"Brand Africa"

Handel

Ökolandbau in und aus Afrika

Afrikas steht am Samstag auf der Nürnberger BioFach im Fokus. In den Schlagzeilen stehen der Tschad und Kenia im Vordergrund, aber es lohnt immer wieder, sich die Mühe zu machen, genauer hinzusehen. In der Halle 4 präsentieren im „Organic Africa Pavillon“ über 70 Exporteure dem internationalen Handel, Baumwolle und Textilien, Kakao und exotische Früchte. Parallel veranstaltet ein breites Bündnis unter Leitung von Grolink und Agro Eco einen ganztägigen Workshop, um die Herausforderungen und Chancen des ökologischen Landbaus in Afrika auszuloten.
Aussteller und Repräsentanten wären gekommen, wenn sie ein Visum erhalten hätten. Gunnar Rundgren von Grolink aus Schweden berichtete, dass fehlende Arbeitsbescheinigungen und fehlende Bankvermögen ein Visum verhindert hätten. Patricia Francis vom International Trade Center (ITC) in der Schweiz findet das vor allem deshalb bemerkenswert, weil in den Botschaften zur Visagewährung ein Raum weiter oft genug die Abteilung für wirtschaftliche Entwicklung sitzt und auf personellen, technischen und finanziellen Austausch setzt. Da verlaufen innerhalb der europäischen Botschaften Grenzen.

Die Nachfrage kommt nach Afrika
Okasai Opolot vom Tourismusministerium in Uganda stellt fest, dass der Bio-Boom auch vor Afrika nicht halt macht. Nach Angaben von Moses Muwanga vom National Organic Movement Uganda (NOGAMU) ist die Umstellung auf den Ökolandbau in Afrika und besonders in Uganda leicht zu bewerkstelligen. Während in Afrika südlich der Sahara bis zu neun Kilogramm Pflanzenschutzmittel auf einen Hektar ausgebracht werden, ist es in Uganda nur einer. Innerhalb eines Jahres haben die Betriebe ihre Biozertifizierung bereits erreicht.
Afrika Forum auf der BioFachMarktanteile für organische Produkte seien leichter zu erzielen als durch konventionelle Waren, sagte Muwanga. Die Bauern in seinem Land nutzen den neuen Markt. 90 Prozent sind Kleinbauern. 2004 gab es 40.000 zertifizierte Ökobauern, heute bereits 200.000. Im gleichen Zeitraum haben sich die Exportfirmen für ökologische Waren von 12 auf 36 erhöht. Neben sechs internationalen Zertifizieren hat das Land mit Ugocert auch ein eigenes System aufgestellt.
Uganda hat für 2008 besonders viel vor. „Wir haben neue Pläne und große Träume“, sagte Opolot. Noch in diesem Jahr will Uganda Erzeuger, Verarbeiter, Händler und Marketing auf eine gemeinsame Strategie ausrichten. Der afrikanische Pavillon dient nicht nur für Uganda als Testmarkt, welche Produkte in Europa ankommen und welche nicht.

Kleiner Markt auf dem großen Kontinent
Auch wenn die Zahlen aus Uganda auf dem ersten Blick beeindrucken mögen, die Statistik, präsentiert von Hervé Bouagnimbeck von IFOAM Deutschland, ist, sofern Zahlen exakt erhoben sind, ernüchternder. 30 Länder weisen eine organische Produktion aus. Insgesamt ist die zertifizierte Anbaufläche lediglich 470.059 Hektar groß. 175.266 Betriebe haben sich zertifizieren lassen und auf den gesamten afrikanischen Landbau bezogen umfasst der Ökolandbau lediglich 0,05 Prozent.

Fläche in ha

Anzahl Betriebe

Tansania

150.000

Uganda

80.000

Uganda

90.000

Tansania

20.000

Südafrika

50.000

Kenia

15.000

Q: IFOAM Deutschland, Zahlen von 2006

Die Tabelle belegt, dass es sich bei den afrikanischen Betrieben zu allermeist um Kleinbauern handelt. Lediglich im Norden Afrikas sind die Betriebe größer, weil hier der Ökoanbau kommerziell betrieben wird, so Bouagnimbeck. Pascal Liu von der FAO belegt, dass der Umsatz von derzeit 40 Milliarden US-Dollar am Biomarkt an Afrika noch vorbeigeht. 95 Prozent des Umsatzes werden in den Industrieländern erzielt, wobei davon auf Nordamerika und Europa 85 Prozent entfallen. Nur ein Prozent des Umsatzes wird in Afrika generiert.
Das liegt aber auch daran, dass Afrika meist nur Rohwaren exportiert. Uganda will versuchen in die verarbeitete Produktion einzusteigen und die Wertschöpfung in Afrika zu lassen.

Ein schwerer Weg
Der Bioanbau in Afrika weist einige Hindernisse auf. Zum einen gibt es die strukturellen Probleme, dass viele Bauern keinen Zugang zum Markt haben, die Infrastruktur für Kredite und Service nicht vorhanden sind und der Wissensstand für eine gute Ausbildung gering ist.
Kuwanga spricht noch ein weiteres Problem an. Die ersten Zertifizierungen sind aus privatem Engagement entstanden und die Regierungen haben meist den Ökolandbau gar nicht erst auf dem Entwicklungsplan. Spreche man zur Entwicklung der Biobranche die Politik an, findet man dort nicht die dringlichsten Probleme der Kleinbauern.
Organic African PavillonEin weiterer Problemkreis besteht in der Exportausrichtung der Ökoproduktion. Warum sollen die Bauern, die mit zu den Ärmsten gehören, für andere Produkte herstellen? In der Tat sind die einheimischen Märkte mit einer Nachfrage nach Ökoprodukten noch sehr klein. In Uganda gibt es jedoch die ersten „Gemüsekisten“ für die einheimische Bevölkerung – in Körben. Patricia Francis von der ITC hingegen führte an, dass die Wirtschaften am erfolgreichsten sind, die sich nach den internationalen Märkten ausrichten. Hier können sie lernen, was die Qualitätsstandards und Anforderungen sind. Die Länder, die nur den Blick auf den heimischen Markt werfen, seien weniger erfolgreich. Eigentlich sei es eine einfache Lösung: Das Land, das allen wenigstens die Chance gibt, international zu handeln, kommt am weitesten – aber, so grenzte Francis gleich ein, das ist auch der schwierigste.

Ausbildung und Wissensvermittlung
Die FAO hat in der Vergangenheit viele Projekte aufgelegt, dem Wissensdefizit zu begegnen. Am erfolgreichsten sind offensichtlich die Projekte, bei den Bauern ihre Berufskollegen informieren, weil sie untereinander die gleiche Sprache sprechen. Zusammen mit IFOAM will die FAO sich an die Harmonisierung der Ökostandards wagen. Afrikas Bauern können und müssen zwischen Standards aus den USA, Europa oder Japan wählen. Hinzu kommen eigene Standards von Anbauverbänden. Das ist aufreibend und kostenintensiv.
Neben der Ansprache, dass die afrikanischen Regierungen Strategien aufstellen sollen, den heimischen Ökoanbau zu forcieren, muss aber auch der internationale Handel so eingerichtet sein, dass die Bauern für ihre Ware einen leichten Marktzugang und faire Preise erhalten. Kritisch sieht Francis die Diskussion in England, afrikanischen Ökoprodukten keine Zertifizierung mehr geben zu wollen, weil der Kohlendioxidabdruck wegen der weiten Transportwege ungünstig sei. Francis plädierte für eine gerechte Bewertung, denn die Schnittblumen aus den Niederlanden hätten auch nicht gerade die größte Klimafreundlichkeit.

Lesestoff:
Die Vortragsfolien aus dem Afrikakongress sollen bis spätestens Montag auf www.ifoam.de verfügbar sein. Länderberichte mit detaillierten Zahlen und Plänen der einzelnen Länder bietet die Seite ww.fao.org/organicag. Das Internationale Trade Center erreichen Sie unter http://www.ifoam.de
Im letzten Sommer gab es in Berlin einen Afrikakongress zur Überprüfung der Entwicklungshilfe im Bereich der ländlichen Entwicklung. Einen Artikel über das Abkommen zwischen der EU und Afrika finden Sie hier. Der aktuelle Stand ist, dass nun bis Ende 2008 das Abkommen fertig sein soll.
Abschluss morgen.

roRo; Fotos: roRo

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