Das Beste vom Bauern

Handel

CMA zeigt sich anpassungsfähig

Im Vorfeld zur Grünen Woche präsentierte die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH (CMA) ihren traditionellen Marktüberblick. Werner Hilse, Aufsichtsratsvorsitzender der CMA, Landwirt und Präsident des niedersächsischen Bauernverbandes, verweist auf die Ernährungswirtschaft als zweitstärksten Sektor der Bundesrepublik. Heute ernährt ein Bauer bereits 130 Verbraucher. Vor vierzig Jahren waren es nur 40 Personen. Entgegen den Verbrauchermeinungen sind die Preise für Lebensmittel immer moderater geworden, so dass 193 Milliarden Euro Gesamtausgaben der Haushalte für Nahrungs- und Genussmittel weit hinter den Etatposten für Wohnung, Wasser und Energie rangieren. Dieser Fortschritt, mehr und preiswerter zu produzieren, geht mit einem hohen Qualitätsniveau der Lebensmittel einher. Die Landwirte investieren dafür Milliardenbeträge, was der Gesamtwirtschaft durchaus zu Gute kommt. Bezogen auf die aktuelle Nachrichtenlage zu Dioxin, ermahnt Hilse die Landwirte und Industrie ständig neu über Qualitäten nachzudenken.
Die CMA präsentiert sich in der Halle 20 und muss für Absatzmärkte sorgen. Die Grüne Woche dient „als Gradmesser für Trends“ in der Ernährung. Dabei lernt die CMA, dass es nicht mehr den einzelnen Verbraucher gibt, sondern dass es in Deutschland rund 80 Millionen Individuen gibt, die alle nach ihrer eigenen Facon leben wollen, so Hilse. Der Marktexperte sehen darin die Herausforderung „multifunktional“ auf die Bedürfnisse einzugehen. Für ihn bilden sich vier Kategorien heraus, auf die mehr Rücksicht genommen werden muss:
- Gesundheit und Wellness
- Premiumqualität und Erlebnis (sich etwas Besonderes gönnen)
- Zeit beim Einkauf und Kochen sparen (Convenience)
- Preisargument (möglichst viel für wenig Geld erhalten)

Wenn auch die Wettbewerbssituation innerhalb Deutschlands der CMA Sorgen bereitet, so gibt es zwei Bereiche, die Hilse „zuversichtlich in die Zukunft“ blicken lassen. Die EU-Erweiterung und der Agrarexport. Die Furcht vor billigen osteuropäischen Waren überflutet zu werden war unbegründet. Dafür bieten sich „Chancen, die neuen Märkte zu erschließen“. „Made in Germany“ hat den Exportumsatz im letzten Jahr um fünf Prozent auf 34,0 Milliarden Euro steigen lassen. Wachstumschancen sieht Hilse nicht nur in Osteuropa, sondern auch in den Wachstumsmärkten China und Indien.

Die Wirtschaftslage
Konkrete Zahlen und Fakten zeigte Jörn Dwehus, Geschäftsführer der CMA. Ein bisschen Sorgen machte im letzten Jahr der leicht rückgängige private Konsum von -0,3 Prozent. Die unverändert hohe Arbeitslosenquote verschlechtert die Konjunkturdaten. Lediglich der gegenüber andern Gütern sehr moderate Preisanstieg für Lebensmittel und ein gestiegener Export federn den wenig erfreulichen Jahresrückblick ab.
Der Teilmarkt Fleisch zeigt mit 61,3 kg/Kopf ein seit zehn Jahren hohes Verbrauchsniveau. Auch Milch und Milchprodukte können ihr hohes Niveau halten. Der Jahresverbrauch an Konsummilch stieg sogar deutlich auf 67,0 kg/Kopf und liegt damit rund 3 kg höher als vor zehn Jahren. Rückläufige Tendenzen zeigt der Eiermarkt. So ist der Verbrauch um 9 Eier/Kopf und Jahr auf 210 Eier gesunken. Durch den Gesundheitstrend sind die Verbräuche bei Obst und Gemüse stetig im Anstieg, wobei lediglich die Kartoffel an Beliebtheit verliebt. Zwar steigen hier die Verzehrszahlen bei veredelten Produkten, doch die Speisekartoffel wird in den mittlerweile überwiegenden 1- und 2-Personenhaushalten weniger oft genutzt.

Discount Deutschland
Das die Bauern schon noch Grund zum Klagen haben beweist der Blick auf die sinkenden Erzeugerpreise. Als Folge wenden die Menschen immer weniger Zeit für den Erwerb von Lebensmittel auf. Musste für ein Schweinekotelett 1970 noch über 1,5 Stunden gearbeitet werden, so sind es heute nur noch 28 Minuten. Den Wert von 10 Eiern haben Verbraucher in fünf Minuten zusammen, für ein Kilo Kartoffeln ackern die Verbraucher nur noch 3 Minuten. Dwehus sieht darin eine zunehmende Entwertung der Lebensmittel. Werden für den Nahrungsmittelbereich die Ausgaben für Genussmittel noch herausgerechnet, verbleiben weniger als 10 Prozent für Grundnahrungsmittel.
Ein Vergleich der Einkaufsstätten zeigte deutlich, dass Discounter in allen drei Quartalen 2004 Zuwächse verzeichnen konnten. Da Aldi und Lidl mittlerweile auch Frischfleisch im Angebot haben, gibt es für Verbraucher immer weniger Gründe noch die Einkaufsstätte zu wechseln. Premium- und Qualitätsmarken verlieren prozentual an Bedeutung, so dass der Werbeaufwand für diese Produkte, um Aufmerksam zu gewinnen, zum Ertrag hin immer ungünstiger wird.

Verbraucher
Deutschland ist eine gespaltene Konsumnation. Während Studierende mit eigenem Haushalt unterdurchschnittlich verdienen, befinden sich Haushalte mit doppeltem Einkommen und zunächst oft ohne Kinder in deutlich hohen Etatklassen. Arbeiterfamilien mit Kindern zählen wieder zu den schlechter gestellten, kinderlose und vor allem Einpersonenhaushalte, auch im Alter, wiederum zu den überdurchschnittlich verdienenden. Insgesamt 39 Prozent aller Konsumenten sind qualitätsorientierte Besserverdienende. Zwei Drittel sind die preisorientierten Konsumenten. So muss sich die Industrie den veränderten Haushalten stellen. Von rund 40 Millionen Haushalten in der Bundesrepublik sind 29,8 Millionen 1- und 2-Personenhaushalte. Das verändert die Packungsgröße und die Darreichungsform der Produkte. Schnelle Zubereitung von kompakten Gerichten werden vermehrt nachgefragt.
Allerdings gibt es auch einen anderen Trend, den die CMA aufgreift: Auf allen Fernsehkanälen wird gebraten und gebruzzelt. Kochen scheint wieder „in“ zu sein, hat jedoch den Mangel, dass es immer weniger Menschen können. Um diesen Widerspruch aufzulösen hat die CMA mit dem Portal www.alleine-kochen-ist-doof.de seit September 2004 eine Internetplattform gebildet, das über 350.000 Seitenaufrufe pro Woche hat. Neben Rezepten können hier auch Kochpartner gefunden werden. Auf der grünen Woche stellt sich das Portal auf dem ErlebnisBauernhof in der Halle 3.2 vor.

Das Lieblingskind der CMA
Das schnittige S im Lupen-Q ist das Lieblingskind der CMA: Das QS-Siegel. Angefangen mit dem Marktbereich Fleisch gibt es mittlerweile über 1.000 Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette. In diesem Jahr hat sich auch die Metro als Handelspartner eingereiht. Allerdings bietet das QS-Siegel nur wenig mehr als den gesetzlichen Rahmen ist und ist eher mehr ein weiteres Siegel im mittlerweile undurchdringlichen Siegel-Labyrinth deutscher Agrarprodukte. Die teilnehmenden Bauern, so die Kritiker, zahlen die Beiträge nicht, um neue Märkte zu erschließen, sondern, um bestehende nicht zu verlieren.

roRo

[Sie können sich alle bisherigen Artikel zur Grünen Woche im Archiv mit dem Stichwort „IGW 2005“ anzeigen lassen.]

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