China und Brasilien in Afrika

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Entwicklungshilfe: Südgeber – Südpolitik?

Die deutsche Entwicklungspolitik steht auf dem Prüfstand. Klimawandel, Welternährungssituation und Armut stehen auf der Aufgabenliste – doch die Wirtschaftskrise hat viele Ansätze wieder zunichte gemacht. Der reiche Westen ist nicht mehr der alleinige Entwicklungshelfer. Seit Dienstag diskutieren Nichtregierungsorganisationen, Politik, Wissenschaft und Kirchen in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin über den aktuellen Stand der Entwicklungshilfe und der Position nach einem Jahr schwarz-gelber Regierungsarbeit.
Herd-und-Hof.de beleuchtet einige Schwerpunkte.

Neue Akteure – alte Probleme?
Entwicklungshilfe ist nach Dr. Stephen Lintner von der Weltbank heute mehr als nur ein Technologietransfer. Heute rückten soziale Aspekte, Glaubwürdigkeit, Umweltfragen und Transparenz stärker in den Vordergrund. Die Entwicklungshilfe müsse die Balance zwischen nationalen und globalen Interessen finden.
Die „alten“ Akteure wie die OECD, GTZ oder die Weltbank werden von hoch diversen Gruppen abgelöst. Die Regierungen finanzierten sich die Hilfe schon teilweise selbst, private Investoren rücken nach vorne, es entstehen neue Verbindungen zwischen Ost und Süd und auch Fonds suchen Anlagemöglichkeiten in Schwellen- und Entwicklungsländern. Die alten Entwicklungsziele sind immer noch aktuell, und die neuen Akteure müssten nur noch auf die richtigen Lösungen eingestellt werden.

China...
China und Brasilien sind ebenfalls neue Akteure auf dem Entwicklungshilfemarkt. Claude Kabemba, Direktor des Southern Africa Research Watch möchte sich nicht am allgemeinen „China-bashing“ beteiligen. Wenn die 53 afrikanischen Staaten ihre Ziele gegenüber China richtig zu definieren wüssten, dann kann China den Afrikanern eine große Hilfe sein. Chinas Engagement in Afrika begann mit militärischer Hilfe auf dem Weg in die Unabhängigkeit. Heute setzt das Reich der Mitte auf den Infrastrukturausbau.
Kabemba rückt die Kritik an Chinas Engagement ins afrikanische Licht: China nutze für seine Investitionen die vom Norden vorbereiteten Entwicklungsbahnen. Wer also China kritisiere, der kritisiere die nördlichen Beziehungen zu den afrikanischen Ländern. Umgekehrt habe Afrika sehr große Chancen, den Chinesen zu helfen. China sei nicht so stark, wie es oft hingestellt werde. Das riesige Land funktioniere, weil es trotz der vielen Armen im Land Frieden und Stabilität verspricht. Jedes Jahr müssten Millionen Chinesen mit Land, Nahrung und Hausbau aus der Armut geholt werden. Und Afrika kann nach Kabemba einen großen Teil der benötigten Ressourcen liefern.
Die Afrikaner würden erstmals nach 40 Jahren westlicher Entwicklungshilfe einen größeren Aufbau an Brücken und Straßen sehen. Die Chinesen sehen in ihrem Engagement auch eine ideologische Aufgabe, denn China braucht nach Ansicht Kabembas neue Alliierte, für den Weg zur Weltmacht. Noch könne man den Chinesen vorwerfen, sie schauten bei Diktaturen weg, nutzten schlechte Regierungsführung und Korruption für ihre Zwecke. Auf Dauer könne China aber an Reputation gewinnen, wenn sie mit einer „win-win-win – Situation“ nicht nur sich selbst und dem afrikanischen Land helfen, sondern ihre Arbeit auch den Afrikanern selbst zu Gute komme.

... Brasilien
Auch das Engagement Brasiliens fußt auf einem Selbstverständnis. Brasilien atmet nach Thomas Fatheuer, dem ehemaligen Direktor der Heinrich-Böll-Stiftung in Rio de Janeiro, seit einiger Zeit erleichtert auf: „Endlich Weltmacht“. Das südamerikanische Land sehe sich als „Soft-Power“, als Weltmacht ohne Feinde. Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat seine Politik gegen die Armut internationalisiert. Er reiste insgesamt elf Mal nach Afrika und spricht lieber von Kooperationen statt von Entwicklungshilfe. Die neue Präsidentin Dilma Rousseff wird wohl in seine Fußstapfen treten.
Nach China und Indien tritt Brasilien mittlerweile als dritte Kraft in den sich entwickelnden Ländern auf. Die Handelsbilanz nach Afrika ist mit 10 Milliarden US-Dollar Export aus Brasilien zwar defizitär, aber dafür verkauft Brasilien hoch veredelte Produkte über den Südatlantik.
Brasiliens Steckenpferd ist die „Ethanolpolitik“, so Fatheuer. Die Agrartreibstoffe sollen die Menschen aus der Armut retten und Brasilien zur Ethanolweltmacht machen. Mit dem Anbau von Energiepflanzen in Mozambique und dem Verkauf von Ethanol nach Europa baut Brasilien ein Wirtschaftsdreieck auf. Ein Technologietransfer nach Angola soll dort jährlich rund 30 Millionen Tonnen Ethanol im Jahr hervorbringen.
Nach der Weltbank verfügt die brasilianische Entwicklungsbank über die zweitgrößten Geldmittel. Alleine für die Jahre 2010 bis 2013 stünden 220 Milliarden US-Dollar zur Verfügung.
Trotz aller Partnerschaft rückt auch Brasilien in die Kritik. Das Land trenne deutlich Menschenrechtsaspekte vom Thema Außenpolitik. „Land Grabbing“ ist der neueste Vorwurf, dem Brasilien aber auf seine eigene Weise begegnet. Die vom Rohstoffkonzern Vale vom Land vertriebenen werden entschädigt und in Angola hat eine brasilianische Band ein Wohltätigkeitskonzern für die Bauern veranstaltet.

Vorteil Süden
Der Norden hat seinen Kredit verspielt. Die Chinesen kommen zwar mit einem Komplettpaket nach Afrika, beteiligen kaum die lokale Wirtschaft, schaffen aber in kürzester Zeit neue Werte. Geraten die Regierungen mit ihren Zahlungen in Verzug, wird der Straßenbau eingestellt. Die harte Linie macht sich offenbar für die afrikanischen Länder bezahlt. Die Chinesen wollen eine schnelle Rendite – und die Afrikaner haben ihre Straße, Eisenbahn oder Brücke, so Kabemba. Brasilien hat nach Fatheuer den Vorteil ein Südland zu sein. Dem Norden und Westen gegenüber herrsche Misstrauen im Bereich der Entwicklungshilfe. Daher sind die Erfolge der beiden Länder auch nicht auf Europa oder Nordamerika übertragbar. Die hatten jahrzehntelang ihre Chancen.

Lesestoff:
Morgen geht es um neue Konzepte bei veränderter Entwicklungshilfe.

Roland Krieg

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