Das Geld in der Tasche

Handel

Können Verbraucher in 2006 mehr ausgeben?

>Die Landwirtschaft und Ernährungsindustrie ist von der Geiz-ist-Geil-Mentalität gebeutelt. Die Verbraucherausgaben für Lebensmittel nehmen nur noch 12,2 Prozent des Budgets ein. Die Erzeugerpreise sind niedrig und die Verbraucher kaufen trotzdem preis- statt qualitätsorientiert.

Branchenkonjunktur dank Export
Heute Vormittag gab der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Jürgen Abraham seine Einschätzung der wirtschaftlichen Lage. Nach seinen Angaben hat sich die Ernährungswirtschaft in 2005 "wacker geschlagen. Nach Berechnungen der BVE ist der Umsatz der Branche um 3,3 Prozent auf 134,5 Milliarden Euro gestiegen. Maßgeblich haben die Anstrengungen der Unternehmen im Export zu diesem Ergebnis beigetragen."
29,7 Milliarden betrug der Exportanteil, was einem Plus gegenüber dem Vorjahr von 7,2 Prozent betrug. Damit gestaltete sich die Ausfuhrpolitik leichter als die Marktentwicklung im Inland. Trotz leichter Konjunkturerholung bleib das Umsatzwachstum mit 2,2 Prozent bescheiden, so Abraham. Schuld daran war die Schwäche des privaten Verbrauchs.
So gibt er auch den positiven Erwartungen für 2006 einen Dämpfer. Sondereffekte wie die Fußballweltmeisterschaft oder vorgezogene Einkäufe durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer in 2007 sollen ?keine falschen Hoffnungen? wecken. Die schwache Performance auf dem heimischen Markt könne nur durch "zusätzliche Aktivitäten im Ausland" kompensiert werden. Dafür müssen aber die Marktbeteiligten für den Wettbewerb richtig aufgestellt werden. Die Rohstoff- und Energiepreise seien dafür zu hoch.
Regelrecht "Gift" für die Konjunktur sieht Abraham in der angekündigten Mehrwertsteuererhöhung. Zwar seien die meisten Lebensmittel davon ausgenommen, sie wirke aber indirekt, weil den Konsumenten 25 Milliarden Euro Kaufkraft aus der Tasche gezogen werden. Trotzdem hofft er für 2006: Eine sehr starke Konjunktur könnte die Mehrwertsteuererhöhung mindern oder gar rückgängig machen.

Entlastung der Konsumnebenkosten
Das mit 25 Milliarden Euro versehene Genshagener Wachstumsprogramm der Bundesregierung kann nach Worten der Vorsitzenden der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Dr. Edda Müller, "nur der erste Schritt sein". Sie forderte heute die Entlastung der privaten Haushaltstaschen durch Senkung der Konsumnebenkosten. Die Programme der jüngsten Vergangenheit haben nur einseitig die Angebotsseite gefördert und den Verbraucher leer ausgehen lassen. Seine Kaufkraft sinkt.
So kritisierte sie heute im Vorfeld der IGW den immer noch fehlenden Gebäudeenergiepass, der im Januar hätte eingeführt werden müssen. Mit der dadurch erzielten Transparenz könnten sich Mieter und Käufer für vorteilhafte Gebäude und Wohnungen entscheiden. Durch die effektivere Energieausnutzung verblieben 4,4 Milliarden Euro mehr in den Taschen der Verbraucher, so Müller.
Schwierig wird es auch im Bereich des Mess- und Eichwesens. Die modernen Wirtschaftströme basieren auf Maßangaben. Lkw werden vor der Fahrt gewogen, die Zapfsäule an der Tankstelle zeigt den Verkauf in Liter an und die Molkereien wiegen die angelieferte Milch. Die Rechnungsstellung auf messbaren Kenngrößen ist ein wichtiger Teil der Warenwirtschaft.
Zur Zeit aber planen die Unionsparteien etwas, was sie bei der Legehennenverordung abgelehnt haben: Eine von der EU vorgegebene Richtlinie über zu erfüllen. Obwohl die Messtechniker mit ihren präzisen Apparaturen hochtechnisiert ausgerüstet sind, sollen die Messfehlertoleranzen nach oben korrigiert werden. Dr. Müller fürchtet, dass die Industrie die zusätzliche Ungenauigkeit gezielt ausnützen wird. So darf die Benzinsäule zur Zeit bei 100 Liter nur einen Fehler von 0,2 Liter aufweisen. Demnächst soll ein ganzer Liter als Fehlmenge erlaubt sein. Den Ölkonzernen könnte das rund 660 Millionen Euro mehr in de Kassen bringen - ohne zusätzliche Leistung. Den Verbrauchern fehlt hingegen das Geld.
Bereits heute entstehen einem durchschnittlichen Haushalt alleine bei Lebensmitteln jährliche Kosten von 35 Euro pro Jahr aus der Differenz zwischen den Gewichtsangaben und dem tatsächlichen Inhalt, rechnete Dr. Müller vor.
Der vzbv ist auf der IGW in der Halle 23a mit einem Stand vertreten.

Roland Krieg

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