Deutsche mögen österreichische Produkte
Handel
Bergbauernlandwirtschaft und Exportmärkte
Die Halle 15 auf der Internationalen Grünen Woche präsentiert sich ganz in rot-weiß. Käse, Speck und Wein aus der Alpenrepublik Österreich findet erneut großes Interesse bei den deutschen Messebesuchern. 39 Aussteller locken mit Lebensmitteln und Tourismusangeboten. Im Agrarexport hat das Land mit mehr als elf Milliarden Euro im Jahr 2017 einen neuen Exportwert erreicht. Aber auch mengenmäßig mit einem Plus von drei Prozent konnten die Österreicher mehr Waren ausführen als zuvor. Fleischwaren und Molkereiprodukte sind nach wie vor die Bestseller. Die Deutschen greifen bei importierten Lebensmitteln gerne auf die Ware aus dem Nachbarland zu, denn mehr als ein Drittel des Alpenexportes findet Absatz beim nördlichen Nachbarn.
Deutschland hat Waren im Wert von 3,9 Milliarden Euro gekauft und damit sieben Prozent mehr als im Vorjahr. „Deutschland ist für unsere landwirtschaftlichen Urprodukte ein sehr bedeutender Markt und unverzichtbare Säule der Land- und Lebensmittelwirtschaft“, sagte Michael Blass, Geschäftsführer der Agrarmarkt Austria (AMA) vor Beginn der Grünen Woche.
Ein besonderes Plus von elf Prozent gab es beim Käse. 2017 wurden für 330 Millionen Euro 74.000 Tonnen Käse nach Deutschland verkauft. Die Nordlichter haben demnach Käse aus Österreich auf Platz vier der Importliste nach den Niederlanden, Frankreich und Dänemark gesetzt. Für die AMA ist das ein Erfolg der mit EU-Geldern geförderten Marketingoffensive für Qualitätskäse aus traditioneller und kleinbäuerlicher Landwirtschaft im alpinen Raum. Berg- und Alpenkäse mit geschützter Ursprungsbezeichnung finden ganz besonderes Interesse.
Die seit Dezember neue Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger will genau diesen Erfolg nachhaltig absichern und stellte die neue österreichische Agrarpolitik in Berlin vor. Das einst als Lebensministerium und zuletzt als Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft firmierende Ressort bekam am 08. Januar erneut einen neuen Namen. Mit den Ressorts Bergbau, Energie und Tourismus hat die Landwirtschaft zwar Konkurrenz im Haus am Stubenring in Wien bekommen, aber mit der neuen Ressortformel „Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus“ ein für alle Abteilungen geltendes Dach gefunden. Das Ressort Landwirtschaft soll damit eine Aufwertung erfahren.
Zudem wird die Landwirtschaft in den gesamten ländlichen Raum eingebettet, der mit Tourismus und Wirtschaft außerhalb der Landwirtschaft die Vitalität des ländlichen Raumes in Österreich sicher stellen soll. Österreich hat mit einem Anteil von 20 Prozent Bio in der Landwirtschaft ebenfalls einen wesentlichen Qualitätsvorsprung im Export, der künftig vermehrt ausgebaut werden soll. Bauernbund-Präsident Georg Strasser möchte aber differenzieren. Beim Freihandelsabkommen mit Japan könne Österreich beispielsweise viel gewinnen. Beim Abkommen mit dem Mercosur hingegen stehe für die Alpenbauern zu viel auf dem Spiel. „Das Abkommen sehen wir kritisch.“
Regionalität, Herkunftsbezeichnung und Haltungsbedingungen sollen bei Verbrauchern für Transparenz sorgen, den Absatz ankurbeln und den Bauern das wirtschaftliche Überleben sichern. Ab April müssen die Eigenmarken des zur Herkunftskennzeichnung verpflichtet. Der Kunde kann nur wertschätzen, was er erkennt und findet, erläutert Hermann Schultes von der Landwirtschaftskammer Niederösterreich.
Damit will Österreich für sich ein europaweites Problem lösen: Das Finden von Betriebsnachfolgern. Je wirtschaftlicher ein Hof betrieben werden kann, desto attraktiver ist auch die Weiterführung in der Generationenfolge. Zusätzlich setzt Österreich auf ein eigenes Junglandwirteprogramm. Als Erleichterung für kleine Betriebe wird die AMA-Prämie reduziert und die Direktvermarktung gefördert.
Die zuvor im Europaparlament tätige und im Agri-Ausschuss erfahrene Politikerin hat im Ministerium bereits eine Task-Force eingesetzt, die für Österreich die Vorschläge und vor allem das noch unbekannte „Umsetzungsmodell“ für mehr nationale Verantwortung ausloten soll.
Elisabeth Köstinger machte allerdings auch klar, dass der Export ein wichtiges Standbein bleibt. Noch in diesem Sommer soll erstmals eine große Wirtschaftsdelegation nach China reisen, um für österreichische Lebensmittel werben. Auf der Grünen Woche noch will sich Köstinger mit Eugeny Gromyko treffen. Sie betont den bilateralen Austausch zwischen beiden Ländern, kann sich aber auch eine vermittelnde Rolle zwischen der EU und Russland vorstellen.
Roland Krieg; Fotos: roRo