Borg bremst Erwartung an Kennzeichnung

Handel

Pferdefleisch kein Schwung für neue Kennzeichnung

Aus 750 Tonnen Pferdefleisch wurden 4,5 Millionen Rindfleischnahrungsmittel gemacht. Ohne Rückstände von Phenylbutazon ist der Gehalt an Pferdefleisch kein Problem der Lebensmittelsicherheit, rechnete EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg dem EU-Agrarrat am Montag vor. Den Betrug hätte es auch mit einer verbesserten Kennzeichnung gegeben. Die Größe des Skandals sei ein Nachteil des gemeinsamen Binnenmarktes, wenn sich die Marktorganisation der Lieferketten über vier bis fünf Länder erstrecken. Der sowieso geplante Bericht zur Herkunftskennzeichnung soll von Ende 2013 auf den Herbst dieses Jahres vorgezogen werden, aber Borg machte keinen Hehl daraus, dass er in der verpflichtenden Kennzeichnung für verarbeitete Produkte kaum ein Pfand gegenüber krimineller Energie sieht. Es sind auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die ihre Fleischwaren aus vier bis fünf Ländern beziehen. Es sei nicht ohne erheblichen Aufwand klar zu stellen, welches Tier in welchem Land geboren, geschlachtet und verarbeitet worden sei. Außerdem argumentiert die Industrie, dass Herkunftsangaben protektionistisch wirken können. Borg spricht sich für strengere Kontrollen und härtere Strafen aus. Allerdings, so bemühte sich Borg, auch die Todesstrafe auf Raubüberfälle habe Raubüberfälle nicht verhindern können. Borg will aber mit dem Bericht eine Empfehlung abgeben, Kontrollpläne aufzustellen [1].

Österreichs Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich hatte in der letzten Woche einen „Reisepass für Lebensmittel“ vorgeschlagen. Dieser soll auch bei verarbeiteten Produkten über die Herkunft der wesentlichen Zutat Auskunft geben. Werde dieser Reisepass mit einer europaweiten Datenbank verknüpft, dann würden auch die einzelnen Stufen der Rückverfolgbarkeit zusammengeführt.
Die Iren haben in Absprache mit der Industrie und in Zusammenarbeit mit Frankreich und den Niederlanden den DNS-Test im Fleischwerk als Standard eingeführt, ergänzt der irische Landwirtschaftsminister Simon Coveney. Chargen dürfen nur noch das Unternehmen verlassen, nachdem es ohne Befund beprobt wurde. Coveney wünschte sich, dass andere Länder diesem Beispiel folgen.

Kontrollen und Kontrolleure

Wer wie die EU und Deutschland strengere Kontrollen verlangt, der muss auch an die Kontrolleure denken. Das tat vor dem Hintergrund des Eier-Betrugs am Montag ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Es nütze nichts, immer schärfere Kontrollen einzuführen; „die zuständigen Kontrollbehörden der Bundesländer müssen idese Gesetze auch überwachen, und zwar nicht nur vom Schreibtisch aus.“ Zur Kontrolle gehöre auch eine Buchprüfung und nicht nur der Vergleich der Futter-Einkaufslisten und Verkaufsprodukte. Die haben wohl gestimmt, aber nicht die Buchführung für den Bestand.

Lesestoff:

[1] Vor dem Hintergrund der BSE-Krise wurde im Jahr 2000 eine umfangreiche Kennzeichnungs- und Rückverfolgbarkeit bei unverarbeitetem Rindfleisch eingeführt. Die Etikettierungsvorschriften gelten für frisches, gekühltes und gefrorenes Rindfleisch sowie für unverarbeitetes Rinderhackfleisch und gemischtes Hack. Auch Rindfleisch aus Drittländern muss gekennzeichnet sein. Mittlerweile ist auch die Herkunftskennzeichnung für Schweine, Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch in der Verordnung EU/1169/2011 vorgesehen. Die EU-Kommission wollte planmäßig einen Bericht zur Durchführung Ende 2013 herausbringen und kann diesen wegen des Pferdefleischskandals auf den Herbst vorziehen.

Roland Krieg

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