Countdown gegen die Legebatterie

Handel

Streit um die Voliere zum Welt-Ei-Tag

Es ist ruhig geworden, um das Ei. So ruhig, dass kaum einer den Erfolg des Tierschutzes bemerkt, der am 01.01.2009 gefeiert werden kann. Nach einer zehnjährigen Verwaltungs-, Gerichts- und Übergangszeit ist die Käfighaltung der Legehennen in Deutschland abgelaufen. In weniger als drei Monaten sind die DIN A4 – kleinen Plätze verschwunden. Am 06. Juli 1999 befand das Bundesverfassungsgericht: „Aus dem Produkt von Länge und Breite der Tiere ergibt sich ein Flächenbedarf für jede Henne in der Ruhelage, der die (im Käfig vorhandene) Mindestbodenoberfläche überschreitet.“ Am 31. Dezember wird der letzte Käfig verschrottet.
Tierschützer haben sich zum heutigen Welt-Ei-Tag auf das nächste Ziel eingeschossen: Den ausgestalteten Käfig für die Kleingruppenhaltung.

Stärkstes Plus: Bio-Eier
Der Welt-Ei-Tag dient zunächst jedoch der Ehre des Ei. Denn es ist eines der komplettesten Lebensmittel, das wir haben und weist die beste Proteinzusammensetzung auf. Rund 17 Milliarden Eier verzehren die Deutschen im Jahr, etwa 15 Milliarden stammen aus heimischer Produktion. Und sie landen wieder häufiger im privaten Einkaufskorb. Im ersten Halbjahr 2008 haben die Haushaltskäufe um rund ein Prozent auf 3,8 Milliarden Stück zugenommen. Noch stammen nach Auswertung der Stempelaufdrucke durch die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) die meisten Eier aus der Käfighaltung. 1,2 Milliarden Batterie-Eier wurden gekauft, wobei die Konsumenten ihre Nachfrage um 0,6 Prozent steigerten. Stärker stieg die Nachfrage nach alternativen Haltungsformen. 872 Millionen Eier aus Bodenhaltung und 709 Millionen Eier aus Freilandhaltung bedeuten jeweils ein Umsatzplus von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr. Am deutlichsten stieg der Absatz von Bio-Eiern: Plus 9,3 Prozent auf 220 Millionen Stück.

Eier im Glas
Selten, weil auch am schwierigsten zu servieren sind Eier im Glas. Gourmets lieben die zerbrechliche Kunst, weil nur so frisch und warm man sofort heraus schmecke, ob die Mutter glücklich war oder Mais und Fisch zu fressen bekam. Die größte Kunst ist, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, das Ei aus dem Wasser zu nehmen. Kochen darf es nicht, höchstens köcheln. Nur behutsam wird die Schale entfernt, damit das Ei in Gänze im Glas an den Tisch gelangt. Der Löffel muss wie bei Butter durch das Eiweiß schneiden und das Gelbe fließen, beschrieb einst Holger Zurbrüggen, Sternekoch aus Berlin, das gelungene Ei im Glas. Nicht alle finden das ästhetisch.
Eier im Glas speist man mit Muße. Das hat schon Erich Kästner in seinem Detektivroman geschrieben. Gustav mit der Hupe raunt seinem Freund Emil zu: „Übrigens isst der Mäusehaken im Café Josty drüben Eier im Glas und solche Sachen. Der bleibt noch ´ne Weile.“
Eier im Glas werden mit nur wenig Zutaten genossen: Eine Prise Salz, ein wenig Pfeffer, vielleicht eine Messerspitze Butter. Oder Mayonnaise. Oder Senf. In England gibt es Toastbrot dazu. Das tunkt das Eigelb auf. Schöner und reiner als aus dem Eierbecher.

„Drauf08ten“
Das Ende der Legebatterie gilt zunächst jedoch nur in Deutschland. Europaweit gilt das Käfigverbot erst ab 2012. Der Import von Käfigeiern nach Deutschland und deren Verkauf sind weiterhin erlaubt. So hat Peter Hauk, Agrarminister aus Baden-Württemberg die Verbraucher bereits aufgefordert, die etwas teureren Eier aus heimischer Produktion zu kaufen. Die Konsumenten zeigen durch ihr Kaufverhalten, dass sie gewillt sind, auf die Haltungsform zu achten.
„Die Hühnerhalter im Land haben erkannt, dass man die Elemente des Gemeinschaftsmarketing nutzen muss, wenn die Botschaft beim Kunden ankommen soll“, so Hauk weiter. Deshalb haben sie zum Welt-Ei-Tag die Kampagne „Drau08ten“ gestartet, um den Konsumenten eine Orientierung zu geben. Die Zahlenkombination 08 steht am Anfang des Aufdrucks für die Produzenten des Landes Baden-Württemberg.

Was steht auf dem Ei?
Auf der Internetseite www.qualitrail.de/wsade/index.jsf können Sie den Zahlencode eingeben und ermitteln, woher das Ei stammt.

Europaweit sind die Käfige weniger deutlich auf dem Rückzug. Im Mai teilte die EU mit, dass europaweit lediglich 25 Prozent der Legehennen in alternativen Haltungsformen untergebracht sind. 15 Prozent entfallen dabei auf die Bodenhaltung, acht auf die Freilandhaltung und nur zwei Prozent auf die Biohaltung. An der Spitze liegen die Österreicher, die zwei von drei Hennen alternativ zum Käfig halten. Am Ende der Skala liegen Tschechien, Slowakei, Spanien und die baltischen Länder. Hier hält die Käfighaltung noch 90 Prozent Marktanteil.

Kleinvoliere und Käfig
Legehennenhalter haben die Möglichkeit auf Volieren umzusteigen. Je Voliere können zwischen 30 und 60 Tiere in so genannten Kleingruppen gehalten werden. Es gibt verschieden hohe Sitzstangen, ein Sandbad und ein abgetrenntes, dunkles Nest zum Eierlegen. Die Tiere haben fast doppelt so viel Platz wie in den Legebatterien. Praktiker sehen auch Vorteile darin, dass wie bei der Batterie Henne und Ei vom Kot getrennt sind. Die Betriebe, die bereits Erfahrungen mit der Voliere gemacht haben, sehen keine Produktivitätsunterschiede zur Legehennenbatterie. Im Gegensatz zur Boden- und Freilandhaltung sind in der Voliere die Tierverluste geringer.
Der Deutsche Tierschutzbund hingegen setzt die Voliere mit dem Käfig gleich. Die Legehennen könnten auch in den neuen Käfig-Systemen „ihre arteigenen Bedürfnisse und Verhaltensweisen nicht ausleben“, sagt Präsident Wolfgang Apel. „Die neuen Käfige sind keine Verbesserung für die Hühnervögel im Vergleich zu der herkömmlichen Batteriehaltung.“

Drei oder Vier?
Während nicht nur der Tierschutz in der Haltung kein Unterschied zwischen Käfig und Gruppenhaltung besteht, macht auch die EU keinen Unterschied – allerdings bezogen auf die Kennzeichnung. Die 3 als Herkunftszeichen für die Käfighaltung bleibt für die Importeure bestehen.
Hingegen möchten die Halter der Kleingruppe ihre Bemühungen und Investitionen nachgewiesen bekommen, indem sie ihre Eier mit der Ziffer 4 vermarkten können. Bislang ist das nicht vorgesehen und die Volieren-Eier kommen mit der Käfig-3 auf den Markt. Der Deutsche Bauernverband hatte sich Anfang September mit einem Brief an den damaligen
Landwirtschaftsminister Horst Seehofer gewandt, sich bei der EU für eine Änderung für eine eigenen Kennziffer einzusetzen.
Die Legehennenhalter mit der Kleinvoliere fürchten, dass sie ihre Eier auf dem Markt weniger absetzen können und direkt an die Industrie verkaufen werden müssen. Eier aus der Bodenhaltung würden nicht ausreichend, um den heimischen Bedarf zu decken.

Heute ist Herd-und-Hof.de bei der Landkost-Ei zu Besuch. Auf dem Betrieb befindet sich jeder Dritte Legehennenplatz in Brandenburg. Derzeit stellt Landkost-Ei die konventionelle Käfighaltung auf Bodenhaltung um. Den Bericht gibt es am Samstag.

Roland Krieg

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