Land gemeinsam darum kämpfen, Wertschöpfungspotenziale im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern zu erschließen, werden bestehende an anderer Stelle vernichtet. Die Entscheidung von Nordzucker ist für die Menschen in der Region und für mich persönlich eine herbe Enttäuschung.“
Er hofft, dass die 14 Auszubildenden ihre Lehre noch ordnungsgemäß zu Ende führen können. Backhaus appellierte an die soziale Verantwortung des Unternehmens für die Region.

Ein Dominoeffekt
Eingriffe in das operative Geschäft hatte Nordzucker-Chef Gerd Birlenberg bereits im Mai 2007 angekündigt: „Alle Zuckerunternehmen in der EU werden schrumpfen.“ Der Konzern-Umsatz fiel von 1,3 auf 1,2 Milliarden Euro und der Überschuss im Geschäftsjahr 2006/2007 stieg nur dank Beteiligungsverkäufe und Wegfall von Belastungen von 69 auf 115 Millionen Euro. Exportbeschränkungen und Quotenkürzungen machen Werke unrentabel.
Sehr enttäuscht musste sich auch Hessens Agrarminister Wilhelm Dietzel zeigen, als die Südzucker AG im Mai entschied, ihr Werk in Groß-Gerau dicht zu machen. In Hessen sind 1.700 Betrieb auf 12.000 Hektar betroffen, die nun 50 Kilometer weiter nach Offstein fahren müssen, um ihre Rüben zu verkaufen.
Südzucker hatte in diesem Jahr auch angekündigt, das Werk in Regensburg zu schließen. Bayerns Agrarminister Josef Miller ist noch auf der Suche nach tragfähigen Alternativen für 2.350 Rübenbauern auf 13.300 Hektar Fläche. Vor Bekanntgabe dieser Werksschließung gingen die Rübenbauern noch um eine Ausdehnung der Anbaufläche um sieben Prozent aus.

Rückzug auf Rübenstandorte und Zukunft Ethanol?
Bis 2015 läuft die EU-Zuckermarktordnung, die Vorgaben der WTO erfüllen und die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Zuckermarktes stärken soll. Insgesamt müssen bis zu sechs Millionen Tonnen Zucker weniger produziert werden, was rund 30 Prozent der aktuellen Produktion umfasst. Als erstes werden die klimatisch weniger guten Standorte in Nord- und Südeuropa zurückgefahren.
Die Politik hofft jedoch, das im Rahmen der Strukturänderungen, Alternativen wie die Ethanolherstellung aus Rüben ausgedehnt wird. Hoffnungsträger ist das Biokraftstoffquotengesetz, das eine Beimischungsverpflichtung von Bioethanol zu herkömmlichem Kraftstoff vorschreibt.
So will die dänische Danisco bereits 2008 im mecklenburgischen Anklam mit einem Investitionsvolumen von 24,8 Millionen Euro die volle Produktionskapazität von 52.000 m3 Bioethanol beginnen. Am 01. Juli 2007 wurden dafür die Fundamentarbeiten in der bestehenden Zuckerfabrik durchgeführt. Rund 250 Rübenbauern sollen bereits Lieferverträge unterzeichnet haben. Für die Anlage werden speziell 8.000 Hektar Ethanol-Rüben angebaut, die rund um Anklam einen Ertrag von 52 Tonnen je Hektar bei 9,1 Tonnen Reinzucker erzielen. Pro Hektar können auf diese Weise 6.500 Liter Bioethanol produziert werden.
Verbleiben nur noch die ertragsreichen Rübenstandorte für die Zuckerproduktion, dann prognostizieren Marktbeobachter, dass die EU zum Nettoimporteur für Zucker wird.

VLE

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