Der Brotkorb Europas
Handel
Wirtschaftliche Auswirkungen der Krim-Krise
Ein bewaffneter Konflikt zwischen der Ukraine und Russland zieht menschliche Tragödien nach sich. Eine fehlende politische Einigung macht die Märkte schon jetzt nervös. Langfristig verspielen die Akteure wirtschaftliche Erfolge. Erst recht, wenn es zu Wirtschaftssanktionen kommt, wie der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft am Mittwoch mitteilte.
„Wir sehen bereits eine große Verunsicherung der Unternehmen und wachsende konjunkturelle Risiken. Wenn jetzt eine Spirale aus gegenseitigen Wirtschaftssanktionen in Gang gesetzt wird, droht die europäische Wirtschaft, nachhaltig Schaden zu nehmen“, warnte der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Eckhard Cordes. Er hat vor allem die Nachrichten im Blick, dass Russland bei EU-Sanktionen ausländische Unternehmen zu enteignen gedenkt. Russland setze seine internationale Reputation aufs Spiel.
Russland müsse ein Interesse an einer stabilen Region haben. Das wiederum setze ein stabiles Umfeld für die Ukraine voraus.
Fakten zu den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen:
- Nach einem Rekordergebnis von 80,5 Milliarden Euro im Jahr 2012, hat sich der deutsche Handel mit Russland im vergangenen Jahr auf 76,5 Milliarden Euro abgeschwächt. Sowohl die Importe aus Russland (2013: 40,4 Mrd. Euro), als auch die Exporte nach Russland (2013: 36 Mrd. Euro) sanken um über fünf Prozent.
- Russland steht unter den deutschen Handelspartnern an 11. Stelle hinter Polen.
- Etwa 300.000 Arbeitsplätze hängen hierzulande vom Handel mit Russland ab.
- Deutsche Unternehmen haben in Russland rund 20 Milliarden Euro direkt investiert.
- 6.200 Unternehmen mit deutscher Beteiligung sind in Russland aktiv.
- Etwa 35 Prozent des Gasbedarfs und über 30 Prozent des Ölbedarfs bezieht Deutschland derzeit aus Russland.
Fakten zu deutsch-ukrainischen Wirtschaftsbeziehungen:
- Es gibt rund 400 Unternehmen mit deutscher Beteiligung in der Ukraine.
- Mit ca. 6,6 Mrd. US-Dollar haben deutsche Investitionen in der Ukraine einen Anteil von 16,5 Prozent an den gesamten ausländischen Investitionen und lagen damit hinter Zypern auf dem zweiten Platz.
- Die deutschen Exporte in die Ukraine lagen 2013 bei 5,5 Mrd. Euro, die deutschen Importe bei 1,5 Mrd. Euro. Der bilaterale Handel sank 2013 um 3,2 Prozent.
Wirkung auf US-Farmer
„Die Ereignisse in der Ukraine haben direkte Auswirkungen auf amerikanische Farmer“, sagte ebenfalls am Mittwoch Tom Sleight, Präsident des U.S. Grains Council (USGC). In diesem Wirtschaftsjahr hat die Ukraine bereits eine Rekordernte an Getreide von rund 30,9 Millionen Tonnen vermeldet. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium geht von einem Exportvolumen von 18,5 Millionen Tonnen aus. Nach Cary Sifferath, USGC-Direktor für den Mittleren Osten schätzt, dass 15 Millionen Tonnen davon bereits verschifft seien. Was aber mit den restlichen 3,5 Millionen Tonnen geschieht, ist angesichts der politischen Lage völlig offen. Die Häfen sind noch alle offen und das Verladen werde derzeit nicht behindert, so Sifferath. Aber Bauern in der Ukraine halten ihre Ernte zurück, weil die Währung verfällt.
Das Wintergetreide ist natürlich vor der Krise ausgesät worden. Aber in den nächsten 30 Tagen steht noch die Aussaat der Sommerfrüchte an. Politik und Kreditverfügbarkeit würden die Aussaat beeinflussen.
Das USGC adressiert seine eigenen Farmer: Die Ukraine exportiert Getreide vor allem in die EU und nach China. Beide Märkte reagieren sensibel auf gentechnisch nicht zu gelassene Rohstoffe. Falls die Ukrainer Marktchancen für die Amerikaner offen lassen, dann müsse die gesamte amerikanische Handelskette nicht zugelassene Ware sorgsam aus den neuen Warenströmen heraushalten.
Lesestoff:
Die Ukraine hatte im Jahr 2011 der UN eine strategische Getreidereserve angeboten
Roland Krieg