Deutsche Kreislaufwirtschaft für die Welt
Handel
Deutschland hilft Mega-Cities bei der Mülltrennung
Kaum
jemand trennt seinen Müll so ordentlich wie die Deutschen. Umverpackungen
können schon im Laden zurückgegeben werden, in der Küche regiert die
Farbenlehre der Mülltrennung. Was im Industrieland Deutschland manchmal wie ein
hysterisches Vorgehen wirkt, bedeutet als Mangel in Entwicklungs- und
Schwellenländern oftmals eine Gesundheitsgefahr.
Zunehmend,
denn 80 Prozent des Bevölkerungswachstums findet in diesen Ländern statt und 80
Prozent davon in den Städte, die heute schon unter mangelnder Infrastruktur
leiden. Es fehlen Wasserver- und Abwasserentsorgung, Müllsammlung, Kühlung und
Energiegewinnung.
Mexiko sucht nach Abfall-Lösungen
Nach
dem Erdbeben von 1985 wurde im Osten der Stadt Mexiko in Bordo Poniente eine
Deponie für den Bauschutt angelegt, die sich zu einer für den Müll weiter
entwickelt hat. Über 12.000 Tonnen Müll wurden täglich aus der Hauptstadt und
Nebengemeinden angefahren, seit 2011 sind es nur noch 6.800 Tonnen. Den anderen
Gemeinden wurde die Anlieferung verboten und die Mexikaner haben angefangen
ihren Müll zu recyceln. Kurzfristig soll Bordo Poniente geschlossen werden.
Nicht nur, weil die Kapazität der Deponie erschöpft ist. Sie liegt auch in
einer Luftströmung, die das Häusermeer der Hauptstadt belüftet und neben einem
Entwässerungskanal, der die Deponie in der Vergangenheit mehrfach überschwemmt
hat. Lösungen müssen her.
Seit
2004 gibt es in Mexiko ein Müllgesetz, dass die Trennung von anorganischem und
organischem Material vorschreibt. Seit März 2011 sammeln kleine Teams mit
insgesamt 1.727 Müllwagen den Abfall der Haushalte ein, sortieren vor und
liefern ihn an 13 Umschlagsplätzen ab. Von dort wird er in drei
Verwertungszentren gefahren. Erst danach geht das nicht mehr verwendbare
Müllaufkommen auf die Deponie. Das organische Material kommt in eine
Kompostieranlage. Die offiziellen Müllsammler erhalten ein Entgelt von 50 Pesos
je Tonne organisches Material. Es gibt Routen mit vielen Restaurants, die
lukrativer als andere sind, was derzeit neue Akteure anlockt, die den Müllteams
den Abfall wegnehmen und den Bioabfall als neue Einkommensquelle entdeckt
haben.
In
Mexiko ist die Zusammensetzung des Mülls anders als in Nordamerika oder Europa.
Dort machen Kohlblätter, Kartoffelschalen oder Speisereste nur zehn Prozent der
Abfallmenge aus. In Mexiko ist es jedoch rund die Hälfte. Das heißt, jeden Tag
fallen nach Angaben der Stadtverwaltung rund 2.500 Tonnen Bioabfall in Mexiko
an. Eine stärkere Trennung könnte noch einmal 500 Tonnen pro Tag der
Kompostierung zuführen.
Seit
2008 gibt es Pläne für eine Stromerzeugung aus der Müllverbrennung, auch eine
Biogasanlage ist im Dauergespräch – Anwohner un die Gemeindeverwaltung haben
diese Projekte bislang jedoch blockiert.
Ressource Abfall
Das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat Abfall
als Entwicklungsthema entdeckt und wird heute das neue Strategiepapier
„Ressource Abfall“ vorstellen. „Die Frage der Abfallentsorgung stellt besonders
Entwicklungs- und Schwellenländer vor rasant wachsende Probleme“, erklärt
BMZ-Staatssekretärin Gudrun Kopp. Vor allem städtische Ballungszenten und
Mega-Cities erstickten geradezu im Müll. Wilde Müllkippen stellen ein
erhebliches Gesundheitspotenzial für die Bevölkerung dar. Das Wissen und die
Erfahrungen aus Deutschland könnten den Ländern helfen. Von den jährlich knapp
zwei Milliarden Tonnen Hausmüll werden gerade einmal zwei Drittel wieder
eingesammelt und nur ein Bruchteil davon verwertet. Doch, so Kopp, für
Entwicklungsländer sind die Abfälle auch eine wertvolle Ressource, die es zu
nutzen gilt. Recycling spart Rohstoffe, Verwertung erzeugt Energie und
vermeidet Emissionen. Außerdem bilden Deponien das klimawirksame Gas Methan.
Auf
einer Tagung der German RETech präsentiert sie heute das Strategiepapier und
wirbt für „den erfolgreichen Exportartikel Kreislaufwirtschaft Made in
Germany“.
RETech
Im
letzten Jahr erst wurde RETech Partnership aus einer Initiative des
Bundesumweltamtes heraus gegründet und wird von Unternehmen der
Kreislaufwirtschaft und von Hochschulen getragen. Ziel ist die Verbesserung der
Exportchancen für die Unternehmen der Entsorgungsbranche.
So
führte die RETech vor kurzem erst eine Unternehmerreise nach Indien für
baden-württembergische anbieter von Umwelt- und Energietechnik durch. Das
rasante Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum stelle das Land vor riesige
Abfallprobleme. Besonders gute Geschäftsmöglichkeiten sieht die Branche in den
Bereichen Solar- und Windanlagen, Kühlung, Wasser- und Abfallwirtschaft,
Recycling sowie umweltfreundliches Bauen.
Im
April organisiert das Fachgebiet Ökologie der TU Berlin zusammen mit der
Yugra-State Universität im westsibirischen Khanty-Mansiysk eine
Abschlusskonferenz zum Thema „Abfallwirtschaftskonzept“.
Lesestoff:
Stadtverwaltung Mexiko-Stadt: www.obras.df.gob.mx
Ressource Abfall: www.bmz.de
Abschlusskonferenz in Westsibirien: www.argus-statistik.de/neues/index.html
Roland Krieg