Der Energietag der Bundesregierung

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Energie: Netze, Bilanzen und Förderung

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Reihe an Themen beschlossen und beraten, die mit dem Thema Energie zusammen hängen.

Masterplan Stromnetz

Der meiste Strom wird in Norddeutschland erzeugt, der größte Verbrauch hingegen befindet sich in Süddeutschland. Die Stromtrassen sollen Angebot und Nachfrage zusammenbringen. Das Kabinett hat jetzt 36 Vorhaben fest eingeplant. Dazu werden 2.800 Kilometer neue Trassen und Verbesserung bestehender Trassen auf 2.900 Kilometer Länge gebaut und verstärkt. Ohne eventuelle Mehrkosten für eine Erdverkabelung wird as Stromnetz etwa zehn Milliarden Euro kosten.
Festgelegt sind nur die Anfangs- und Endpunkte. Wo die Verbindung verläuft ist noch offen. Wie der Strom fließt auch. Es soll Pilotprojekte mit geringeren Auswirkungen auf die Umwelt geben. So sind Hochtemperaturleiterseile geplant, die über große Entfernungen hinweg nur wenig Energie verlieren. Auch die Erdverkabelung soll ausprobiert werden. Wegen der hohen Kosten sind noch Teilabschnitte auszuwählen, bei denen dieser Stromtransport effizient sein könnte. Am Ende muss auch noch der Ausgleich für Grundstückseigentümer ermittelt werden.

Wendebilanz

Zufrieden mit dem Status der Energiewende zeigten sich Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und Bundesumweltminister Peter Altmaier. Altmaier betonte die steigende Wettbewerbsfähigkeit der teilnehmenden Unternehmen. Neben dem Netzausbau beansprucht die Koalition den Ausbau der Offshore-Windparks und die Novellierung des EEG für sich.
Das Energienetz findet sich auch in der Wendebilanz wieder. Es habe 2011zwar keinen Engpass bei energetischen Rohstoffen gegeben, aber die „Netzsituation in Süddeutschland ist jedoch angespannt.“

EEWärmeG

Vorgestellt wurde im Kabinett auch der erste Erfahrungsbericht für das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz. Der Anteil an erneuerbarer Energie bei Wärme und Kälte soll im Jahr 2020 bei 14 Prozent liegen und habe derzeit fast zehn Prozent erreicht, teilte Altmaier mit.
Aufgrund des kurzen Erfahrungszeitraums von drei Jahren ist aber eine umfassende Analyse nicht möglich, schränkt der Bericht ein. Im Neubaubereich allerdings zeige die Wärmenutzung eine stabile Nutzungsentwicklung. In den Bereichen Solarenergie und Biomassenutzung sieht der Bericht keinen kurzfristigen Änderungsbedarf.
Bei Wärmepumpen allerdings solle geprüft werden, ob außerhalb des EEWärmeG Informationen zur Effizienz gegeben werden könnten. Außerdem sollen die Anforderungen an die Jahresarbeitszahl schrittweise erhöht werden. Für den Bereich Wärmerückgewinnung schlägt der Bericht eine Trennung zwischen Wohngebäude und Nichtwohngebäude vor: Die Bauarten und technischen Normen seien zu unterschiedlich.
Im Bereich der Fernwärme und Fernkälte solle geprüft werden, wie der aktuelle Mindestanteil an hocheffizienten KWK von 50 Prozent erhöht werden kann. Im Rahmen der europäischen Richtlinie für neue Energien sollte in allen Netzen ein moderater Mindestanteil eingespeist werden.
Das Marktanreizprogramm für Wärmeenergie soll stetig weitergeführt werden. Im Bereich der Kleinanlagen habe das Aussetzen der Förderung „zu einer bis heute nachwirkenden Verunsicherung im Markt“ geführt.

Förderung energetische Sanierung

Der Bundesrat hat die Vermittlung bei der steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung ohne Kompromiss beendet. Die Bundesregierung hatte ein neues Förderprogramm der KfW angekündigt, das Bundesbauminister Peter Ramsauer ebenfalls im Kabinett vorstellte. Eckpunkte für die Förderung in Höhe von jährlich 300 Millionen Euro sind ein zehnprozentiger Zuschuss für einzelmaßnahmen. Der maximale Förderbetrag soll von 3.750 auf 5.000 Euro erhöht werden. Für Sanierungen auf hohem Effizienzniveau kann für ein Effizienzhaus 55 rund 25 Prozent bis maximal 18.750 statt 15.000 Euro und für das Effizienzhaus 70 rund 20 Prozent bis maximal 15.000 statt 13.125 Euro kofinanziert werden.

Energieverbrauch

Das Statistische Bundesamt hat den Energieverbrauch aufgelistet und zeigt, dass dieser im privaten Bereich rückläufig ist. Selbst Bereinigt um Temperaturschwankungen haben die Bürger 2011 gegenüber dem Vorjahr 6,7 Prozent weniger Energie verbraucht. Am meisten haben sie bei Mineralöl, insbesondere bei leichtem Heizöl, gespart. Heizen nimmt zu 70 Prozent des privaten Energiebudgets in Anspruch.

Reaktion Trassenplan

Der Netzausbau ist nach Oliver Krischer, Sprecher für Energiewirtschaft bei Bündnis90/Die Grünen seit Jahren überfällig. Für die Akzeptanz sei aber das Nachvollziehen der Trassenplanung wichtig. Aus dieser Sicht sei es unverständlich, dass die Bundesregierung die Bürgerbeteiligung und Klagemöglichkeiten einschränken will. Außerdem wurde nicht geprüft, ob neue Technologien und ein effizientes Lastmanagement den Trassenbedarf verringern könnten.

Deutliche Nachbesserung am Netzplan fordert Bauernpräsident Joachim Rukwied. Noch im Sommer habe Altmaier angekündigt, eine Kapitalbeteiligung für Anwohner und Grundeigentümer zu bewirken. Es fehlt aber noch immer eine Konkretisierung des Beteiligungsmodells durch das Bundeswirtschaftsministerium und die Netzbetreiber. Rukwied fordert einen besseren Ausgleich, werde die Trasse auf landwirtschaftlicher Fläche gebaut. Stromtrassen dürfen landwirtschaftliche Betriebe nicht zerschneiden und Kompensationsflächen nicht zusätzlich landwirtschaftliche Flächen der Nutzung entziehen. „Die Energiewende wird die Gestalt der ländlichen Räume und unserer Kulturlandschaften tiefgreifend verändern“, erklärt Rukwied.

Reaktionen Energiebericht

Der Energiemonitoringbericht stellt nach Ansicht des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) der Bundesregierung nur ein verhaltenes Zeugnis aus. Es fehle eine Systemintegration der erneuerbaren Energien und die Maßnahmen beschreiben keine Effizienzziele der Energiewende. So sei es völlig unverständlich, das die hoch effiziente Kraft-Wärme-Kopplung überhaupt nicht eingeschätzt werde. Der Anteil der KWK lag im Jahr 2011 bei 16 Prozent und soll bis 2020 auf 25 Prozent ausgebaut werden. Doch die Expertengruppe habe keinen Fahrplan hinterlegt, wie das Ziel erreicht werden kann. So bleibe die Energiewende ein „Stückwerk“ kommentiert VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck.
Der Emissionshandel müsse weiter entwickelt werden, weil der Preis für Kohlendioxid eine der wichtigsten Stellschrauben für eine grüne Ökonomie sei. Bericht und Bundesregierung stellen zwar klar, dass die Energiewende nicht zum Nulltarif zu haben sei, doch „große Sorge“ äußert der VKU angesichts der aktuellen Preisentwicklung. Ein liberalisierter Markt und Umverteilung zu Lasten der Verbraucher gefährde die Akzeptanz der Energiewende, so Reck. „Ausnahmen für die Industrie und Sonderbelastungen verteuern das System.“ Unternehmen gehen zur Eigenproduktion der Energie über. Auch das bringe die Energiewende in eine Schieflage. Alle anderen Endverbraucher müssen sich die Kosten für Netze und Versorgungssicherheit teilen. Zur besseren Koordination fordert der VKU ein eigenes Energieministerium.

Prof. Dr. Kurt Lauk, Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, hingegen sieht die Energiewende in die richtige Richtung laufen. Die Bundesregierung müsse sogar noch schneller handeln: „Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft noch immer eine große Lücke. Insbesondere bei der Versorgungssicherheit bleibt die Situation kritisch. Dieses Realiltätsvakuum mit neuen Subventionen zu füllen, ist der falsche Weg.“ Nach Prof. Lauk müsse die Bunderegierung bei der Energiewende „mehr Markt wagen“. Das müsse 2013 auch die Richtung des Energiewahlkampfes werden.

BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber sieht den Bericht als rückblickende Faktenbasis und daher als wichtig an. Doch die Aufgaben liegen in dem Management der Zukunft: „Unternehmen und Verbraucher benötigen kontinuierliche Klarheit über Ziele, Maßnahmen und Verlauf, Chancen und Risiken der Energiewende. Deshalb muss die Bundesregierung den Monitoring-Prozess verbessern.“ Oft fehle es an Daten zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Effekte der Energiewende und die Definition der Versorgungssicherheit. Der nächste Monitoring-Bericht müsse auf die sinkenden Gas- und Strompreise in den USA einbeziehen. Dort sitzen die Wettbewerber der deutschen Unternehmen, die hier andere Energiepreise bezahlen müssen.

Auch die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen aus Köln kritisiert die Datengrundlage. Dr. Hans-Joachim Ziesig, geschäftsführendes Vorstandmitglied, fordert einen neuen Rechtsrahmen in der Energiestatistik. Ziesig hat dem Bericht mitgeschrieben und hat erfahren, dass die Veränderungen in der Energiewirtschaft nicht mehr qualitativ erfasst werden können. Beispielhaft nennt Ziesig die Vielzahl an kleinen Anlagen, die für den Ausbau dezentraler Energieerzeugungsstrukturen notwendig sind, aber nur unzureichend statistisch erfasst sind. Außerdem vollziehen sich Auswirkungen und Konsequenzen der Energiewende auf der nur schwer erfassbaren End- und Nutzenergie. Eine Neufassung des Energiestatistikgesetzes müsse die Auskunftspflichten besser festlegen.

Der Bericht hält die Versorgungssicherheit in Deutschland für nicht ausreichend. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) kritisiert diese Einschätzung: „Es ist sowohl ausreichend gesicherte Kraftwerksleistung in Deutschland verfügbar als auch genügend Reservekapazität für mögliche regionale Engpässe sicher gestellt“, erklärt BEE-Präsident Dietmar Schütz.

Reaktion EEWärmeG

Beim Thema EEG-Reform entstehe der Eindruck, dass die erneuerbaren Energien in das bestehende Energiesystem gepresst werden müssten. BEE-Präsident Dietmar Schütz: „Vielmehr müssen die erneuerbaren Energien und dabei insbesondere die fluktuierende Erzeugung aus Wind- und Solarenergie ins Zentrum rücken.“ Der Wechsel von fossilen auf erneuerbaren Energiequellen müsse sich in der Gesetzgebung widerspiegeln.

Reaktionen Förderung

Daniela Wagner, Sprecherin für Bau- und Wohnungspolitik bei Bündnis 90/Die Grünen, kritisiert das neue KfW-Programm: Seit Jahren schwanken die zur Verfügung gestellten Haushalsmittel und basieren auf ungewissen Einnahmen aus dem CO2-Zertifikatehandel.“ Das beschere den Bauherren keinen verlässlichen Investitionsrahmen. Die von Ramsauer vorgeschlagenen Förderhöhen sollten nach Ambition der Effizienzmaßnahme gestaffelt werden. Wagner rechnet mit spitzem Bleistift: Der Steuerbonus hätte jährlich 1,5 Milliarden Einnahmeausfall bedeutet, von denen der Bund 600 Millionen hätte ausgleichen wollen. Die 300 Millionen KfW-Gelder fördern jetzt nur noch die Hälfte.

Lesestoff:

Kritik am Stromnetzplan vom BUND

Erfahrungsbericht EEWärmeG: www.bmu.de

MAP erst mit negativen Auswirkungen gestoppt, dann neue Förderung

Steuerliche Förderung der Energiegebäudesanierung gescheitert

Roland Krieg; Tabelle: Destatis

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