BUND fordert Top-Runner statt Vollbremser
Handel
Top-Runner-Programm für die Energiewende
„Die Energiewende ist die zentrale Aufgabe der ganzen Gesellschaft“, sagte BUND-Vorsitzender Prof. Hubert Weiger in Berlin. Zusammen mit Dr. Martin Pehnt, dem Energieexperten des ifeu-Instituts für Energie und Umweltforschung, stellte der die Studie „Top-Runner für Deutschland“ vor.
Bremsfaktor Wirtschaftsministerium
Die Politik muss im Rahmen der Energiewende auch
Vorzüglichkeiten für das Energiesparen und für Energieeffizienz setzen, denn
die Energieverschwendung sei ein Kennzeichen „unserer Gesellschaft“ geworden.
Großverbraucher bekommen subventionierte Tarife und die Energie war
jahrzehntelang zu billig. Die Energiewende in Deutschland werde zu einer
Blaupause für andere Industrienationen.
Die EU-Zielvorgabe von 20 Prozent erneuerbare Energien
und 20 Prozent Energiereduzierung bis zum Jahr 2020 seien nur als Minimalziele
zu verstehen. Mit der bereits vorhandenen Technik könnten zwischen 40 und 60
Prozent des Energiekonsums eingespart werden. Vor allem das
Bundeswirtschaftsministerium habe sich jedoch als Blockierer der Energiewende
hervorgetan, weswegen Weiger die Bundeskanzlerin aufforderte, ihre
Richtlinienkompetenz in Sachen Energiewende umzusetzen.
Aus diesem Grunde hat der BUND beim ifeu-Institut eine
Studie für das Top-Runner-Modell in Auftrag gegeben, die mit sieben Handlungsfeldern
das Sparen und die Energieeffizienz beschleunigen will. Zwei Punkte, die nach
Autor Martin Pehnt viel zu wenig Beachtung in der Diskussion finden. Vielfach
werden diese Ziele missverstanden, weil durch einen falsch verstandenen
„Verzicht“ keine Marktmöglichkeiten entstünden. Dabei sei der Ausbau der
erneuerbaren Energien auch darauf auslegt, dass durch die Energiewende am Ende
weniger Energie verbraucht werde. Energieexperte des BUND, Thorben Becker, wies darauf
hin, dass schon bei der Netzplanung die Reduzierung des Stromverbrauches
berücksichtigt werden müsse.
Energieministerium?
Grundsätzlich entzündet sich die Debatte in der
Regierungskoalition durch die unterschiedliche Ausrichtung der beiden
hauptsächlich mit der Energiewende beschäftigten Ressorts. Während das
Umweltministerium den Ausbau der erneuerbaren Energien voran treiben will, muss
sich das Wirtschaftsministerium mit der Bewahrung der industriellen Interessen
von Gesellschaften beschäftigen, die mit fossilen und atomaren Energien
handeln. Wenn ein eigenes Energieministerium, das die Zugkräfte harmonisch im
Sinne der Energiewende bündeln könnte und den Streit zwischen den beiden
Ressorts ausräumte, dann wäre für Thorben Becker ein eigenes Energieministerium
sinnvoll. Vorrang habe aber die Suche nach einer gemeinsamen Strategie. Zwei
Ministerien würden nach Hubert Weiger auch mehr dem dezentralen Ansatz der
künftigen Energieversorgung entsprechen, sagte er zu Herd-und-Hof.de.
Mit der Ablehnung von konkreten Energieeinsparvorgaben
habe der Bundesverband der Deutschen Industrie in der letzten Woche kein
Alleinstellungsmerkmal gezeigt, sagte Dr. Martin Pehnt zu Herd-und-Hof.de.
Beispielsweise habe der Haushaltegerätehersteller Siemens-Bosch in
energieeffizienten Geräten eine Marktlücke entdeckt. Es gehe darum, der
Industrie zu zeigen, so Pehnt weiter, dass es einen
„Effizienzdienstleistungsmarkt“ gibt.
Das Top-Runner – Modell
Das Prinzip dieses Modells ist einfach. Die
effizientesten Geräte auf dem Markt werden zum Maßstab der kommenden
Produktgeneration. Gleichzeitig dürfen die alten Geräte nicht mehr angeboten
werden.
So könnte das bestehende Projekt des
Bundesumweltministeriums „Stromspar-Check für Einkommensschwache Haushalte“ um
ein A+++ - Förderprogramm erweitert werden. Hier könnten die effizientesten
Kühlgeräte gezielt gegen alte Energieverschwender ausgetauscht werden. Mit
einer Obergrenze des Jahresstromverbrauches könnte der gefürchtete
Rebound-Effekt vermieden werden. Dabei kaufen Konsumenten größere oder mehr
Geräte, weil sie vorher Energie gespart haben und verbrauchen hinterher sogar
mehr Strom als vorher. Dieses Projekt kostet nach Berechnungen des
ifeu-Instituts nur sieben Millionen Euro und spart rund 46 GWh im Jahr.
Ein weiteres innovatives Modell könnte das
„Gutschein-Programm“ sein. Dabei lösen Kunden beim Kauf eines effizienteren
Gerätes einen Gutschein ein, den der Händler beispielsweise beim Bundesamt für
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eintauschen kann. Gespeist werden soll der
Gutschein-Fonds aus dem „Energie- und Klimafonds“. Der allerdings ist derzeit
rund zur Hälfte unterdeckt.
Lesestoff:
Die Studie steht zum Download beim www.bund.net.de bereit.
Prof. Töpfer gründete die „Plattform Energiewende“ für
eine koordinierte Energiepolitik
Die EU mahnte kürzlich einige Länder ab, weil sie die
Umsetzung für den Energiebinnenmarkt und die Regeln für die
Energiekennzeichnung nicht eingehalten haben
Der BUND hatte im Februar zu mehr Forschung in der
Nachhaltigkeit aufgefordert
Roland Krieg