BMZ: Weltsozialamt oder Wirtschaftspartner?
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BMZ: Weltsozialamt oder Wirtschaftspartner?
Die Frage, welche Entwicklungshilfe richtig ist, ist alt. Sie erreicht auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in neuer Besetzung. Dirk Niebel von der FDP steht dem BMZ vor, das er vor der Wahl hat abschaffen wollen.
„BMZ ist kein Weltsozialamt“
Am Montag hat Dirk Niebel im Deutschlandfunk klar gestellt, dass das BMZ kein Weltsozialamt sei, „wie manche dieses Haus in der Vergangenheit betrachtet haben.“ Niebel sah in der Vergangenheit im BMZ eine „Neben-Außenpolitik“ konträr zum Auswärtigen Amt, aber jetzt durch eine einheitliche Parteibesetzung in beiden Ministerien eine einheitliche Linie verwirklicht. In Zukunft ist „die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ein integraler Bestandteil der deutschen Außenpolitik, nicht in deren Auftrag“, aber eingebettet in der Form, dass Entwicklungsgelder zielgenau eingesetzt werden müssten. Gemäß des Koalitionsvertrages, der folgende Schlüsselsektoren ausweist: „Gute Regierungsführung, Bildung/Ausbildung, Gesundheit, ländliche Entwicklung, Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit (Ausbau/Schutz des Privatsektors, z.B. mittels PPP, Mikrofinanzsystemen und Infrastrukturförderung).“ Die bilaterale Zusammenarbeit entfalle demnach nur noch auf eine begrenzte Zahl an Partnerländer. Für fragile und zerfallende Staaten sollen neue Konzepte erarbeitet werden. Mit Schwellenländer sollen Partnerschaften für eine nachhaltige Gestaltung der Globalisierung gefördert werden.
(Impfstoff)streit
Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe hingegen kritisiert diese Ausrichtung der Entwicklungshilfe. Der Stuttgarter Zeitung sagte sie am Montag, dass Niebels Blick „nicht primär den Armen und der Frage, warum sie arm sind und was ihnen helfen würde“, gelte, sondern mehr interessiere, „was die deutsche Wirtschaft braucht, speziell der Mittelstand und die Pharmaindustrie“.
Als Beispiel nannte sie die 14 Millionen Euro, die der Minister aus dem Entwicklungsetat für den Ankauf deutscher Impfdosen zur Bekämpfung der Schweinegrippe in Afrika zur Verfügung stelle. „Da wird etwas als Entwicklungshilfe ausgegeben, was im Grunde eine Hilfe für die deutsche Pharmaindustrie ist, die mit Armutsbekämpfung nichts zu tun hat.“ Im Gesundheitsbereich gebe es in Afrika „dringlichere Probleme“. Zeitgleich gebe es in Deutschland eine Überproduktion des Impfstoff.
Bevor der Impfstoff zum Gleichnis exportsubventionierter Überschussprodukte werden kann, konterte Niebel: „Die Bundesregierung hat keine Impfdosen angekauft. Die 14 Mio. Euro aus dem Etat des BMZ sind mit Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages noch im Jahr 2009 direkt der WHO zur Verfügung gestellt worden, zur logistischen Umsetzung von Impfkampagnen. Das heisst konkret, dass mit den Mitteln die Verimpfung von Impfdosen ermöglicht wird, die der WHO von anderen Ländern für Entwicklungsländer zur Verfügung gestellt worden sind. Dabei geht es u.a. um die Finanzierung von Kommunikationskampagnen, Transport der Impfstoffe, Sicherstellung der Kühlketten, Beschaffung von Verbrauchsmaterialien, Schutzkleidung etc.“ Die Hilfe sei noch eine Zusage aus der letzten Legislaturperiode und Niebel warf Cornelia Füllkrug-Weitzel vor, ihr kirchliches Amt für parteipolitische Desinformation zu missbrauchen.
Lesestoff:
Welche Entwicklungshilfe wirklich wirkt war vor zwei Jahren Thema einer internationalen Konferenz in Berlin.
Ende 2009 tagten in Marrakesch internationale Vertreter über die Möglichkeiten und Notwendigkeiten, Politik in Afrika zu dezentralisieren.
Roland Krieg