Der Ökopreis ist heiß
Handel
Schwarz-rote Landwirtschaft?
Der „Veggieday“ taugte im Wahlkampf
nur als Symbol für einen Schlagabtausch. Sonst waren Lebensmittel und Landwirtschaft
kein Thema zwischen dunkelrot und tiefschwarz. Wo war die Branche, die mit
ihrer Biomasse die Energiewende tragen muss, die wie kaum eine andere Branche
direkten Einfluss auf die Umwelt nehmen kann und über deren Sicherheit ihrer Produkte
so vortrefflich gestritten werden kann? Dr. Felix Prinz zu Löwenstein hat die
Themen nicht nur bei den Parteien vermisst. Im Gespräch der Vorständen des Bund
Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) mit Journalisten am Donnerstag, kritisierte
er auch die großen Medien, die in ihren Politikerrunden das Thema gar nicht ansprachen.
Umso wichtiger wird es für die
kommende Koalition, sich auch auf diesem Bereich zu präsentieren.
Gute Zahlen sind kein Kurswechsel
Die neuesten Zahlen reichen nicht: Mit
einem Wachstum von 12 Prozent auf 1,53 Milliarden hat die Ökobranche 2012 ein
neues Umsatzplus erzielt. Die Hektarerlöse stiegen um 135 auf 1.483 Euro. Die
Aktuelle Marktanalyse der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) weist aber
auch Ungleichmäßigkeiten auf. Die Ökobranche punktet beim Grünland, bei Apfel
und Wein; Getreide geht zurück, der Anbau von Leguminosen sogar stark. Der
Ökolandbau konnte ausgerechnet in der tierischen Veredlung zulegen.
Dennoch reicht es nicht. Hinter den Forderungen
nach einer Umschichtung der Direktzahlungen in Höhe von 15 Prozent in die
zweite Säule für die Entwicklung des ländlichen Raums und stärkerer Förderung
der Agrarumweltprogramme steht nach wie vor die Forderung nach einem radikalen
Kurswechsel.
Der Ökolandbau müsse nicht gefördert
werden, weil er trotz Zuwachses noch immer klein ist, sondern, weil er Lösungen
für Probleme hat, die der konventionelle Landbau erzeugt. Aber auch diese Förderung
kann nur eine Zwischenlösung sein, denn am Ende entscheidet der Markt.
Voraussetzung: Der Preis ist der „wahre Preise“, der auch die externen Effekte
internalisiert, wie die Ökonomen das beschreiben.
Jan Plagge nennt ein Beispiel: Die
aktuelle Nährstoffanalyse weist für Niedersachsen 60 Prozent der
Trinkwasserbrunnen mit unzulässigen Nitratwerten auf. Sauberes Wasser muss aus
großer Entfernung herantransportiert werden, was die Kosten in die Höhe treibt.
Würde den Produkten aus diesen viehdichten Regionen diese Zusatzkosten aufgebürdet,
dann läge der Preis für ein Schnitzel viel höher. Das Billig-Fleisch stiehlt
sich aus der Verantwortung.
Gefördert werden muss nach „ökologischen
Leistungskriterien“, so Plagge. Bis der „wahre Preis“ stimmt.
Wider dem Preisdruck im Ökohandel
Das gleiche gilt auch für den Ökohandel. Manche Bauern wollen Bio-Supermärkte nicht mehr beliefern, weil die Vorgaben von Preis und Menge die Kosten nicht mehr einspielen. Der Preisdruck im Biohandel resultiert nach Dr. Alexander Beck aus der Koppelung mit den konventionellen Preisen. Die Kunden kaufen nach wie vor preisorientiert, wovon sich die Branche nicht ganz lösen kann. So trage der kritisierte, niedrige Biopreis die Sekundärkosten der unvollständigen konventionellen Preisbildung mit. Dr. Beck forderte aber mehr Mut für die neue Preisbildung, denn die Zahlungsbereitschaft der Kunden werde unterschätzt [1].
Ehrliche Politik
Die Vorstände des BÖLW fordern von den
Koalitionspartnern eine ehrliche Politik im Agrarbereich. Die Herbst-Reform des
EEG ist durch die Regierungsbildung nach hinten verschoben – bleibt aber aus
Sicht des Ökolandbaus dringend nötig. Die erste EEG-Einspeisungsvergütung hat
den Bauern umgerechnet 2.000 Euro je Hektar Mais eingebracht, erklärte Prinz zu
Löwenstein. Dem stehen lediglich 190 Euro Ökolandbau-Förderung gegenüber.
Ehrlich müsse auch die CSU sein. Sie
will in Bayern den Ökolandbau bis 2020 verdoppeln. Das gehe nur mit einer
zusätzlichen Finanzierung aus der zweiten Säule, die zuvor mit den Mitteln aus
der ersten Säule aufgestockt worden sei. Die Verdoppelung des deutschen Ökolandbaus
wäre für den BÖLW auch eine Wunschformulierung für den Koalitionsvertag. Bis 2020
wäre das dann ein Anteil von 12 Prozent.
Lesestoff:
Prüfsteine vor und nach der Wahl
[1] Den Wert der Natur in dieMitte der Gesellschaft stellen
Roland Krieg